Brass, Szene | Von Klaus Härtel

Der Chet-Baker-Film »Born to be Blue«: intensiv und anregend

Glanz und Elend ganz nah beieinander: So war das Leben von Chet Baker (1929 bis 1988). Sein Leben begann als »James Dean des Jazz« und endete jäh auf Amsterdamer Asphalt. Der Film »Born to be blue« (Start 8. Juni) betrachtet die Biografie des Musikers über eine kurze Zeitspanne seines Lebens – Ethan Hawke spielt die Hauptrolle.

Sonnenbrille und lässige Sixties-Anzüge machen aus Ethan Hawke noch keinen Chet Baker

»Die Ernsthaftigkeit, mit der Ethan Hawke den Trompeter Chet Baker spielt, das haut schon hin. Die Stimmung im Film – das passt alles…« Der Mann, der das über »Born to be Blue« sagt, ist Matthias Winckelmann, Jazzproduzent und Mitbegründer des Jazzlabels »enja«.

Als dieser hat er viele Jahre mit Chet Baker gearbeitet und kannte den 1988 in Amsterdam ums Leben gekommenen Musiker mehr als gut. Nebenbei bemerkt: Wer etwas über die Person Chet Baker erfahren möchte, unterhält sich am besten mal mit Winckelmann – und plant dafür viel Zeit ein.

Doch zurück zum Film. Biopics sind so eine Sache. Biopics sind eine Gratwanderung. Immer. Denn beispielsweise machen Nickelbrille und lange Haare aus einem Schauspieler noch lange keinen John Lennon! Und auch straff nach hinten gekämmtes Haar, ausgemergelte Züge und Accessoires wie Sonnenbrille und lässige Sixties-Anzüge machen aus Ethan Hawke keinen Chet Baker.

Ein Porträt mit großer Intensität

Aber etwas ist anders hier: Zum einen kommt Hawke nah an die gängige Vorstellung von diesem tragischen und faszinierenden Musiker heran. Er hat nicht ganz die passende Physiognomie. (Der Schauspieler Stephen McHattie, der den Vater Chesney Baker Senior, einen Farmer in Oklahoma, spielt, sehe dem echten Baker späterer Lebensphasen viel ähnlicher, merkt Matthias Winckelmann an.)

Zum anderen aber beeindruckt die große Intensität, mit der Ethan Hawke Chet Baker spielt. Er versucht nicht, ihn zu kopieren oder nachzuäffen. »Chet Baker fasziniert mich, weil er sich einerseits mit den Drogen selbst umbrachte, aber andererseits so hart darum kämpfte, durch seine Musik zu leben. Wichtig war mir allerdings, die Person jenseits des Junkies zu zeigen.

Ein Porträt von Chet Baker, das ohne Mitgefühl für ihn auskommt, hätte mich nicht interessiert. Genauso wenig eines, das all seine schwierigen Seiten beschönigt. Dieser Mann hatte viele Probleme, doch von denen wollte ich voller Liebe erzählen.«

Ethan Hawkes außergewöhnliche Vorstellung verwandelt das glamouröse Rätsel um Chet zu einem glaubwürdigen, bisweilen auch pathetischen Charakter, der nur für zwei Dinge lebt: die Trompete zu spielen und sich Heroin zu spritzen.

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