Orchestra | Von Renold Quade

„A Legend From Yao“ von Mao Yuan

Angehörige der Yao aus dem Südwesten Chinas. Foto: Kadmy – stock.adobe.com

Liu Tieshan, Lehrer am Zentralkonservatorium in Peking, sowie mehrere seiner Schüler zogen 1951 mit dem Ziel, Volksmusik zu erkunden, durch Südchina. Sie sammelten und studierten überlieferte Melodien und stießen auch auf eine Musik, die ihnen als „langer Trommeltanz des Yao-Volkes“ präsentiert wurde. Gemeinsam mit Mao Yuan, inspiriert und angeleitet von eben dieser Festmusik der Yao im Südwesten Chinas, entstand 1952 das Orchesterwerk „Tanz des Yao-Volkes“. Es wurde 1953 in Peking uraufgeführt und gilt heute in China als eine der wohl bekanntesten und beliebtesten Instrumentalkompositionen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 

Viele zeitgenössische chinesische Kompositionen der jüngeren Vergangenheit fußen auf ­überlieferten traditionellen Volks-Melodien, die variiert und angereichert in neuem Gewand zu neuem Leben erweckt werden. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist der „Tanz des Yao-Volkes„. Dieser ist in China sehr anerkannt und häufig gespielt. Dabei ist das Werk aber durchaus auch ein wenig speziell. Nein, es ist keine traditionelle Musik der Han, und nein, es ist im Original nicht für ­chinesische Instrumente komponiert worden, sondern von vorneherein für die Besetzung ei­nes westlich geprägten Sinfonieorchesters.

Das Werk

Der Komponist Mao Yuan ließ sich, aus chinesischer Sicht, auf ein Experiment ein. Ihn inspirierte die Musik einer Volks-Minorität mit ihren eingängigen Melodien in chinesischer Klangfarbe und mit ihrer Ver­bindung zu einem energetischen Trommeltanz. Diese Komponenten verarbeitete er konsequent nach westlichem Vorbild. In klassischer ABA-Form, nach klaren Instrumentationsregeln für westliche Orchesterinstrumente, mit Noten, Tempovorgaben und Taktangaben. Damals sicher ein Stück weit neu für China, ein Ergebnis weltumspannender universitärer Bildung. 

Natürlich wird das Werk – nicht minder er­folgreich – längst mit traditionellen chinesischen Instrumenten aller Art aufgeführt. Sei es Solo, zum Beispiel auf der Guzheng (chinesische ­Zither), oder in Ensembles und Orchester­for­mationen im Mix aus Streichinstrumenten (wie Banhu, Erhu, Gaohu, Huqin, Zhonghu), Zupf­instrumenten (wie ­Guzheng, Pipa, Ruan, Yangqin), Blasinstrumenten (Bawu, Dizi, Guanzi, Suona, Sheng, Xiao) und Schlaginstrumenten (wie Bangu, Biangu, Dagu, Paigu oder Daluo, Luo, Nao, Xiaoluo oder Bianzhong, Fangxian, Shi­mian­luo).

Über China hinaus inspirierte diese Musik auch zu Popsongs. Beispielsweise in den 90er Jahren Whitney Houston und Mariah Carey zu „When You Believe“ oder gar die Heavy-Metal-Band Caco­phony zu ihrem Song „Black Cat“. Und auch der Soundtrack zum Commodore-64-Spiel „The Way of the Exploding Fist“ aus dem Jahr 1985 wäre zu erwähnen.

Der Komponist und der Arrangeur

Der chinesische Komponist Mao Yuan, 1926 in Peking geboren, arbeitete viele Jahre als Composer in Residence am China National Opera House, der staatlichen Operngesellschaft mit Sitz in Peking. In dieser Institution war er unter anderem sehr erfolgreich mit der Oper „The Great Wall of the South Seas“, die er gemeinsam mit Ma Fei produzierte.

Als Gast­wissen­schaftler prä­sentierte er 1982 in Houston sein Ballett „The ­Bamboo Painter, Zheng Banqiao“, das die Houston Ballet Company beauftragt hatte. Auch in San Francisco führte er 2007 mit dem San Francisco Symphony Orchestra viel beachtet seine Komposition „Tanz des Yao-Volkes“ auf. 

