Brass | Von Hans-Jürgen Schaal

Der bescheidene Provokateur – Ein Versuch über Kenny Wheeler

Die Nachrufe waren sich einig: Mit ihm verlor die Jazzwelt einen »Giganten«, ein »Genie«. So großes Lob wäre Kenny Wheeler (1930 bis 2014) zu Lebzeiten wahrscheinlich peinlich gewesen: Geradezu sprichwörtlich waren seine Zurückhaltung und seine Neigung zur Selbstkritik. Der Journalist Richard Williams brachte das in die vorsichtigen Worte: »Nur wenige wichtige Musiker haben mit weniger Getue mehr Aufsehen erregt.«

Zu Weihnachten 2013 ging er noch einmal ins Studio an der Abbey Road in London. Obwohl bereits gebrechlich und körperlich schwach, nahm der 83-jährige Kenny Wheeler ein letztes Album auf mit neun eigenen Kompositionen – ein Album für die deutsche Plattenfirma ECM, bei der er 1976 ­seinen internationalen Durchbruch hatte und der er über Jahrzehnte verbunden war. Seine rein britische Band brachte er ins Studio, als bläserische Verstärkung den Saxo­fonisten Stan Sulzmann, einen langjährigen Weggefährten. Nicht lange nach diesen Aufnahmen wurde Kenny Wheeler zum Pflegefall. Einige Monate später musste er stationär ins Krankenhaus. Beim Ab­mischen des Albums konnte er nicht mehr mithelfen. Am 18. September 2014 ist ­Kenny Wheeler in London gestorben. Das Album soll Anfang 2015 erscheinen.

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