Wer als Deutscher noch vor 20 oder 30 Jahren das Fach Blasorchesterleitung studieren wollte, musste sich im benachbarten Ausland umsehen. Das Ziel der Aspiranten lag zumeist in der Schweiz, in Österreich oder den Niederlanden. In Augsburg, wo Blasorchesterleitung seit 1994 als Zusatzfach im Angebot war, machte man sechs Jahre später Nägel mit Köpfen und richtete eine entsprechende Professur ein. Amtsinhaber ist seither Maurice Hamers aus den Niederlanden.
»Ich habe noch nie erlebt, dass ich am Telefon mit jemand Freundschaft geschlossen habe«, sagt Lothar Uth über seinen ersten Kontakt mit Hamers. Zwischen dem neuen Professor, der sich in der Endrunde gegen sieben Mitbewerber durchsetzen konnte, und dem Augsburger »Pionier« des Fachs und damaligen Augsburger Tuba-Dozenten stimmte die Chemie sofort und der neue Studiengang Blasorchesterleitung konnte erfolgreich starten.
Maurice Hamers´ musikalischer Werdegang
Hamers selbst, der aus dem limburgischen Valkenburg stammt, hatte bislang noch keine Professur innegehabt, lernte im Rahmen seiner eigenen Dirigentenausbildung in Maastricht allerdings einen der führenden Dozenten seines Heimatlandes kennen: Sef Pijpers. »Er hat die Maastrichter Dirigierausbildung zur europäischen Hochburg aufgebaut. Unter ihm hat sich die Klangkultur der sinfonischen Blasorchester weltweit so stark entwickelt wie unter kaum einem anderen.«
Ende Juni 1986 legte Hamers im Konzertsaal des Konservatoriums Maastricht mit seinem Fanfareorchester seine Abschlussprüfung ab.Vor seinem Dienstantritt in Augsburg war Hamers fünf Jahre lang Dirigent der Marinierskapel, wo Berühmtheiten wie Henk van Lijnschooten zu seinen Vorgängern gehörten.
Bis dahin hatte er je ein Harmonie- und Fanfareorchester sowie eine Brassband aus der höchsten Leistungsklasse geleitet und zahlreiche Preise bei internationalen Wettbewerben gewonnen, so unter anderem den »Silbernen Taktstock« beim WMC 1989 in Kerkrade. Im gleichen Jahr machte er mit der Marinierskapel seinen Masterabschluss im Dirigieren.
Nachdem Hamers 1994 mit seinen drei Orchestern die Niederländische Meisterschaft in der höchsten Kategorie gewonnen hatte, wollte er gerne ein professionelles Orchester leiten. Er sah seine Chance gekommen und bewarb sich auf die freie Stelle als »Director/Dirigent« der Marinierskapel.
»Ich hatte bereits bei mehreren professionellen Militärblasorchestern als Gastdirigent gearbeitet. Dies hat mich sehr bereichert und mir Selbstvertrauen gegeben.« Geprüft wurden allerdings nicht nur musikalische Aspekte. »Ich musste auf Fregatten und Minenjägern fahren, um die Marine kennenzulernen. Die verkürzte Offiziersausbildung der Marineinfanterie war am schwersten. Viel Sport und früh aufstehen. Meine Ausdauer wurde auf die Probe gestellt.« Alles in allem bezeichnet er aber seine Zeit bei der Marinierskapel als »fantastisch«.
Professur in Augsburg
Durch Lothar Uth hat Hamers von der im Jahr 2000 neu eingerichteten Professur in Augsburg erfahren. Sie sollte für 16 Jahre die einzige in Deutschland bleiben. »Ich war damals als Chefdirigent der Marinierskapel sehr beschäftigt«, so Hamers. »Wir hatten gerade eine Tournee in die Vereinigten Staaten hinter uns und eine nach Japan vorzubereiten.«
Gerne erinnert er sich an das Vordirigieren der letzten acht Kandidaten. »Wir mussten alle eine öffentliche Probe mit dem sinfonischen Blasorchester abhalten. In der Prüfungskommission waren einige hochrangige Musiker aus deutschen Sinfonieorchestern. Auch einer von den Berliner Philharmonikern. Das fand ich klasse.«