Der Arrangeur Yeh Shu-Han, 1957 in Taiwan geboren, ist Professor für Trompete am Department of Music der National Taiwan Normal University. Er studierte Trompete in Taiwan und Paris und sammelte erste Erfahrungen als Orchestermusiker in Ensembles wie dem Orchestre du C.N.C.M. de Paris, dem Orchestre d’Harmonie Pasdeloup oder dem Sinfonieorchester Singapur. 1986 kehrte er wieder zurück nach Taiwan, ­wurde 1. Trompeter des dortigen Nationalen Sinfonieorchesters und schließlich Professor für Trompete. Er ist zudem sehr aktiv in der Entwicklung und Pflege der Musik für Bläser und Blas­orchester in Taiwan.

Aufbau

Inspiriert von Volksmusik, gesammelt dem Vernehmen nach während eines Besuchs im Dorf Youling nahe der Stadt Sanpai in der Provinz Nord-Guangdong in Südchina, entstand im Original ein einsätziges Werk mit vielen kontrastierenden Elementen von etwa sieben Minuten Länge. 

Das Arrangement für Blasorchester ist transponiert und immer wieder leicht eingekürzt. Es beschränkt sich auf die wesentlichen Züge der unterschiedlichen Klangbilder. Nachfolgend sind in Anführungszeichen Erinnerungen des Komponisten zitiert, die reich an emotionalen und bildhaften Beschreibungen sind. 

Vorspiel (Andante / im Arrangement „Lento“), Moll, 2/4-Takt

„Die Musik ahmt den eleganten Rhythmus einer langen Trommel nach und stellt Männer, Frauen und Kinder dar, die im Mondschein von zu Hause aus auf die offenen Felder des Yao-Dorfes hinaustreten.“

Verglichen mit der Originalkomposition verzichtet das Arrangement auf die kleine, rhythmisch durchaus bestimmende Einleitung. Nach kurzem (und weiter andauerndem) Liegeakkord in den Klarinetten ist die Oboe (Trompete) sofort eingeladen, „dolce“ eine erste bezaubernde Melodie (a) vorzustellen. Ein Umstand, der zumindest bei mir dazu geführt hatte, das gesangliche Moment stärker romantisierend auszureizen („Mondschein“), während chinesische Kollegen gerne stärker am Puls blieben („hinaustreten“).

Der Wiederaufgriff des achttaktigen Themas (a) wird definitiv stärker rhythmisch reglementiert, da nicht mehr ein Liegeakkord, sondern solistische Sechzehntel-Umspielungen die Begleitung übernehmen. Ein neuer Gedanke (b), leise und sanft im Waldhorn, von tiefen Holzbläsern gestützt, führt weiter und läuft mit einer dynamisch immer noch sehr defensiven Schlussphrasierung im Tutti aus. 

Teil I (A-Teil, Allegro)

„Ein Mädchen tanzt zunächst alleine und dann folgen ihr die anderen Mädchen in Scharen. Die Musik stellt die anmutigen Tanzschritte junger Yao-Mädchen dar. Die Atmosphäre erwärmt sich allmählich und die Emotionen steigen. Nun können auch die jungen Männer nicht anders und reihen sich ein, tanzen mit und geben ihrer Begeisterung Ausdruck.“

In Fagott (Tenorsaxofon) und Stabspielen, nur von leichten Basstönen begleitet, sprudelt in pentatonischer Anmutung sehr solistisch eine achttaktige tänzerische Melodie (a). Deren Wiederaufgriff ist weiterhin schlank, aber etwas ­üppiger instrumentiert. Man spürt eine leichte Steigerung, die im Forte mit crescendo und decrescendo in einen leicht stauenden und Spannung aufbauenden achttaktigen B-Teil mündet. Die Reprise folgt auf dem Fuße, im Tutti und ganz im Stil eines freudigen Volkstanzes. Die abschließenden sechs Takte beruhigen mit dem dreifachen Zitat des Kopfmotivs, das sich von der Flöte bis in die Tuba hinunterbewegt und sich dabei in Tempo, Dynamik und Orchestrierung wieder ausdünnt. 

