Schwerpunktthema, Wood | Von Hans-jürgen Schaal

Das Phänomen der Nasenflöte: Auch Nasen können blasen

Die Nase dient nicht nur dem Luftholen: Wir können durch die Nasenlöcher die Luft auch kräftig hinausstoßen. Allerdings geht das Blasen mit dem Mund viel besser. Deshalb wundert man sich: Warum und wozu gibt es eigentlich Nasenflöten? Zu dieser Frage existieren mehrere Theorien.

Verbreitungsgebiet der Nasenflöte

Nasenflöten gab es traditionell vor allem in Malaysia, Indonesien (zum Beispiel Borneo, Sumatra, Nias) und auf den Inseln des Pazifiks (zum Beispiel Philippinen, Hawaii, Fidschi-Inseln). Auch in Neuseeland, Neuguinea und Mikronesien, die in der einschlägigen Literatur gelegentlich als »nasenflötenfrei« gelten, war das Nasenblasen durchaus üblich. Forscht man ein wenig weiter, entdeckt man, dass Nasenflöten ebenso auf Taiwan, in Indien, Ostafrika oder Südamerika verbreitet waren.

Spielpraxis und Instrument

Im Grunde handelt es sich bei der Nasenflöte nicht um ein eigenes Instrument, sondern um eine spezielle Spielpraxis. Die Flöte wird eben nicht mit dem Mund, sondern mit einem Nasenloch angeblasen. Um den Blasdruck zu verstärken, wird das andere Nasenloch meistens zugehalten oder verstopft.

Die dabei benutzten Flöten sind einfache Längs- oder Querflöten, die sich von den »Mundflöten« der jeweiligen Region kaum oder gar nicht unterscheiden. Theoretisch lässt sich jede »Mundflöte« auch mit der Nase anblasen. Nur gelegentlich werden für den Nasengebrauch Anblasloch, Anblaskerbe oder Grifflöcher ein wenig anders platziert oder anders gebohrt.

Kern- oder Schnabelflöten, die den Nasenansatz erleichtern würden, sind dagegen selten. Bei archäologischen Funden bleibt oft umstritten, ob es sich um ein Instrument für den Mund- oder für den Nasengebrauch gehandelt hat. Auch unter den prähistorischen Flötenresten in Mitteleuropa wurden schon Nasenflöten vermutet.

Wiederbelebung der Tradition mit Nasenbambus

In den meisten Weltgegenden ist das traditionelle Nasenflötenspiel zu Beginn der Moderne ausgestorben. In jüngerer Zeit aber wird es als Brauchtumspflege oder Touristenattraktion vielfach wieder praktiziert – zum Beispiel auf Hawaii.

Die weltweit wohl bekannteste traditionelle Nasenflöte ist die hawaiianische »ohe hano ihu«, zu Deutsch etwa: Nasenbambus. Das Instrument hat in der Regel vier Grifflöcher und wird aus einem einzigen Bambusstück gefertigt. Mit etwa 35 cm Länge und 4 cm Durchmesser wirkt es von der Form her eher plump. Der Ton ist dunkel, tief, geheimnisvoll.

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