Wood | Von Jure Knez

Das Baritonsaxofon. Fragen Sie das Arcis Saxophon Quartett

Jure Knez
Foto: Harald Hoffmann

Ask ASQ! – Fragen Sie das Arcis Saxophon Quartett! Unter diesem Titel startete kürzlich die neue ­Expertenrunde rund um sämtliche Saxofonfragen. Schreiben Sie dem Quartett unter askasq@brawoo.de. Diesen Monat geht es um das Baritonsaxofon. Jure Knez beantwortet die Fragen zu “seinem” Instrument.

Braucht man für das Bariton­saxofon mehr Kraft, mehr Luft, mehr Ausdauer?

Ich muss zugeben, dass ich vor meiner Tätigkeit mit dem Arcis Saxophon Quartett nie die Ge­legen­heit hatte, ein Baritonsaxofon auszuprobieren – meine große Liebe seit der Kindheit war nämlich immer das Sopransaxofon. Trotzdem habe ich mir auch oft die Frage gestellt, ob man beim Baritonsaxofon nicht etwas mehr Kraft und Luft als bei anderen Saxofonen benötigt. Die Antwort habe ich erhalten, als ich zum ersten Mal ein Baritonsaxofon ausprobierte. Das war im Rahmen meiner Vorbereitung auf das “Probespiel” für das Arcis Saxophon Quartett. Bis dahin hatte ich ­aktiv Sopran-, Alt- und Tenorsaxofon gespielt.

Ich war geradezu schockiert, wie anders sich das Baritonsaxofon anfühlt. Ich hatte nämlich das Gefühl, ich müsste doppelt so oft atmen und mir wurde folglich zum Teil schnell schwindlig. Im Saxofonquartett ist das Baritonsaxofon ja das größte, das schwerste und das am tiefsten klingende Instrument. Das ganze Rohr hat eine Länge von etwa 215 cm. Im Vergleich: das Sopransaxofon ist etwa 65 cm lang. Die Luft hat also einen viel längeren Weg und es ist klar, dass man mehr bzw. häufiger atmen muss. Aber keine Angst vor dem Bariton! Das alles normalisiert sich, wenn man mehr Zeit mit dem Instrument verbringt. Was man nicht braucht, ist mehr Kraft im Sinne von Druck. Wenn man das Gefühl hat, man ­müsse mehr drücken, sollte man überlegen, ob man leichtere Blätter oder ein anderes Mundstück ausprobiert.

Wie unterscheidet sich die Spieltechnik etwa zum Altsaxofon? 

Sowohl Alt- als auch Baritonsaxofon sind beide in Es gestimmt, wobei das Bariton genau eine Oktave tiefer klingt – das Rohr ist nämlich doppelt so lang wie das des Altsaxofons. Alle Saxofone können bis zum tiefen B spielen, aber das Baritonsaxofon hat eine große Besonderheit – und das ist die tiefe A-Klappe. Diese befindet sich beim linken Daumen und sie bereitet einem besonders viel Spaß – das kann nur ein Barisax! Das tiefe A findet man in der Regel bei moder­neren Instrumenten. Vintage-Instrumente wie etwa ein Selmer Mark VI Bariton haben meist ebenfalls nur einen Umfang bis zum tiefen B.

Bei der Spieltechnik gibt es weniger Unter­schiede als man denkt. Der Fingersatz ist ja bei jedem Saxofon identisch. Das Baritonsaxofon gilt wegen seiner Größe und den größeren ­Abständen zwischen den Klappen als etwas schwerer zu beherrschen. Virtuose Passagen findet man im Barisax-Repertoire eher selten. Das ist aber eher mit der Struktur des Stücks verbunden – das Bariton hat im Quartett eine Bassfunktion. Bei manchen modernen Stücken wird ge­fordert, dass man genauso schnell und genauso virtuos wie ein Sopransaxofon spielen soll. Das geht natürlich auch! Vielleicht braucht man da nur etwas mehr Übung und Geduld. Aber wie man so schön sagt: Übung macht den Meister.

