Brass | Von Klaus Härtel

Anwalt des Eufoniums: Georg Pranger

Georg Pranger

Georg Pranger möchte das Eufonium in Österreich salonfähiger machen. Denn sogar zum Studium musste er in benachbarte Ausland. Jetzt legt Georg Pranger sein Debütalbum “Austrian Colors” vor. Wir sprachen mit dem 31-jährigen Georg Pranger: über sein Instrument, sein Debüt-Album und seine Ziele.

Was ist so besonders am Eufonium? Warum haben Sie das Instrument gewählt?

Das Eufonium ist für mich das „kompletteste“ Instrument der Blechblasinstrumente. Es hat einen unglaublich großen Tonumfang, der auch in vielen Werken wirklich ausgeschöpft wird. Es ist auch ein sehr wendiges Instrument. Virtuose Passagen schreibt man dem Eufonium ebenso zu wie lyrische, gesungene Melodien, bei denen der warme, weiche Klang besonders zur Geltung kommt. All diese Aspekte machen dieses Instrument für mich zu etwas Besonderem – deshalb meine Wahl.

Trotzdem mussten Sie, um dieses Instrument im Hauptfach zu studieren, ins Ausland gehen. Warum?

Leider ist es momentan an österreichischen Musikuniversitäten noch nicht möglich, das Eufonium zu studieren. An der Anton-Bruckner-Privatuniversität der Stadt Linz kann man das traditionelle Tenorhorn zumindest als Schwerpunktfach wählen, als Hauptfach ist es aber nicht möglich. Deshalb hat mich mein Weg nach Augsburg an das Leopold-Mozart-Zentrum geführt.

Damit sind Sie tatsächlich der erste Österreicher, der Eufonium im Hauptfach studiert hat?

Ja. Momentan leider schon. Es gäbe soviel Potenzial für dieses Instrument und für viele ­junge Musiker, die damit ihre musikalische Laufbahn beginnen. So war es auch bei mir, doch um Musik zu meinem Beruf machen zu können, musste ich auf die Posaune wechseln.

Heimliche Liebe Eufonium

Ich habe dann zuerst am Mozarteum Salzburg bei Pro­fessor Dany Bonvin Bassposaune studiert. Nach kleineren Akademiestellen in Orchestern und vielen Substitut-Verträgen und Festival-Spiel­zeiten, wurde mir aber klar, dass meine „heimliche“ Liebe doch beim Eufonium geblieben ist. Ich habe ja seit 2008 in den österreichischen Brassbands immer mit Eufonium musiziert. In dieser Zeit hat sich meine Faszination für dieses Instrument noch stärker entwickelt, da mir erst beim Spielen der Brassband-Literatur bewusst wurde, was auf diesem Instrument eigentlich alles möglich wäre.

Warum ist denn das Eufonium in Österreich eigentlich immer noch nicht richtig angekommen?

Das ist eine recht komplexe Frage. Unser traditionelles Tenorhorn oder Bariton ist natürlich seit seiner Erfindung fester Bestandteil der Blas­musikszene in Österreich. Das Eufonium verbreitet sich auch immer weiter, da das Niveau der Szene ständig steigt und die sinfonische Blas­orchesterliteratur sowie die Brassband-Literatur immer mehr Verbreitung findet, in der fast ausschließlich für Eufonium komponiert wird. Daher würde ich nicht sagen, dass es nicht angekommen ist.

Die Faszination ist noch nicht greifbar

Dadurch, dass das Eufonium der Saxhorn-Familie entstammt und somit der französischen Tradition, bemerke ich im Austausch mit manchen Musikern, dass die Faszination für dieses Instrument für viele Menschen, vor allem in der Blasmusikszene, noch nicht so greifbar ist. Mir persönlich ist es aber stets wichtig, dem vom Komponisten erdachten Klang eines Orchesters gerecht zu werden. Deshalb hat für mich, je nach Literatur und Orchesterform, beides, Eufonium sowie Tenorhorn oder Bariton, seine Berechtigung.

Sehen Sie sich auch ein wenig als „Anwalt“ für das Instrument?

Es ist tatsächlich so, dass ich mich sehr dafür einsetze, dass das Eufonium auf die nächste musi­kalische Stufe gestellt wird. Damit meine ich, dass es an der Zeit wäre, dieses Instrument, wie es bereits in anderen Ländern der Fall ist, auf einer Musikuniversität zu etablieren. Durch meine Jurytätigkeit bei „Prima la musica“ – das österreichische „Jugend musiziert“ –, konnte ich feststellen, dass im Spitzenfeld des Blech­bläsernachwuchses das Eufonium weit zurückliegt. Die Dichte und das Niveau sind zum Beispiel bei Trompete oder Posaune wirklich be­eindruckend. In der Kategorie Eufonium stellt man dann doch fest, dass die jungen Nach­wuchs­talente, wollen sie Musik zu ihrem Beruf machen, parallel Posaune spielen müssen, was bei vielen die Leistung am Eufonium deutlich schmälert. Würde hier eine Perspektive ge­schaffen, ein Weg, den die Jugendlichen mit dem Eufonium gehen könnten, würden sich, so denke ich, viele dafür entscheiden. Talente gäbe es genug.

