News, Orchestra | Von Redaktion

75 Jahre VSM in Südtirol

VSM
Eine Musikkapelle vereint Jung und Alt (im Bild die Musik­kapelle Vöran, Foto: Stephan Niederegger).

Mit Mut und Weitblick haben die Gründer­väter am 28. August 1948 – nach den Wirren der beiden Weltkriege – den Verband Süd­tiroler Musikkapellen (VSM) gegründet und damit den Grundstein für die mittlerweile 75-jährige Erfolgsgeschichte der Blasmusik in Südtirol gelegt.

Im Herbst 1948 fand in Bozen die erste Mustermesse nach dem Kriege statt. Hans Nagele wurde von der Messekörperschaft beauftragt, dazu einen großen Festumzug durch die Stadt zu organisieren. Im Zuge der Vorbe­reitungen und wohl auch beeinflusst durch die Gründung des Tiroler Blasmusikverbandes in Innsbruck ein Jahr zuvor wurde die Idee geboren, die Südtiroler Musikkapellen in einem Dachverband zusammenzuschließen.

Ein ad hoc gewählter Ausschuss leitete die dazu nötigen Schritte ein. Es mussten Statuen ausgearbeitet und die im Lande bestehenden Musikkapellen erhoben werden. Bis dahin hatte es nämlich keinerlei verlässliche und umfassende Informationen über die Musikkapellen in Südtirol gegeben.

Die offizielle Gründungsversammlung des Verbandes Südtiroler Musikkapellen (VSM) fand am 28. August 1948 in Bozen statt. Vertreter von 53 der damals etwa 160 in Südtirol bestehenden Musikkapellen riefen den VSM formell ins Leben und wählten den ersten Vorstand.

Die Ziele des VSM

Die Zielsetzungen des jungen Verbandes beinhalteten die musikalische Ausbildung für Kapellmeister, den musikalischen Nachwuchs und Junglehrer, die Beschaffung von Noten zur Erweiterung des Repertoires und den rechtlichen Schutz für die Mitglieder.

Der neu gewählte Verbandsvorstand mit Matthias Kiem-Stickler als Obmann, Sepp Thaler – zunächst als Beirat für Musikfragen, später als Verbandskapellmeister – und Hans Nagele – zuerst Beirat für Trachtenfragen, später Verbandsgeschäftsführer – stürzte sich mit Elan in die neuen Aufgaben. Überraschend dabei ist die Weitsicht und die umfassende Art und Weise, mit der die anstehenden Aufgaben angegangen wurden. Gar manche der damals getroffenen Entscheidungen bilden auch heute noch eine bewährte Grund­lage der Verbandsarbeit.

VSM

Obmänner & Kapellmeister 

Die Verbandsobmänner

Matthias Kiem-Stickler (1948-1980)
Robert Meraner (1980-1991)
Gottfried Furgler (1991-2007)
Pepi Fauster (2007-2022)
Pepi Ploner (seit 2022)

Die Verbandskapellmeister

Sepp Thaler (1948-1980)
Gottfried Veit (1980-2007)
Sigisbert Mutschlechner (2007-2019)
Meinhard Windisch (seit 2019)

Schon im Dezember des Gründungsjahres erschien die erste Ausgabe der Verbandszeitschrift “Die Volksmusik” (später “Südtiroler Volkskultur”, heute “Kulturfenster”) und im Frühjahr 1949 wurde eine eigene Fachkommission zur Begutachtung neuer Kompositionen eingesetzt.Erste Dirigentenkurse in den Hauptorten der sechs Bezirke, Schulungskurse für Stabführer, Schlagzeuger und Klarinettisten, zwei große Dirigententagungen, die Aufnahme von Verhandlungen mit der Autoren- und Verlegergesellschaft SIAE für eine einheitliche Abfindungsregelung und die Kontaktaufnahme zum Tiroler Blasmusikverband, dem eidgenössischen Musikverein und dem Südtiroler Sängerbund sowie Bezirks- und Landesmusikfeste bildeten die Schwerpunkte der ersten Jahre.

Anfängliche Skepsis wich einer breiten Zustimmung

Die anfängliche Skepsis einiger Musikkapellen gegenüber dem neuen Verband wich alsbald einer breiten Zustimmung. Im Mai 1949 waren bereits 77 Kapellen dem Verband beigetreten. Innerhalb weniger Jahre ließen sich – mit einzelnen Ausnahmen – alle Südtiroler Musikkapellen überzeugen.

Der Verband präsentiert sich heute als selbstbewusste und initiative Vertretung der 209 aktiven Musikkapellen mit ihren über 10 000 Mitgliedern. Die Einteilung in sechs Bezirksverbände, deren Wirkungsbereich im Wesentlichen jenem der politischen Bezirke entspricht, garantiert eine flächendeckende und bedarfsorientierte Betreuung der Mitgliedskapellen. Meilensteine der Verbandsarbeit sind die Einführung eines eigenen Studienganges für Blasorchesterleiter am Konservatorium in Bozen, die enge Zusammenarbeit mit den Musikschulen des Landes, die Blasmusiktage mit der Verleihung des Blasmusikpreises sowie die zu besonderen Anlässen vergebenen Kompositionsaufträge und ausgeschriebenen Kompositionswettbewerbe.

Die Hälfte der VSM-Mitglieder ist jünger als 30

Mehr als die Hälfte der Musikantinnen und Musikanten ist jünger als 30 Jahre, rund 9 Prozent sind älter als 60. Der Anteil der Frauen beträgt knapp 40 Prozent und steigt stetig. Südtirols Musikkapellen bestreiten alljährlich an die 2000 Konzerte und Veranstaltungen und rücken weitere 3000 Mal zu kirchlichen und weltlichen Anlässen aus. Dazu kommen noch rund 12 000 Proben. Dies ergibt durchschnittlich 84 Verpflichtungen pro Musikkapelle und Jahr.

Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Blasmusik in Südtirol zieht notwendigerweise einen Blick in die Vergangenheit nach sich. In Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Landesarchiv wurde in einem breit angelegten Forschungsprojekt die umfassende historische Aufarbeitung der Geschichte der Blasmusik in Südtirol vom Ende des Ersten Weltkrieges 1918 bis zur Gründung des VSM 1948 veranlasst. Die über 800 Seiten umfassenden Publikation “In Treue fest durch die Systeme” wird auf längere Sicht das gültige Referenzwerk zu diesem Thema bleiben. Text: Klaus Bragagna