Brass, Orchestra, Wood | Von Klaus Härtel

Das Musikalische Hörspiel “Nepomuk und der Rabel”

Nepomuk
Foto: Christian Seeling

“Nepomuk und der Rabel” ist ein Projekt der Sängerin und Musikpädagogin Annika Bosch. Dabei handelt es sich um ein Hörspiel für Kinder mit musikpädagogischem Ansatz. Wie geht man an ein solches Projekt heran und welchen Effekt hat die Musik in einem Hörspiel überhaupt? Wir haben nachgefragt. 

Frau Bosch, Sie beschreiben Ihr Projekt als musikalisches Hörspiel für Kinder. Worum geht es darin denn überhaupt?

Ein kleiner Junge findet einen verletzten kleinen “Starenvogel” im Wald. Dieser Vogel darf bis zu seiner Genesung bei dem kleinen Jungen wohnen und erzählt ihm jeden Abend eine Gute-Nacht-Geschichte aus nahen und fernen Ländern. In diesem ersten Hörspiel erzählt er von seiner unglaublichen Reise nach Afrika. 

Ziel bei dieser Geschichte ist es, andere Kulturen liebevoll und spielerisch darzustellen und dabei den musikalischen Entdeckerreiz zu fördern. Die Geschichte ist so konzipiert, dass eine Fort­setzung völlig unproblematisch ist, da der Vogel nach seiner Genesung den kleinen Jungen immer wieder besucht. Dieses Projekt findet in Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern statt. Perspektivisch soll da­raus auch ein Buch und ein Lehrwerk für den ­Bereich Musikpädagogik entstehen. 

Was steht denn am Anfang eines solchen Projekts? Die Geschichte oder die Musik?

Am Anfang waren da zwei Lieder von mir über die Wüste Namib. Diese habe ich in meinen Unterricht mit Vorschulkindern einfließen lassen und irgendwann wollte ich mehr daraus machen. Ein Freund hatte mir vor vielen Jahren von einem kleinen Raben erzählt, den er als Kind gepflegt hatte und der dann immer auf seinem Fahrradlenker oder seiner Schulter saß. Ein Jahr später kam er wohl vom Himmel herabgeflogen und setzte sich kurz auf seine Schulter.

Diese Geschichte fand ich so rührend, dass ich sie zur Grundlage meiner eigenen Geschichte machen wollte. Doch wie sollte ein Rabe nach Afrika kommen? Ein befreundeter Tierfotograf, Roy Müller, empfahl mir, den Star als Zugvogel zu nehmen und dann ging es los. Der Vogel behielt seinen Namen “Rabel”, obwohl es sich um einen Star handelt. Leider fliegen auch Stare nicht so weit in den Süden Afrikas. Aber warum der kleine Rabel in der Wüste landet, erfährt man dann im Hörspiel.

Annika Bosch

Neben ihrer Tätigkeit als Sängerin ist ­Annika Bosch (Foto: Andreas Pöcking) als Musikpädagogin im Musikkindergarten Weimar-Niedergrunstedt, der Stadtkantorei, an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und der Universität Erfurt tätig.

www.annikabosch.de

Wozu braucht man bei einem Hörspiel ei­gent­lich Musik? 

Musik unterstützt und transportiert die Emotionen viel deutlicher. Mein eigenes Kind hört Hörspiele wesentlich lieber, wenn sie mit Musik untermalt sind oder Musik natürlicher Bestandteil des Hörspiels ist. 

Und wie wählt man die Musik aus? Handelt es sich denn um eigene Kompositionen? Und wenn ja, wie instrumentiert man diese?

Es handelt sich ausschließlich um Eigenkompositionen und die Instrumentation richtet sich immer nach dem jeweiligen Lied. Wir haben viel ausprobiert. Mal sind es echte Instrumente, mal elektronische Klänge. Bei dem Nebellied wollten wir eigentlich eine Harfe, das ging aber während des Corona-Lockdowns nicht, und so sind wir bei “Wah Wah Tubes” und meinem “Omnichord” (eine elektronische Harfe aus den 80er Jahren) gelandet. Bei manchen Liedern ist bereits beim Entstehungsprozess klar, wie sie in­strumentiert werden und bei manchen ent­wickelt es sich nach und nach. 

Wie wirkt Musik denn prinzipiell auf Kinder? 

Auf jeden Fall auf emotionaler, motorischer, ­sensomotorischer und auf neurophysiologischer Ebene. Sie kann Freude, Fantasie und das Entdecken fördern – aber ganz einfach ist es nicht, diese Frage zu beantworten, denn Musik wirkt ja nicht immer bei allen Kindern gleich. Meistens aber reicht ein kleiner Aspekt, der die Aufmerksamkeit eines Kindes auf sich zieht. Das kann mal nur der Rhythmus, ein Wort, die Instrumentation, Melodie und vieles mehr sein.

Haben Sie mit Ihren Liedern für das Projekt schon Erfahrungen sammeln können?

Ich habe alle Stücke schon im Unterricht mit meinen Gruppen in der Elementaren Musikpädagogik/Rhythmik im Kindergarten und in meinem Chor mit Schülerinnen und Schülern der ersten und zweiten Klasse ausprobiert. Manchmal direkt mit der Geschichte verknüpft und manchmal auch davon abgekoppelt. 

Auf der Crowdfunding-Seite steht, dass die Lieder so gestaltet sind, dass sie einen musik­pädagogischen Ansatz enthalten. Was genau heißt das eigentlich?

