Komponist Enjott Schneider jubelte: »Ein Super-Ensemble, das ›noch brennt‹, innovativ und wild aufs hochqualitative Musizieren ist.« Ja, das Arcis Saxophon Quartett wird umjubelt, wo es nur auftaucht. Bei Wettbewerben in Russland, Italien und Deutschland. Bei einer ausgedehnten Chinatour. Bei den Feuilletonisten und beim Bayerischen Kunstförderpreis. Und nun sollen auch die Besucher der Berliner Philharmonie jubeln.
Musiker eilen hektisch durch das Foyer, manche schlendern und setzen sich entspannt zur Mittagspause an die Säulen des Eingangsbereichs. Das Gebäude im Rücken ist ein geschichtsträchtiger Ort. Das als »Führerbau« bezeichnete Gebäude diente erst als Repräsentationsbau der Nazis, dann als Sammellager für Raubkunst und wurde ab 1945 von der US-Militärregierung als zentrale Sammelstelle für die von den Nazis in ganz Europa geraubte Kunst genutzt.
Von hier aus identifizierte Kunstwerke wurden an die Herkunftsländer restituiert. Kunst spielt hier immer noch eine Rolle – heute allerdings im positiven Sinne: Das Haus beherbergt die Hochschule für Musik und Theater München. Das Gebäude steht in der Arcisstraße. Haus und Straße sind also die musikalisch-namensgebende Heimat des Arcis Saxophon Quartetts.
Die Musiker des Arcis Saxophon Quartetts
Die vier Saxofonisten Claus Hierluksch (Sopran), Ricarda Fuss (Alt), Edoardo Zotti (Tenor) und Jure Knez (Bariton) kommen um kurz nach 13 Uhr durch die gläserne Tür. Der Portier hat alles im Blick, hinein kommt hier nur, wer berechtigt ist.
Die Musiker grüßen freundlich, fast kumpelhaft. Sie wirken entspannt, was bemerkenswert ist, da die Probe gerade immerhin schlappe vier Stunden gedauert hat. Sie muss demnach gut verlaufen sein – eine gute Voraussetzung für ein ebenso entspanntes Gespräch.
Es ist warm, also entscheidet man sich für das Café am Lenbachhaus. Während man über den Königsplatz schlendert, schwärmt man über die Vorzüge, die eine Stadt wie München so bietet. Hierluksch und Fuss stammen aus Erding bzw. Ingolstadt, Knez aus dem slowenischen Radeče. Auch der Italiener Zotti fühlt sich in der »nördlichsten Stadt Italiens« wohl. Hier lässt es sich arbeiten!
Bläser und Streicher
Vorher – von 2013 bis zum Masterabschluss im Sommersemester 2016 – studierten die vier Saxofonisten Kammermusik an der Universität der Künste Berlin in der Klasse des Artemis Quartetts. Doch Moment: Das Artemis Quartett gilt als eines der führenden Streichquartette! Wie passen denn hier Bläser und Streicher zusammen? Den Menschen hinter den jeweiligen Instrumenten sagt man mitunter unterschiedliche Charaktereigenschaften nach. Sind das womöglich gar nur Klischees?
»Ich habe manchmal das Gefühl, dass Streicher anders mit Musik umgehen«, sagt Ricarda Fuss. »Vielleicht ein wenig intellektueller. Das ist gar nicht wertend gemeint, aber Bläser sind da eher ein bisschen intuitiver.« Das hänge natürlich auch davon ab, woher man als Musiker komme.
Claus Hierluksch weiß, dass Streicher sehr oft schon sehr früh auf hohem Niveau die »klassische Schiene« fahren. Bläser seien oftmals durch die Blasmusik und das intuitive Spielen sozialisiert. Das sei schlichtweg ein anderer Zugang.