Brass | Von Malte Burba

Buzzen oder nicht? Tipps für Blechbläser von Prof. Malte Burba

Trompete
Im Unterricht möchte ich das Arutjunjan-Konzert durchnehmen, woraufhin mein Lehrer mir jetzt verboten hat, zur Vorbereitung einige Aufnahmen anzuhören. Warum?

Aus der Fülle der Fragen, die Malte Burba immer wieder erreichen, greifen wir jeden Monat einige heraus, die alle interessieren könnten. Im aktuellen Beitrag geht es um Buzzen, das Trompetenkonzert von Arutjunjan und den Zusammenhang von Technik und Musik. Wenn Sie eine Frage haben, die auf dieser Seite beantwortet werden soll, dann mailen Sie an: burba(at)brawoo.de

Sie haben mal erwähnt, dass Sie eine Zeit lang nur Lippensummen (buzzen) gemacht haben. Für wie lange war das und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht? 

Eine Woche vergeudete Lebenszeit! Wenn Sie beim Lippensummen alles richtig machen, was wenig wahrscheinlich ist, gehen Ihnen im günstigsten Fall weder Ausdauer noch Tonumfang verloren. Durch das fehlende Training der Interaktion mit dem Resonator bleiben aber die Sensibilität für Klang und Kontrolle auf der Strecke. Das macht wirklich keinen Spaß! Wenn Sie partout kein Instrument in die Hand nehmen wollen oder können (Felswandbiwak oder Kanutour), sollten Sie mit Mundstück und Berp üben. Bei richtiger Dosierung nahezu nebenwirkungsfrei! (Clarino 10/2018 und Brawoo 6/2020)

Im Unterricht möchte ich das Arutjunjan-Konzert durchnehmen, woraufhin mein Lehrer mir jetzt verboten hat, zur Vorbereitung einige Aufnahmen anzuhören. Warum?

Warum haben Sie nicht Ihren Lehrer gefragt?

Zwei Gründe liegen aber auf der Hand:

Ein klassischer Musiker muss vor allem in der Lage sein, einen Notentext zu dechiffrieren, also hörbar zu machen. (Im Gegensatz zum Jazz-Musi­ker, der sich überwiegend über das Nachspielen und Modifizieren von Gehörtem definiert.)

Das Problem bei einem Gassenhauer wie dem Arutjunjan-Konzert ist, dass man den Notentext deshalb nicht mehr genau liest, weil das Gehirn und damit die eigene Hörerwartung durch zig Einspielungen zugemüllt sind.

Wenn Sie das Stück exakt am Notentext ein­studiert haben, können Sie sich gerne alle Aufnahmen anhören. Dann sehen Sie, wie verantwortungslos manche Virtuosen mit dem Notentext umgehen! (Clarino 7/8-2017)

Warum beschäftigen Sie sich hier immer nur mit technischen Problemen und nie mit musikalischen Dingen?

Erstens stimmt es nicht, siehe vorherige Frage!

Zweitens gibt es mehr musikalische Menschen als blechblasende, was bedeutet, dass die meisten Menschen weniger Probleme mit Musik, sondern eher Probleme bei der Bedienung eines Blechblasinstruments haben!

Dazu zwei Anmerkungen:

Wenn jemand partout unmusikalisch ist, aber auf seinem Instrument virtuos daherkommt, ist das meist ärgerlich, oft nur geschmack- und stillos, kann aber unter rein sportlichen Aspekten manchmal durchaus unterhaltsam sein.

Wenn hingegen ein guter Musiker an seinem Instrument strauchelt, ist das für die Musik gruselig und für den Menschen eine Tragödie.

Was davon jetzt schlimmer ist, kann jeder für sich bewerten.

Drittens sind technische Handicaps fast immer die Ursache für musikalisches Scheitern; so gesehen ist die Auseinandersetzung mit technischen Problemen letztlich höchst musikalisch!

Und wenn dann am Ende etwas Transzendentes, eine Art spirituelles Erleben dazukommt, ist das natürlich großartig – und eigentlich auch der Sinn von jeder Kunst –, aber wenn das Handwerk davor nicht stimmt, rückt die Möglichkeit, der­artiges erleben zu dürfen, in sehr weite Ferne.

Leider gibt es viele, die bei jedem Furz gleich meinen, der heilige Geist würde sie umwehen, aber »out of tune and out of time« die Hälfte der Töne nicht treffen – vom Sandstrahlgebläseklang der anderen ganz zu schweigen.

Entschuldigen Sie diese vielleicht etwas zu polemische Übertreibung, aber viele Musiker scheitern daran, weil sie meinen, mit dem Ende anfangen zu müssen, so wie ein Bühnenschauspieler, der sich vor einem Auftritt stundenlang in die Emotionen seiner Rolle einfühlt und dann im entscheidenden Augenblick den Text vergessen hat.