Das erste Stück ist zum Beispiel im ⁵/₈-Takt und kann zu Beginn von den Kindern auf nur einem Ton begleitet werden. Dazu bekommt jeder Schlag eine Silbe, sodass Kinder das Lied selbst begleiten können. Zu den Liedern gibt es Spiele, Choreografien oder Bodypercussion-Ideen, aber vor allem viel Raum zum Improvisieren. Mal mit Bewegung, mal mit der Stimme oder mit einem Instrument zum Lied, in dem auf eine einfache pentatonische Skala zurückgegriffen werden kann. Jedes Lied hat einen anderen Schwerpunkt und manche sind gar nicht unbedingt zum Mitsingen gedacht beziehungsweise nicht extra stimmbildnerisch komponiert. 

Mit wie vielen Künstlern arbeiten Sie denn zusammen und wie sieht die Zusammenarbeit genau aus? 

Für dieses Projekt konnte ich ein tolles Team an befreundeten Künstlerinnen und Künstlern gewinnen. Zu Beginn waren es nur mein Mann Martin Bosch und Hendrik Sieber. Sie haben zusammen die Musikproduktionsfirma luv-lee. Stück für Stück kamen dann andere hinzu. Mittlerweile sind wir ein Kernteam von vier Leuten, insgesamt sind wir etwa zwölf Leute und ein Kind, welches den Nepomuk spricht. Ich bin der kreative Kopf und fälle ganz undemokratisch immer die letzte Entscheidung. Ich lasse mich aber gerne auch überzeugen. 

Mein Mann produziert die Songs, nimmt die Sprecherinnen und Sprecher, die Instrumente und meinen Gesang auf. Dann werden die Aufnahmen immer zwischen ihm und Hendrik Sieber hin und her geschickt. Mit vielen Telefonaten und Sprachnachrichten wird dann an den einzelnen Stücken und an der Geschichte gefeilt. Manchmal weiß ich genau was ich möchte und manchmal machen sie mir ein Angebot. 

Zusätzlich arbeite ich noch mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Musikkindergarten Weimar-Niedergrunstedt zusammen. Sie kennen das Mate­rial sehr gut, da wir dieses Thema letztes Frühjahr mehrere Wochen ganzheitlich bearbeitet haben. Mit den Kindern haben wir alles über Stare gelernt. Wo und wie sie leben und was sie mögen. Wir haben mit den Kindern ein Vogelhäuschen gebaut (es ist auch eine Starenfamilie eingezogen), Material für Vogelnester gesammelt, Bilder von Schwärmen und Vögeln gemalt und gebastelt. Wir haben zu den Liedern getanzt, musiziert und gesungen und alle waren im “Rabel-Fieber”. Meine Kolleginnen und Kollegen kennen das Alter der Zielgruppe unglaublich gut und waren eine tolle Hilfe, als es um die Fein­heiten in der Geschichte ging. 

Auf der Seite steht auch, dass Sie die an­deren Künstler gerade in Zeiten von Corona einigermaßen angemessen bezahlen möchten. Bei der Höhe der Crowdfunding-Ziele (7700 und 10 000 Euro) kann doch aber eigentlich gar nicht so viel übrig bleiben, oder? 

Ja (lacht). Ich habe lange überlegt, wie ich das formulieren soll. Denn der Betrag ist natürlich ein Witz, wenn man bedenkt, wie lange wir schon daran arbeiten. 

Unser Dreier-Team verdient daran am schlechtesten, aber es ist ein Herzensprojekt und der Gewinn spielt erst mal keine Rolle. Wir hoffen, dass es sich gut verkaufen wird und dass wir vielleicht auch Kinderkonzerte mit dem Programm spielen können oder dass es vielleicht der ein oder andere Titel ins Kinderradio schafft. 

Der größte Teil vom Crowdfunding geht an die anderen Teilnehmer, die nicht so intensiv am Entstehungsprozess beteiligt waren. Fast alle Sprecherinnen und Sprecher sind sowieso schon am Projekt beteiligt, sonst könnten wir uns das nicht leisten. 

Wie viel Zeit haben Sie für die komplette Umsetzung (also von der Idee bis zur fertigen CD) eingeplant?

Das ist schwierig zu sagen, denn der erste Song dazu entstand für ein Kinderkonzert im Jahre 2017 und da war noch nicht klar, dass er der ­Funke für ein komplettes Hörspiel werden würde. Es war immer ein Herzensprojekt und der Prozess war immer unglaublich schön, sodass es uns gar nicht um eine bestimmte Veröffent­lichungs­frist ging. Aber als der Corona-Lockdown kam und all unsere Jobs wegbrachen, war klar: Jetzt geben wir alles! 

Was sind die nächsten Schritte, wenn Sie das erste Finanzierungsziel erreicht haben?

(lacht) Dann wird erst mal gefeiert – und anschließend kümmern wir uns um die Fertigstellung, GEMA, Label, Pressung und den Vertrieb. 

Wobei das mit dem Vertrieb noch ganz schön schwierig wird, da das eigentlich schon jetzt ein Thema sein müsste. Aber die meisten von uns arbeiten gerade im Homeoffice mit Kind und da müssen manche Dinge eben warten. 

Wenn wir im Sommer noch Kraft, Lust und eine Finanzierungsidee haben, wird es 2020 auch ein illustriertes Buch dazu geben. Und in Gedanken sind wir schon bei Ideen für die Folge­geschichte…

Das Hörspiel

Zielgruppe für das Hörspiel sind vor allem Kinder zwischen vier und acht Jahren. Die CD mit den Musiktiteln kann auch noch die älteren Geschwisterkinder oder die ganze Familie begeistern. Die Lieder sind so gestaltet, dass sie zusätzlich einen musikpädagogischen Ansatz enthalten.
(Grafik: www.junggold.com)

Sie können Annika Boschs Crowdfunding-Kampagne zur Umsetzung von  “Nepomuk und der Rabel” finanziell unterstützen.

www.startnext.com/nepomuk