Was ihn möglicherweise am meisten auszeichnet, ist seine Vielseitigkeit, seine Offenheit. Und die wurde Christopher Marshall bereits in die Wiege gelegt. Denn seine neuseeländische Mutter brachte ihn in Paris zur Welt, wo sein neuseeländischer Vater an der Sorbonne studierte. Das Trio pendelte dann zwischen Australien und Neuseeland, doch der junge Christopher, der mit fünf Jahren dem Kinderchor im australischen Armidale beitrat, auch Blockflöte lernte und mit sieben seine ersten Stücke für zwei Blockflöten komponierte, entschied sich schnell für die kleinere Insel als Heimatland. Im neuseeländischen Wellington griff er mit zwölf Jahren zur Oboe. Gleichwohl sagt der freischaffende Komponist, dessen Auftragskomposition für Ex-WASBE-Präsident Timothy Reynish »L’homme armé« (Der bewaffnete Mensch – siehe auch »spielBAR«, Seite 62) dieses Jahr Pflichtstück beim Jungfrau-Festival in Interlaken war und dessen Werk »Okaoka« im Juli bei der WASBE-Konferenz in Singapur aufgeführt wurde: »Es fällt mir als Holzbläser keineswegs leichter, für Bläser zu komponieren als für andere Besetzungen.« Doch werden seine melodiösen Werke für Blasorchester immer mehr. Das Besondere an ihnen: Marshall greift auf alle Einflüsse zurück, die ihm im Laufe seines Lebens begegnet sind. Auch Maori-Gesänge, die rituellen Lieder der Eingeborenen Neuseelands.
»Gänsehaut« ist das Wort, unter dem Christopher Marshall Maori-Gesänge für Menschen zusammenfassen würde, die sie noch nie gehört haben. Und auch in »L’homme armé«, der Komposition, die Tim und Hilary Reynish in Erinnerung an ihren Sohn William bei dem Neuseeländer in Auftrag gaben, gibt es »haka«-Abschnitte, geschrienen rhythmischen Gesang, der von synchronem Stampfen und Klatschen auf Schenkel und Körper begleitet wird. Dazwischen leiten die Doppelrohrinstrumente über zum Trauergesang, dem »waiata tangi«. Mehr Informationen gibt es hier.