Die Fachberichtsserie »Alles ›Gender‹ oder was?« findet mit diesem, sechsten Teil seinen Abschluss. In seinem Resümee überlegt der Autor, wie wir geschlechterbezogenen Benachteiligungen entgegenwirken können.
»Männer gehören ans Pult und Frauen in die erste Reihe!«, so kann eine weitverbreitete Meinung in der (Blasmusik-)Szene zusammengefasst werden. Doch warum ist das so? Warum gibt es so wenige Dirigentinnen? Warum sind die Männer im Schlagwerk überrepräsentiert? Warum gibt es bei den Klarinetten und Flöten die gegenteilige Entwicklung? Und warum spricht die Wissenschaft von »weiblichen« und »männlichen« Instrumenten bzw. Instrumentengruppen? Spannende Fragen, auf die in den bereits erschienenen Fachberichten versucht wurde, Antworten zu finden. Im Folgenden sollen die Kernaussagen der einzelnen Beiträge zusammengefasst bzw. Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Benachteiligungen entgegengewirkt werden können.
Orchester als reine Männersache – bis heute?
Beim Berufsbild »Musiker/Musikerin« fällt eins auf: In der Geschichte ist immer wieder versucht worden, Frauen jegliche kreative oder musische Fähigkeiten abzusprechen. Es gab entsprechend wenige Berufsmusikerinnen. Sie stammten zumeist aus »reinen« Musikerfamilien (wie Fanny Hensel oder Clara Schumann). Der Zugang zu professionellen Orchestern war für Instrumentalistinnen bis weit ins 20. Jahrhundert kaum möglich. Wenn Frauen musizierten, dann lediglich im Rahmen der weitverbreiteten Hausmusik. So waren die Wiener Philharmoniker noch bis 1997 ein reines Männerorchester. Auch das Dirigieren blieb bis heute eine Männerdomäne. 98 Prozent der professionellen Dirigenten und Kapellmeister in Deutschland sind männlichen Geschlechts. In der Laien(blas)musik sieht das Bild kaum anders aus. Der Frau fehle es an Führungsqualitäten und Autorität, nur so könne ein Orchester richtig geleitet werden, lautet eine weitverbreitete, historisch bedingte Aussage. Eine Frau am Pult sei zudem auf ein solidarisches und partnerschaftliches Verhalten im Orchester angewiesen. Dieses fehle den meisten Orchestern.