News, Orchestra | Von Leon J. Bly

Debüt-Konzert der Bläserphilharmonie Salzburg und Hansjörg Angerer

Angerer
Hansjörg Angerer (Foto: Franz Neumayr)

Die Bläserphilharmonie Salzburg unter der Leitung ihres Chefdirigenten Hansjörg Angerer spielte am 6. Januar 2023 mit großem Erfolg ihr Debüt-Konzert im Großen Festspielhaus in Salzburg, das auch Live im ServusTV in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu sehen war.

Ein Dreikönigs- bzw. Neujahrskonzert des Blasorchesters nach dem Schema des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker gibt es alljährlich seit 2010 und ist so zu einem festen Bestandteil des Kulturlebens in Salzburg geworden. Dieses Jahr spielte die Bläserphilharmonie Salzburg unter dem Motto »Freunde, das Leben ist lebenswert!« heitere wienerische und englische Musik der leichten Muse für ein begeistertes Publikum im ausverkauften Festsaal.

Das Konzert begann mit dem Walzer »Herrreinspaziert!« aus der Operette »Der Schätzmeister« von Carl Michael Ziehrer, dessen Titel mehrere Bedeutungen für dieses Konzert hatte: Einladung zum eigentlichen Konzert, zum Neuen Jahr und zum phänomenalen Klang des neu gegründeten Orchesters. Mit der schwungvollen, Walzer-geladenen Ouvertüre zur Operette »Die Landstreicher« Ziehrers ging das Konzert weiter, und damit war die Atmosphäre der ersten Hälfte des Programms gefestigt. 

Ein Kompliment an den Dirigenten und Arrangeur

Nach dem humoristischen Marsch »Jetzt geht’s los« von Franz Lehar wurde das Lied »Freunde, das Leben ist lebenswert« aus seiner Operette »Giuditta« von Tenor Nutthaporn Thammathi hervorragend und animiert vorgetragen. Der Tenor hatte keinerlei Probleme, sich gegen ein so großes Blasorchester durchzusetzen, so dass man jedes Wort gut verstehen konnte. Ein Kompliment nicht nur für den Gesang von Thamma­thi, sondern auch für einen hervorragenden Dirigenten und einen Meisterarrangeur, die verstanden, alles perfekt in Balance zu bringen.  

Ohne die Musik von Johann Strauss Sohn wäre solch ein Konzert nicht komplett und einer seiner Walzer und die Schnellpolka »Leichtes Blut« folgten. Es war besonders schön, den selten gespielten Lagunen-Walzer »Ach, wie so herrlich zu schau’n« aus der Operette »Eine Nacht in Venedig« so vorzüglich gespielt zu hören.

Tenor Nutthaporn Thammathi kehrte zurück auf die Bühne für Lieder von Robert Stolz und Carl Millöcker. Thammathi gab eine hinreißende Aufführung von Stolzs »Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n« sowie Millöckers »Ich hab’ kein Geld, bin vogelfrei« aus der Operette »Der Bettelstudent«. Der nicht endende Applaus der Audienz wurde mit einer mitreißenden Ausführung des Liedes »Granada« als Zugabe belohnt. ­Danach endete der erste Konzertteil mit einer exzellenten Darbietung des Walzers »Mein Lebenslauf ist Lieb’ und Lust« von Josef Strauss. 

Auf eine harte Probe

»Very British« mit Musik von fünf englischen Komponisten verlief der zweite Teil des Konzerts. Mit einer wunderbaren Interpretation der Ouvertüre zur Operette »H.M.S. Pinafore« von Sir Arthur Sullivan fing Teil 2 an. Angerer stellte seine Musiker auf eine harte Probe mit dem zweiten Stück, dem 4. Satz, »Jupiter, the Bringer of Jollity«, aus der Orchestersuite »Die Planeten« Gustav Holsts; eine Probe, welche diese Top-Musiker meisterten. Das dritte Stück war ein Werk – »Cinderella« Phantasy von Eric Coates –, das außerhalb Großbritanniens sehr selten gehört wird. Schade, weil diese reizvolle Komposition sehr viel zu bieten hat, besonders wenn so musikalisch gespielt wird. 

Mit dem ersten Satz, »Seventeen Come Sunday«, aus der »English Folk Song Suite« von Ralph Vaughan Williams ließ Angerer seinen Konzertmeister, Wenzel Fuchs, Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker, als Solist auftreten. Danach hörte man prächtige Interpretationen von drei »English Dances« Malcolm Arnolds. Mit virtuosem Spiel zeigte das Orchester mit diesen Tänzen sein Können und brachte damit den zweiten Teil zum Höhepunkt. 

Bevor aber ein falscher Eindruck entsteht: Es ist nicht allein die Virtuosität, die so bemerkenswert ist, sondern auch die phänomenale Musikalität des Orchesters und seines Dirigenten. Eine Musikalität, die vom ersten bis zum letzten Stück stets präsent war. Das offizielle Programm endete mit »The Dam Busters March« von Eric Coates, einem Marsch, den der Schreiber »tausendmal« gehört hat, aber noch nie in einer so musikalischen Interpretation. Möglicherweise kann auch nur ein österreichischer Dirigent diesem Marsch eine solche Interpretation geben. Der tosende Applaus am Schluss hat dann natürlich einige Zugaben gefordert, bis Angerer ein endgültiges Ende mit dem »Radetzky-Marsch« signalisierte.

Transkriptionen von Albert Schwarzmann

Alle Werke des Programms waren Transkriptionen von Albert Schwarzmann. Dass er die Art Musik in der ersten Hälfte des Konzerts hervorragend instrumentiert, ist längst bekannt, aber seine Transkriptionen der drei Tänze von Malcolm Arnold sind absolut großartig. Man könnte sich fragen, ob eine neue Fassung von einer Originalblasorchesterkomposition wie »Seventeen Come Sunday« von Vaughan Williams notwendig ist. Hierbei handelt es sich hier aber um eine alte Tradition, mit der Dirigenten ältere Werke updaten und/oder in Übereinstimmung mit ihrer Orchesterklangvorstellung bringen möchten. Gustav Mahler machte zum Beispiel neue Bearbeitungen von Beethovens Sinfonien, und Sir Thomas Beecham ließ von Eugene Goossens im Jahr 1950 eine Bearbeitung von Händels »Mes­siah« für die ganze Besetzung des Royal Philharmonic Orchestra machen. 

Die Bläserphilharmonie ist ein weltklasse Orchester und das Dreikönigskonzert kann man mit Recht und ohne Scheu mit dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker vergleichen. Letztlich muss bemerkt werden, dass nicht nur die hohe Musikalität des Orchesters beeindruckt, sondern auch die Freude, die diese ausgezeichneten Musiker beim Spielen in dieser Formation ausstrahlen. Man freut sich jetzt schon auf die nächste Begegnung mit diesem grandiosen Blasorchester.