Wie schafft man den Wechsel zum Baritonsaxofon? 

Du spielst schon Saxofon und hast Interesse, zum Bariton zu wechseln? Ich habe gute Nachrichten für dich: Man kann den Wechsel in relativ kurzer Zeit schaffen. Wie bereits festgestellt, ist der Fingersatz ja sowieso gleich wie bei deinem vorherigen Instrument. Die große Herausforderung besteht darin, dass du dich auf die Größe und den Luftmangel einstellen musst. Das geht aber relativ schnell. Wichtig ist nur, dass du kontinuierlich dabeibleibst. Wenn man etwas Neues lernen will, sollte man sich jeden Tag mit der ­Sache beschäftigen – es muss nicht sonderlich lang sein, dafür aber möglichst regelmäßig. Wenn man motiviert ist, ist das aber überhaupt kein Thema.

Was sind die besonderen ­Herausforderungen für einen Baritonsaxofonisten? 

Es gibt einige Herausforderungen, mit denen man als Baritonsaxofonist leben muss. Hier die zwei wichtigsten Aspekte:

1. Der gesundheitliche Aspekt

Wenn man jeden Tag mit dem Baritonsaxofon unterwegs ist und man jeden Tag übt, spielt das Gewicht des Instruments eine enorme Rolle. Und mit diesem Thema muss man sich unbedingt frühzeitig auseinandersetzen, sonst kann es zu gesundheitlichen Beschwerden oder sogar zu chronischen Erkrankungen kommen. Meistens wird vor allem der Rücken strapaziert. Ich empfehle daher einen guten Gurt, der das Gewicht des Instruments auf dem Körper verteilt – ich habe gute Erfahrungen mit dem “Zappatini Schultergurt” oder mit dem “Vandoren Tragegurt Harness” gemacht. Es gibt auch Alter­nativen, bei denen das Gewicht des Instruments gar nicht auf dem Körper lastet. Das sind zum Beispiel Ständer, die dich beim Saxofon­spielen in sitzender und stehender Haltung unterstützen. Ein empfehlenswerter Hersteller solcher Ständer ist “SaxRax“.

Ferner – wenn es das Budget erlaubt – lohnt es sich, in einen leichten aber trotzdem robusten Koffer zu investieren. Ein neues Instrument wird leider häufig mit einem sehr schlechten Koffer geliefert. Entweder ist dieser zu schwer, was sich als unkomfortabel herausstellt, oder aber er ist leicht, jedoch nicht robust genug, um das In­stru­ment ausreichend zu schützen. Ich habe sehr viel recherchiert und ausprobiert, war aber immer unzufrieden mit den Koffern, die es auf dem Markt gibt. Deswegen habe ich direkt in einen Custom-made-Carbon-Koffer investiert und das hat einen großen Unterschied gemacht.Man kann den sogar wie einen Reisekoffer rollen, wodurch sich die vielen Reisen viel an­genehmer gestalten. Wer hierzu mehr wissen will, kann uns gerne unter askasq@brawoo.de schreiben.

2. Der finanzielle Aspekt 

Das Baritonsaxofon kann sehr teuer sein, nahezu doppelt bis dreifach so teuer wie ein Altsaxofon. Sowohl die Wartungskosten als auch das Zubehör, wie etwa Blätter, sind deutlich teurer als bei den kleineren Varianten des Saxofons. Dies ­sollte man vor der Entscheidung unbedingt berücksichtigen, falls das ein relevantes Thema
ist. Für den Anfang kann man sich entweder ein Instrument ausleihen oder ein etwas günstigeres Instrument kaufen. Aber wenn das Baritonsaxofon deine große Liebe ist, empfehle ich, dass du dir gleich ein gutes Instrument zulegst. Das macht mehr Spaß und es gilt, wie so oft im Leben: Wer billig kauft, kauft zweimal.