Österreich hat Aufholbedarf

Ich denke, dass Österreich hier Aufholbedarf hat. Allein in meinem Heimatbundesland gibt es mehr Musikvereine als Gemeinden. Wenn man im Schnitt von vier Eufonien oder Tenorhörnern pro Musikverein ausgeht, kommt man auf eine Zahl, die jenseits der tausend liegt. Und kein professionell ausgebildeter Eufonium-Lehrer im ganzen Land? Das kann doch nicht sein.

Ist ihr Album „Austrian Colors“ in dieser Hinsicht auch ein Plädoyer dafür?

Mein Debütalbum ist genau das. Ein Leuchtturmprojekt. Ich wollte zeigen, dass es durchaus eine professionelle Stufe für dieses Instrument gibt. Dass bekannte Kom­ponisten wie Thomas Doss für mich geschrieben haben, beweist auch, dass das Eufonium sehr wohl seinen Platz in den Köpfen österreichischer Künstler hat. Mit drei Auftragswerken, die alle auf der CD eingespielt sind, habe ich hier einen Akzent setzen wollen. Mein Album soll aufhorchen lassen und zugleich ermutigen, sich diesem Instrument zu widmen.

“Mein Debütalbum ist ein Leuchtturm-projekt.”

Das Album ist sozusagen zweigeteilt. Die eine Hälfte ist „Eufonium und Klavier“, die andere „Eufonium und Brass Band“. Was war da der Hintergedanke?

Mir war es wichtig, möglichst viele Seiten der Eufonium-Literatur zu beleuchten. Bei den Stücken mit Klavierbegleitung war der Hinter­gedanke, dass sozusagen ein kleines Rezital-Programm widergespiegelt werden soll. Dabei von Piazzolla bis Gruchmann die Brücke zu schlagen war für Johanna Hengg und mich sehr interessant, aber auch fordernd.

Zwei neue Werke für Brassband und Eufonium

Im pompöseren Teil der CD begleitet mich die R.E.T. Brass Band unter der Leitung von Andreas Lackner. Ein wichtiges Einsatzgebiet des Eufoniums und ein schier unendlicher Quell an Literatur ist die Brassband-Szene. Daher war für mich klar, dass auf dem Tonträger Platz dafür sein muss. Zwei neue, große Werke für Brassband und Eufonium sind hier ebenso zu hören wie zwei „Klassiker“ der einschlägigen Sololiteratur.

Wie sind Sie bei der „Suche nach Unterstützung“ vorgegangen? Andreas Lackner bzw. Johanna Hengg mussten Sie ja vermutlich nicht überzeugen, oder?

Den Gedanken, diesen Tonträger zu produzieren, habe ich nach meinem Abschluss am LMZ Augsburg gefasst. In Absprache mit meinem Lehrer und Mentor Prof. Steven Mead habe ich ein Konzept für die CD erstellt. Damit bin ich zu Andreas Lackner und Johanna Hengg gegangen, die beide sofort zugesagt haben. Schwieriger wurde es dann schon beim finanziellen Teil. Den Großteil der Produktion habe ich selbst übernehmen müssen. Es steckt eben viel Idealismus in dieser CD.

Wäre es da „hilfreicher“, wenn das Eufonium auch in der „Klassik“ eine wichtigere Rolle spielen würde?

Auf jeden Fall. Ein übliches Argument ge­gen die Etablierung eines professionellen Eufonium-Studiums ist nämlich jenes, dass das Eufonium kein fixes Instrument des Sin­fo­nie­orches­ters darstellt. Es gibt allerdings einige Werke, in denen dieses Instrument von großen Meistern eingesetzt wird. Janáček, Mahler, Holst, Enescu und Richard Strauss sind nur einige große Namen, die für Eufonium komponiert haben. Mir selbst wurde kürzlich die Ehre zuteil, bei drei Projekten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin als Gast am Eufonium mitwirken zu dürfen.

Welche Aktivitäten haben Sie noch auf der Agenda, um das Eufonium salonfähiger zu machen?

Die CD war, sozusagen, der erste Streich oder Startschuss. Neben Workshops und Solo-Rezitalen, die ich seit einigen Jahren regelmäßig halte bzw. veranstalte, sind Einladungen als Gastsolist bei verschiedensten Formationen eine gute Plattform, um das Eufonium bekannter zu machen. Das Mitwirken bei bekannten Orchestern wie der Bläserphilharmonie Mozarteum Salzburg und der R.E.T. Brass Band tragen das Übrige zur Verbreitung bei. Vielleicht folgt dann in Bälde ­Album Nummer zwei… Klaus Härtel

http://www.euphonium.at

Georg Pranger

Der 1988 geborene Tiroler absolvierte seine Ausbildung in Salzburg im Fach Bassposaune und in Augsburg im Fach Eufonium.

Erfahrung sammelte er durch zahlreiche Aushilfstätigkeiten in Orchestern im In- und Ausland.

Neben seinen freischaffenden En­gagements als Posaunist in den unterschiedlichsten Genres blieb er seiner heimlichen Liebe, dem Eufonium, immer treu. Seit 2014 ist er Solo-Eufonist der R.E.T. Brass Band und 2017 be­endete er sein Masterstudium im Hauptfach Eufonium bei Steven Mead.