Brass, News | Von Klaus Härtel

Daniel Ridder und Tim Olt über Märsche für Tubaquartett

Ridder

So abgedroschen es klingt, aber “da haben sich zwei gefunden”. Die Tubisten Tim Olt und Daniel Ridder eint die Begeisterung für ihr Instrument und das Entdecken, Arrangieren und Einspielen der Literatur dafür. Diese transatlantische Kollaboration entpuppt sich gerade als äußerst produktiv. Märsche für Tubaquartett stehen ganz oben auf der Agenda. Wir erreichten Daniel Ridder und Tim Olt via Videoschalte in Kreuztal bzw. im us-amerikanischen Dayton, Ohio.

Es ist eigentlich kaum zu glauben, dass die Tubisten Daniel Ridder und Tim Olt sich noch nie persönlich begegnet sind. Denn die beiden plaudern auch während des Interviews so vertraut miteinander, als würden sie sich schon ewig kennen. Aber man kennt das ja, dass man Menschen trifft, mit denen man sich auf Anhieb versteht. “Ich habe während des Lockdowns damals die ‘2nd Suite in F‘ von Gustav Holst eingespielt, arrangiert von Tim Olt”, erzählt Daniel Ridder. “Den kannte ich nicht. Also habe ich ihn gegoogelt und ihn via Facebook angeschrieben. Ich habe ihm meine Aufnahme geschickt und gefragt, was er darüber denkt.”

Ridder
Daniel Ridder, Tim Olt und Klaus Härtel im transatlantischen Video-Chat

Und von da an habe sich nach und nach eine Freundschaft entwickelt. Ständig tauschten sie Ideen aus, sendeten sich Nachrichten, telefonierten miteinander. Daniel Ridder “kennt” mittlerweile Tims Familie, die Kinder und die Hunde. Der Plan, sich “in echt” zu treffen, hätte nun auch beinahe funktioniert. Leider wurde der USA-Trip des Musikkorps der Bundeswehr, in dem Daniel Ridder Solo-Tubist ist, abgesagt. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben…

Vorteil “digitale Freundschaft”?

Daniel Ridder gibt aber lachend zu, dass die “­digitale Freundschaft” auch gewisse Vorteile habe. “Wenn ich Tim eine E-Mail mit meinen Ideen schicke, habe ich wegen der Zeitverschiebung oft das Ergebnis ‘über Nacht’. Wenn wir uns persönlich treffen würden, würden wir drei Tage durchquatschen, Ideen und Projekte spinnen.” Er denkt laut nach und lässt die Frage im Raum stehen, was am Ende produktiver ist…

Nun also der (noch) Dreiteiler “Marching Tuba”. Wie ist man darauf gekommen? “Als Militärmusiker habe ich natürlich oft auch mit Märschen zu tun”, erklärt Daniel Ridder. “Ich kenne viele amerikanische, preußische, deutsche und internationale Märsche. Ich kann mich an eine Marsch-CD erinnern, die das Miraphone Tuba Quartett vor 20 oder sogar 25 Jahren mal aufgenommen hat. Und da dachte ich, man könnte da mal was Neues machen…” Und so kamen Daniel Ridder und Tim Olt zunächst auf John Philip Sousa und wählten fünf Werke wie etwa “Washington Post” aus.

Der US-Amerikaner hat in Ohio arrangiert und der Deutsche hat zu Hause in seinem eigenen Studio aufgenommen. Gut ist es geworden, finden beide. Und da nur ein Buch ein bisschen wenig gewesen wäre, schickten die beiden gleich Band 2 mit “International Marches” hinterher. Hier sind Werke aus Australien, Bulgarien, Schweden, Frankreich, Spanien und Norwegen versammelt. Beide Bücher sind bei Martin Schmid Blechbläsernoten erschienen. Die Nummer 3 ist zumindest bereits auf Spotify zu hören und enthält Deutsche Märsche, unter anderem den Königgrätzer Marsch, “Preußens Gloria” und den Mussinan Marsch. Und im Gespräch wird deutlich, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass demnächst die Bände 4, 5 und 6 zur Verfügung stehen. “Wir haben genug Märsche für 100 Bücher!”, jubelt Daniel Ridder. 