Teil II (B-Teil, Moderato), Dur, 3/4-Takt

„Ein Liebespaar singt und tanzt, drückt seine Liebe füreinander aus und möchte gemeinsam die Süße der Liebe genießen. Die Zukunft ist rosig. Die melodischen Abläufe entwickeln aber nicht nur ruhige Kantilenen, gelegentlich tauchen auch sprunghafte rhythmische Muster auf, die den unverwechselbaren Charme der sanften und schönen Tänze der Yao widerspiegeln sollen.“ 

Mehrere Klangbilder prägen nun diesen Mittelteil. Zunächst, wenn man so will, eine fragende, sehnende Melodie (a) über acht Takte, angeführt von der 1. Klarinette (Oboe), dünn von Liege­tönen im Blech und kleinen bewegten Akkordbrechungen im Holz begleitet. Ihr folgt die zuversichtliche Antwort in Form eines stilistisch ähn­lichen, aber melodisch neuen Gedankens (b). Über zweimal acht Takte führt zunächst die Oboe, dann übernimmt die Posaune.

In weiteren acht Takten (c), gerne im leicht angezogenen Tempo, zaubern verspielte Punktierungen Heiterkeit in die Szenerie. Hohe Altsaxofone und Querflöten spielen hier ihre Qualitäten aus. Ein Waldhornquartett erinnert an die Gedanken (a) und (b) und beruhigt noch einmal das Ge­schehen, bevor die Motivik von (b), durchaus mit Pathos sich aufbäumend und wieder beruhigend, den Mittelteil beschließt.

Teil III (Rückkehr zum A-Teil, Andante nur im Original, hier sofort Allegro)

„Nach einer ruhigeren Phase schließen sich die Menschen wieder in Scharen den Tänzern an. Der Tanz, das Wirbeln, das Trampeln, die Atmosphäre, die Emotionen – der Geist der Männer und Frauen des Volkes der Yao zeigt sich mit großer Begeisterung.“

Das Arrangement verzichtet in der Reprise auf den kurzen Wiederaufgriff der langsamen Einleitung und präsentiert sofort den Tanz. Analog zum ersten Teil eingangs eher solistisch, dann aber schnell im vollen Tutti. Aus der Schlussmotivik des Tanzthemas erwächst dann, die Spannung weiter aufbauend und das turbulente Geschehen variierend, zunächst ein dialogisierendes Motivspiel und schließlich, quasi über einem Orgelpunkt stauend, eine Verbreiterung der Motivik, die zu einem furiosen Schluss führt. In der Blasorchesterversion ist in den langen Schlusston listig das Kopfmotiv des Tanzes verspielt mit eingewoben.

Neben den vollen Tuttipassagen, die ohne Frage Energie benötigen, aber nie nach übersteigerter Dynamik betteln, gibt es im Werk immer wieder (eigentlich zwingend) Gelegenheiten, Solisten zu präsentieren. Die Soli sind immer dankbar, haben klare charakteristische Aussagen, sind aber eher kleingliedrig und somit nie zu aufwendig oder anstrengend. Sie laden ein, die Klangfarbe des jeweiligen Instruments zu präsentieren und wecken mit Sicherheit Spielfreude.

Fazit

Zum ersten Mal aufgeführt habe ich das Werk in China selbst mit dem LBO Nordrhein-Westfalen während unserer Tour 2013/14. Wir wussten in der Tat zunächst nicht viel zum Stück. Von französischer Verlagsseite oder im westlichen Internet gab und gibt es wenig Hintergrundinformationen. Das Stück war nicht sehr schwierig, klang für unsere Ohren „chinesisch“, hatte definitiv folkloristische Wurzeln, war nachvollziehbar arrangiert und wurde somit sehr gerne, als freundliche Geste für unsere Gastgeber, bereichernd ins Programm aufgenommen.

LBO NRW
Das LBO Nordrhein-Westfalen in China

Während der Tournee, nicht nur unter den allgemeinen Eindrücken des Landes, sondern gerade wegen der dortigen Publikumsresonanz, nahmen wir als Orchester die Wertigkeit dieser Musik viel intensiver wahr, als es uns vorher bei unseren vorbereitenden Proben gelungen war. Mithilfe von Peter Wiedehage und Zou Ying von Sinika Culture & Business Development GmbH, unserer organisatorischen Begleitung während der Reise, konnte ich in vielen Gesprächen vor Ort Informationen zum Werk zusammentragen, die auch zunehmend Einfluss auf unsere, eingangs vielleicht etwas zu stark romantisierende, Interpretation nahmen. 

