Das Zauberwort moderner Arbeitsprozesse lautet »Coaching«, oft ohne dass man genau weiß, was mit dem Begriff eigentlich so richtig zu verbinden ist. Hinsichtlich unseres Themas müssen wir uns sogar fragen, ob sogenanntes Coaching bei unserem musikalischen Tun nicht sogar eine Contradictio in Adiecto darstellt, also einen Widerspruch in sich.
Bei Wikipedia liest man: »Das Wort Coach bedeutet ursprünglich ›Kutsche‹ und ist in der englischen Sprache seit 1556 nachgewiesen. Seit 1848 wurde eine umgangssprachliche Verwendung des Begriffs für private Tutoren für Studenten beobachtet, im sportlichen Bereich wird das Wort seit 1885 in England und den USA gebraucht.
Das Wort Coach steht also für
- Trainer, Begleiter, Mentor
- Trainer im Sport
- eine Kutschenbauform
- eine Automobilbauform
- eine englische Bezeichnung eines Überland- und Reisebusses
- eine amerikanische Bezeichnung für Eisenbahn-Großraumwagen.
Der Begriff Coaching wird als Sammelbegriff für unterschiedliche Beratungsmethoden (Einzelcoaching, Teamcoaching, Projektcoaching) verwendet. Im Unterschied zur klassischen Beratung werden keine direkten Lösungsvorschläge durch den Coach geliefert, sondern die Entwicklung eigener Lösungen wird begleitet.
Coaching bezeichnet strukturierte Gespräche zwischen einem Coach und einem Klienten zum Beispiel zu Fragen des beruflichen Alltags. (…) Die Ziele dieser Gespräche reichen von der Einschätzung und Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Perspektiven (…) bis hin zur Überwindung von Konflikten mit Mitarbeitern, Kollegen oder Vorgesetzten. Dabei fungiert der Coach als neutraler, kritischer Gesprächspartner (…).«
Psychotherapie und Coaching
»Die Psychotherapie hat sich nach Christian Reimer und Co-Autoren erst im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte aus der Ecke der Glaubenssysteme und Konfessionen gelöst und zunehmend zu einer wissenschaftlich begründeten Heilbehandlung entwickelt.
Einige Erkenntnisse und Methoden konnten sowohl in der Psychotherapie als auch beim Coaching eine Wirkung im Sinne eines Erfolges nachweisen. Zu diesen sogenannten Wirkfaktoren gehören:
- Ressourcenaktivierung: Der Therapeut oder Berater (Coach) verdeutlicht dem Klienten seine positiven Möglichkeiten, Eigenheiten, Fähigkeiten und Motivationen, damit sich dieser seiner Stärken bewusst wird.
- Problemaktualisierung: Die Gesprächsführung wird so gestaltet, dass der Klient zum Beispiel problematische oder belastende Erfahrungen und Emotionen in der Sitzung erneut erlebt. Diese fasst der Coach (oder Therapeut) in Worte und macht sie damit »greifbar« und lösbar.
- Unterstützung bei der aktiven Problembewältigung: Hier macht der Klient zunächst im Gespräch die Erfahrung, dass er anstehende Herausforderungen oder Probleme aus eigener Kraft bewältigen kann, die ihm bisher als nicht lösbar erschienen sind. Anschließend kann und soll er Problemlösungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad eigenständig in der Praxis ausprobieren.
- Motivationale Klärung: Dabei hilft der Therapeut oder Berater dem Klienten, seine bewussten oder unbewussten Motive, Ziele und Werte klarer zu sehen. Dies fördert das Verständnis dafür, warum der Patient sich so verhält und so empfindet und nicht anders.«
Aus den obigen Ausführungen und Zitaten kann man den Schluss ziehen, dass Coaching und Psychotherapie eine relativ enge Verwandtschaft zueinander haben. Die Frage, die wir uns in unserem Kontext stellen müssen, lautet, ob es überhaupt möglich oder nötig ist, eine künstlerische Gattung oder eine Kunstrichtung zu »coachen« oder ob dieser Begriff wieder nur ein unnötiges denglisches Modewort ist, das in unserem Fach durch Begriffe aus der Musikpädagogik, der Musikpsychologie oder Musikwissenschaft bzw. Kulturwissenschaft viel besser zu fassen und unser Tun umfassender zu analysieren und zu steuern in der Lage ist. Geht es doch bei unserer Tätigkeit einer künstlerischen Interpretation meist um zwar objektivierbare, jedoch stark individualisierte Sachverhalte.