Fantastische Märsche

Was diese Märsche so faszinierend macht? “Diese Musik ist einfach fantastisch”, findet Tim Olt. Das ist der Grund, warum er sie arrangiert hat. Und damit wollen Ridder und er diese auch eben dem Tubaquartett generell zur Verfügung stellen. Wann gilt für euch ein Marsch als gut? “Nun, Tim und ich sind Tubisten. Da sollte es schon eine schöne Basslinie geben”, merkt Daniel Ridder lachend an. Gute Märsche sollten auch immer eine eingängige Melodie haben und rhythmisch eingängig sein. Es sei eine große Herausforderung, einen kompletten Marsch auf vier Stimmen zu reduzieren. “Da muss schon alles auf den Punkt gebracht werden. Das ist nicht leicht”, findet Ridder. 

Einen Lieblingsmarsch haben die beiden auch. Nach kurzer Bedenkzeit nennt Tim Olt den Marsch “Valdres” von Johannes Hanssen aus Norwegen. “Ich liebe diesen Marsch. Der geht mir direkt ins Herz.” Er denkt nach. “Aber um ehrlich zu sein, ist das auch situationsabhängig. Frag mich morgen noch mal und ich werde dir einen anderen nennen”, lacht er. Daniel Ridder entscheidet sich schnell für den bulgarischen Marsch “Das Abzeichen” von Stefan Marinoff. “Ich habe früher in einigen Musikvereinen gespielt und dieser Marsch stand sehr oft auf dem Programm. Ich habe damals Eufonium gespielt und in den Noten waren viele “hohe Cs”. Manchmal habe ich die sogar getroffen…” 

Für wen sind die neuen Noten geeignet? Wer kann und sollte sie spielen? “Eigentlich jeder”, erklärt Daniel Ridder. “wir haben da nichts dran gedreht, etwa die Tonart gewechselt, damit es leichter wird.” Einfache Literatur sei es sicher nicht, wirft Olt ein. “Und natürlich muss man ein bisschen üben, um diese Werke spielen zu können.” 

Märsche können via PlayAlong mitgespielt werden

Der Clou bei diesen Ausgaben ist übrigens der aufgedruckte QR-Code. Dieser führt geradewegs zu YouTube und den PlayAlongs. Wenn man nämlich allein spielen und üben möchte, klickt man einfach den Track an, der die eigene Stimme stummschaltet. 

Welche Rolle spielt eigentlich die Geschichte der Märsche, wollen wir von den beiden Tubisten zum Schluss noch wissen. Nun, Sousas Märsche seien da eher unverfänglich, gibt Olt zu. Meist habe er diese für irgendwelche Anlässe, oft während einer Tour mit der Band komponiert. Bei Preußischen Märschen sehe das bisweilen anders aus. “Ich spiele sicherlich keinen Marsch, der problembehaftet ist”, meint Daniel Ridder. Allein schon, weil er sich als Angehöriger der Bundeswehr sicherlich keine Probleme einhandeln will. Doch es gibt auch ohne etwa den “Badenweiler Marsch” (der als Hitlers Lieblingsmarsch galt) genug Literatur. “Hermann Ludwig Blankenburg”, weiß Ridder, habe fast 1200 Märsche geschrieben, die in keinem militärischen Marschbuch stehen. “Best of Blankenburg! Das wäre doch eine Idee für Volume 4”, ruft er aus. “Ich wusste, dass so etwas passieren würde”, lacht Tim Olt laut. 

In der Tat: Die Ideen gehen den beiden Tubisten nicht aus. Derzeit ist ein Album mit Musik von Johann Sebastian Bach im Gespräch und sogar ein Pop-Album ist geplant. Und während der Drucklegung lässt sich pünktlich zum Fest “Peaceful Time before Christmas II” auf den Plattformen streamen.