So konnte und wollte ich im Exkurs (siehe unten) ein wenig weiter ausholen. Ganz bewusst, um Fantasien zu beleben. Mit dem Wissen um Mythologien und Lebensphilosophien sollte es jedem Interpreten besser gelingen, Stimmungsbilder entstehen zu lassen, die in einem vorgezeichneten Rahmen besondere Atmosphäre ausstrahlen. Selbstredend bieten traditionelle Melodien eines jeden Kulturkreises Gelegenheit, Klischees und Wiedererkennungsmomente aufblitzen zu lassen. So auch hier. Die wenig komplizierte Musik erreicht und packt aber ganz natürlich ihre Zu­hörer. Ihr erzählender Spannungsbogen ist für alle Welt angenehm nachvollziehbar. 

Das Arrangement aus der Feder eines chinesischen Musikers

Sollte man annehmen, dass dieses Arrangement für Blasorchester nun von einem westlichen Arrangeur geschrieben worden ist, so werden wir auch hier eines Besseren belehrt. Das Arrangement stammt aus der Feder eines chinesischen Musikers aus Taiwan, verlegt in einem französischen Verlag.

Nach Aussage von Meizhu Li, ehemalige Dirigentin des Nationalen Militär­blas­orchesters Chinas in Peking, gibt es aus den 60er Jahren wohl noch ein handschriftliches Arrangement eines Deutschen im Besitz des China National Military Wind Orchestras und eines aus der Feder und in Privatbesitz von Jian Fang, einem der Dirigenten dieses Orchesters. Ein Verlagswesen wie in unseren Breiten ist in China definitiv weder angelegt noch ausgebaut. Aber ja, es gibt dort mittlerweile zahllose Blasorchester. Sie sind, nach amerikanischem Vorbild, besonders an Schulen und Universitäten verbreitet.

Dieses Arrangement von Yeh Shu-Han ist sicher für jedes engagierte Mittestufenorchester spielbar. Technische Herausforderungen überwiegen gegenüber Herausforderungen in den Harmonieabfolgen. Intonation könnte aber gelegentlich zum Thema werden, denn: in einem klaren Wasser kann sich kein Fisch verstecken. In einer abwechslungsreichen Mischung von kammermusikalischen Momenten und vollem Tutti lassen sich begeisternd und lohnend vielfältige Qualitäten herausarbeiten.

Exkurs

Die chinesische Musik zählt zu den ältesten Musiktraditionen der Welt. Musik wurde auch dort von jeher als etwas Positives und Glückbringendes betrachtet. Das belegt schon die ausgefeilte grafische Schriftsymbolik der Chinesen. Das jeweils zweite Zeichen für die Wörter »Musik«
(音樂 / 音乐, yīnyuè) und »Freude« (快樂‭ ‬/ 快乐, kuàilè) weist das gleiche Symbol aus. Der Gelehrte Konfuzius ( 551 bis 479 v. Chr.) betrachtete die Musik zudem als „Instrument zur Erzielung kosmischer Harmonie“. Nicht zuletzt sollte sie positiv auf die sittliche Vervollkommnung der Menschen und der Besänftigung ihrer Leidenschaften ausstrahlen. 

Zwei Traditionen: Kunstmusik und folkloristische Musik

Musikausübung in China blickt, vereinfacht ausgedrückt, auf zwei Traditionen zurück. Da wäre einerseits die anspruchsvolle klassische, über viele Jahrhunderte am Kaiserhof gepflegte Kunstmusik. Musiziert wurde häufig auf einem Soloinstrument wie zum Beispiel der Guqin, einem siebensaitigen Zupfinstrument mit einer wohl über 3000 Jahre dokumentierten Geschichte, oder der Pipa, einer Art Laute, die im
5. Jahrhundert aus Zentralasien nach China gelangte und seit über 1000 Jahren eine zentrale Position in der chinesischen Musik einnimmt.

Poetische und philosophische Gedankengänge mit einem tiefen emotionalen Ausdruck, gerne in Verbindung mit Dichtung oder lyrischen Dramen, bestimmen diese Musik, die größtenteils von eher hoch gebildeten Menschen oder Mönchen, auch im Sinne von Kommunikation und Meditation, gepflegt wurde. 

Andererseits gibt es eine folkloristische Musik, deren Quellen so unterschiedlich und weitreichend sind wie das ganze Land. Denn neben den Han-Chinesen lebten zählreiche Minori­täten-Völker über ganz China verstreut, die vielfältig und unterschiedlich ihren eigenen Musiktraditionen nachgingen. Im Gegensatz zur eher solistischen klassischen Kunstmusik wurde traditionelle Volksmusik oft vokal oder mit kleinen Instrumentalensembles gepflegt. Die Palette reichte vom Liebeslied bis hin zur Musik, die die Feste im Jahreskreis begleiteten. 

