Im vergangenen Jahr war die Tuba das Instrument des Jahres, weshalb wir in jeder Ausgabe einen Tubisten befragt haben. 2025 ist „die Stimme“ das Instrument des Jahres – und da haben wir uns gedacht, befragen wir doch die Dirigenten. Das soll nicht zwingend bedeuten, dass Dirigenten zu viel reden, aber sie haben sicher was zu sagen… Den Anfang macht Thomas Doss.
Als Einstieg, kurz gefragt: Was ist eigentlich so faszinierend am Dirigieren?
Der gruppendynamische Prozess. Der Workflow. Der Prozess, in dem das Orchester allmählich die Führung und Verantwortung übernimmt und man sich als Dirigent nach und nach zurücknehmen kann, um zuzulassen.
Wie bereiten Sie sich auf eine Probe oder Aufführung vor?
Partitur lernen.
Wie gehen Sie mit technischen oder musikalischen Schwierigkeiten während der Probe um? Wie arbeiten Sie an Klangfarben, Intonation, Rhythmik?
Es gibt Dinge, die man nicht erzwingen kann. Je besser das Orchester, desto subtiler auch die Kommunikation im Erklären von Ideen, Farben und Stimmungen. Rhythmus ist nicht verhandelbar. Da kann man höchstens geschickt retuschieren. Intonation: wer singen kann, kann auch intonieren.
Auf was legen Sie beim Einspielen in der Probe wert?
Ankommen, landen, spielen. Und keine Raketenwissenschaft daraus machen. Es gibt zu viele Bücher zu diesem Thema.
Wie bauen Sie eine gute Kommunikation mit Ihrem Orchester auf?
Offen und authentisch sein. Klarheit. Humor und hinter dem stehen, was man macht. Auch wenn man seine musikalische Meinung mal ändert.
Wie gehen Sie mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Temperamenten innerhalb des Orchesters um?
Ich bleibe auf der Sachebene. Versuche respektvoll zu sein.
Was tun Sie, wenn etwas während einer Aufführung nicht wie geplant läuft?
Retten was zu retten ist. Keine Panik. Worst case: nochmal beginnen. Ist für Publikum sicher auch interessant.
Welche drei Ratschläge würden Sie jungen Dirigentinnen/Dirigenten mitgeben?
Der Mensch ist wichtiger als die Musik. Gewährleiste zuerst den Ablauf eines Werkes und verliere dich nicht in Details. Trage Verantwortung, aber nimm dich zurück.
Wie stellen Sie ein Konzert-Repertoire zusammen?
Es geht um eine Spannungskurve, welche ihren Bogen bis zum Ende gespannt halten muss.
Haben Sie ein Lieblingswerk? Welches und warum?
Viele, aber nicht in der Blasmusik. Eines meiner Lieblingswerke ist die Pastorale von Beethoven.

Thomas Doss
- Studien in Linz, Wien, Salzburg, Maastricht, Los Angeles in Posaune, Komposition, Dirigieren, Instrumentation
- 1988 Dirigier-Debüt Wiener Konzerthaus/Wiener Kammerorchester
- 1991 bis 1993 Chefdirigent Staatliches Sinfonieorchester Quedlinburg
- Seit 2001 Zusammenarbeit mit dem Verlag MITROPA und seit 2021 auch OKTAVIAN Music (distributed by Hal Leonard)
- Unterrichtstätigkeit MUK Wien 2000 bis 2010, Conservatorio Bolzano 2010 bis 2016, seit 1991 am Oberösterreichischen Landesmusikschulwerk – Koordinator für Ensembleleitung Blasorchester (EBO)
- Tätigkeit als Dirigent/Komponist/Juror weltweit.
- Zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Zuletzt der internationale BUMA Music-Award 2019.