Die Verbindung von Blasmusik und Künstlicher Intelligenz (KI) mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, doch die Technologie bietet zahlreiche Möglichkeiten, die sowohl die organisatorische Arbeit als auch die musikalische Praxis von Blasmusikern revolutionieren könnten. Stephen Hawking warnte: “KI wird entweder das Beste oder das Schlimmste sein, was der Menschheit je passiert ist. Wir müssen uns der Gefahren bewusst sein, aber wir können sie vermeiden, wenn wir ihre Entwicklung sorgfältig managen.” Diese Aussage unterstreicht die Bedeutung eines verantwortungsvollen Umgangs.
KI-Systeme analysieren große Datenmengen und generieren darauf basierend menschenähnliche Antworten oder kreative Werke. Obwohl KI heute in vielen Bereichen eingesetzt wird, fehlt ihr echtes Bewusstsein; sie basiert auf Wahrscheinlichkeitsregeln. Seit ihrer Ursprüngen in den 1950er-Jahren hat sich die Technologie rasant entwickelt, von einfachen regelbasierten Systemen hin zu komplexen neuronalen Netzwerken.
Nutzen der KI in der Blasmusik
KI bietet viele praktische Anwendungen, die die organisatorische und musikalische Arbeit in Blasmusikvereinen unterstützen können, da viele Vorstände heute nicht mehr vollständig besetzt werden können bzw. an bestimmten Positionen auch das Know-how fehlt. Ein Beispiel ist die Mitgliederverwaltung. Programme wie Salesforce Einstein können Mitgliederinformationen automatisch aktualisieren und personalisierte Nachrichten basierend auf dem Verhalten der Mitglieder versenden. Wenn ein Musiker beispielsweise mehrfach nicht zur Probe erscheint, kann das System automatisch eine Erinnerung senden.
Ein weiteres Beispiel ist die Optimierung der Konzert- und Eventplanung. Mit Programmen wie Eventbrite oder Songkick kann die Künstliche Intelligenz die besten Termine für Konzerte und Proben vorschlagen, basierend auf der Verfügbarkeit der Musiker und anderen Parametern (z. B. Urlaubs- oder Wetterdaten). Diese Programme geben auch Empfehlungen zur Zielgruppenansprache und optimieren Marketingkampagnen. In der Programmgestaltung kann KI ebenfalls eine wertvolle Unterstützung bieten. Durch die Analyse vergangener Konzerte und digitales Publikumsfeedback kann ChatGPT Vorschläge für zukünftige Konzertprogramme machen, die das Publikum noch besser ansprechen. So kann ein Dirigent, der ein Kinderkonzert plant, von der KI (z. B. ChatGPT 4.0) Vorschläge für geeignete Stücke und Handlungsanweisungen erhalten. Passend dazu wird ein geeignetes Plakat generiert.
Einsatz in der Praxis
KI kann auch direkt in der musikalischen Praxis eingesetzt werden. Das Programm “Closed.ai Ai Consum” bietet personalisiertes Feedback und analysiert die Aufnahmen und Einspielungen eines Musikers, um dessen Technik und Musikalität zu verbessern. Yousician ist ein weiteres Beispiel für eine KI-gestützte Anwendung, das sofortiges Feedback gibt. Die App hört über das Mikrofon des Computers zu und leitet den Spieler beim Erlernen von Noten, Akkorden und Melodien an. Noch sind diese Programme nicht auf den Gebrauch eines Blasinstruments zugeschnitten, aber der Markt reagiert schnell.
Ein spannendes Beispiel für die musikalische Anwendung ist das Schreiben von Musik. KI-Programme “komponieren” schon lange im Stil von Bach, Mozart, Chopin oder Prokofjew. Sie haben auch Mahlers letzte Sinfonie vervollständigt und Schuberts Unvollendete beendet. Diese Programme greifen auf riesige Datenmengen an Partituren zurück und generieren darauf basierend neue Werke. Das Beethoven Orchester Bonn führte am 9. Oktober 2021 die KI-Version einer 10. Beethoven-Sinfonie auf, bei der jedoch auch viel menschliche Arbeit in die Nachbearbeitung der generierten Passagen investiert wurde. Um dies zu optimieren und Kreativität zu imitieren, werden bei AIVA und anderen Künstlichen Intelligenzen mittlerweile Abweichungen von der Regelmäßigkeit zugelassen, um so etwas völlig Neues zu erschaffen. Blind Tests ergaben, dass man heutzutage KI-Kompositionen von handgemachten nicht mehr unterscheiden kann. Es wird kein Jahrzehnt mehr dauern, bis sich ein Blasmusiker jeden gewünschten Song in beliebiger Besetzung und Schwierigkeitsgrad für seine Kapelle am Computer selbst erzeugen kann.
Gefahren und Herausforderungen
Neben den Vorteilen gibt es auch Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung von KI. Eine wichtige Frage ist die nach der Urheberschaft und den Rechten an von KI generierter Musik. Wem gehört ein Musikstück, das von einer Maschine komponiert wurde? Es besteht auch die Gefahr, dass der verstärkte Einsatz von KI die menschliche Kreativität einschränken könnte. Wenn Musiker sich zu sehr auf KI verlassen, könnte dies ihre eigene kreative Entwicklung behindern. Darüber hinaus benötigen KI-Systeme große Mengen an Daten, um effektiv zu arbeiten, was Fragen zum Schutz der Privatsphäre und zur Sicherheit persönlicher Daten aufwirft.
Fazit
Die Integration von KI in die Blasmusik bietet sowohl große Chancen als auch Herausforderungen. Die Zukunft der Blasmusik in Kombination mit KI ist vielversprechend, wenn die Technologie verantwortungsvoll und kreativ genutzt wird. Trotz technologischer Fortschritte bleibt die menschliche Präsenz auf der Bühne von großer Bedeutung. Die unmittelbare Erfahrung eines Live-Konzerts, bei dem ein Musiker auch Fehler machen kann, wird weiterhin geschätzt werden und einen wichtigen Gegenpol zur technologisierten Musikproduktion darstellen.
Die IGEB
Die Internationale Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik (IGEB) gründete sich 1974, um alle Aspekte der Blasmusik durch internationale Kongresse zu verbreiten. Bei diesen Kongressen tauschen Wissenschaftler, Dirigenten, Musiker und Amateure ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus, wobei die Forschungsergebnisse in der Buchreihe »Alta Musica« veröffentlicht werden. Die IGEB hat derzeit etwa 400 Mitglieder aus über 30 Nationen und organisiert alle zwei Jahre eine internationale Konferenz zur Förderung der Blasmusik (2024: Valencia). Neumitglieder sind jederzeit herzlich willkommen!