Impressionen zum Stamm der Yao

Die Yao sind eine der 56 Nationalitäten, die von der Volksrepublik China anerkannt werden. Knapp drei Millionen Menschen dieses Stammes leben in den bergigen Regionen im Süden und im Südwesten Chinas. Die meisten führen ein ländlich-bäuerliches Leben. Darüber hinaus leben Yao auch in Bergregionen von Thailand, Laos, Vietnam und Myanmar.

Volkstümliche Webereien bestimmen traditionell die Kleidung der Yao. Die Männer tragen für gewöhnlich kurze Gewänder ohne Kragen mit langen oder knielangen Hosen, die Frauen Jacken, die an der Seite offen sind, kombiniert mit Hosen oder mit gefalteten Röcken. Sie verzieren ihre Kleidung gerne mit attraktiven Stickereien, zum Beispiel auf ihren Gürteln, Säumen und Kragen. Beliebt sind leuchtende Farben und silbernes Zubehör. Die Frauen tragen oft silberne Blumen, Haarklammern, Perlen und Zöpfe. 

Der Unterschied zwischen verheirateten und ungebundenen Frauen liegt in der Aufmachung ihres Haarschmucks. Die Männer der Yao heiraten meist Frauen der Yao. Die Ehemänner leben für gewöhnlich mit der Familie der Frau zusammen. Die Yao treffen ihre zukünftigen Ehefrauen oder -männer während der Feste. Ein Mann und eine Frau, die mit­ein­ander turteln, tauschen oft auch Andenken aneinander aus, die Liebe und Freiheit symbolisieren sollen. Die Eltern mischen sich grundsätzlich nicht ein. Manche Dörfer organisieren Vermittler, die den Paaren helfen, sich kennenzulernen und zu treffen, bevor sie sich für eine Heirat entscheiden. 

Zahlreiche Feste

Die Yao feiern neben den Han-Festen zudem auch ihre eigenen, wie das Panwang- und das Danu-Fest. Panwang ist wohl ihre größte Festlichkeit. Sie findet nur alle drei oder fünf Jahre, am 16. Tag des 10. Mondmonats, statt – nach unserer Zeitrechnung etwa im November. Das Datum hängt von einer Menge Faktoren ab, eingeschlossen die Ernte und die Gesundheit der Dorfbewohner und deren Vieh.

Während dieser Tage zollen sie ihren Vorfahren besonderen Respekt. Sie danken ihnen dafür, dass sie ihre Wünsche anhören und dass sie dafür sorgen, dass sie wahr werden. Volkstümliche Meister zelebrieren spezielle Zeremonien, an denen das ganze Dorf teilnimmt. Sie singen zu einem Gott, den sie Panwang nennen, und zur Aufführung kommt auch ein »Tanz der langen Trommeln«, der die schützenden Kräfte von Panwang heraufbeschwört.

Das Danu-Fest findet für gewöhnlich am 29.Tag des 5. Mondmonats statt – nach unserer Zeitrechnung etwa im späten Juni oder frühen Juli. Während dieser Zeit säubern die Yao intensiv Haus und Hof, beten erneut verstärkt zu ihren Vorfahren, diesmal symbolisiert durch Zunjiang, und bringen dieser Gottheit Geschenke wie Reiskekse, Reiswein, Hühner und Schafe dar.

Der Überlieferung nach beauftragte Zunjiang ihre Tochter, das Land in den Bergen für die Landwirtschaft zu sichern. Sie gab ihr eine Trommel aus Bronze mit, um damit die Vögel verscheuchen zu können. Der Einsatz der Tochter führte zu einer prächtigen Ernte, da die Feldfrüchte weitgehend unbehelligt wachsen und gedeihen konnten.

Die Tochter wurde mit einem Yao-Mann verheiratet und beide lebten fortan in den Bergen und bewirtschafteten das Land. Das Spiel mit den großen Trommeln, Symbol für Zunjiangs Mitgabe an ihre Tochter, ist ein wichtiger Teil des Festes. Dazu tanzt und singt man im traditionellen Stil und preist feierlich eine gute Ernte, Gesundheit und ein produktives Leben.