Orchestra | Von Dieter Adam

Der CSO-Paukist David Herbert im Kurzinterview

CSO
Foto: David Herbert privat

Eigentlich wollte Dieter Adam in Chicago nur die Midwest Clinic besuchen und bei der Ge­legenheit bei JG Percussion nach neuen Schlägeln der Sorte “David Herbert Signature” ­Ausschau halten. Dass es dann gleich zu einem Treffen mit dem Solo-Pauker der Chicago Symphony (CSO) kommen sollte – umso besser.

Jason Ginter von JG-Percussion nämlich hatte das Treffen vorgeschlagen und eingefädelt. In Chicago besuchte man dann die heiligen Hallen des Chicago Symphony Orchestra an der Michigan Avenue. David Herbert erwies sich als offener, kommunikativer Zeit­genosse und führte backstage. Unser Autor ­lernte, dass der Trend eindeutig zu fünf Paukensätzen geht, man nie genug Mallets haben und durchaus auch in Chicago nahe am Arbeitsplatz wohnen kann. David Herbert legt bis dahin etwa 400 Meter zurück, davon 300 vertikal im Wolkenkratzer gegenüber der Symphony Hall…

David, Sie sind seit 2013 Solo-Pauker des CSO, des Chicago Symphony Orchestra. Erzählen Sie uns ein bisschen über ihre musikalische Entwicklung. Hatten Sie sich früher vorgestellt, Schlagzeuger zu werden?

Meine Eltern waren beide Pianisten, also begann auch ich im Alter von vier Jahren mit dem Unterreicht am Klavier. Perkussion hat mich bis zum High-School-Alter – also mit 14 – nicht sonderlich interessiert, aber meine Eltern haben mich er­mutigt, Schlagwerk zu lernen, um mich rhythmisch weiter zu verbessern.

Welche Stationen haben Sie als “Professionell” durchlaufen, bis Sie 2013 die Stelle beim CSO angetreten haben?

Nach dem Schulabschluss bin ich zuerst der New World Symphony in Miami/Florida bei­getre­ten. Danach folgten 18 Jahre bei der San Francisco Symphony und schließlich dann das CSO.

Wie verlief Ihr Weg zum Solo-Paukisten? ­Sicher gibt es weitere Instrumente, die sie beherrschen.

Ich war immer sehr an Pauken interessiert – schon wegen der Parallelen zum Klavier. Anstatt der Tasten, mit denen man die Hämmerchen des Klaviers bedient, habe ich bei den Pauken die “Hämmerchen” in der Hand. Außerdem liebe ich es, die Pauken-Stimmen der großen Komponisten wie zum Beispiel Bach, Mozart, Haydn, Beethoven, Brahms oder Schubert zu spielen.

Wie sieht Ihr derzeitiges Pauken-Setup aus? Gibt es Präferenzen hinsichtlich Marken, Fellen oder Mallets? 

Meine Instrumente sind handgefertigte Pauken “Dresdner Modell” aus Denver/Colorado. Das sind unglaublich tolle Instrumente, die nach meinen Anforderungen gebaut wurden. Bespannt sind diese meist mit Naturfellen. Bei den Schlägeln nutze ich viele verschiedene Modelle aus Deutschland, den USA und Österreich.

Ich habe gesehen, dass Sie beide Pauken-Aufbau-Varianten – “deutsch” bzw. “amerikanisch” – spielen. Gibt es Gründe für die Auswahl des Setups? 

Seit Jahren spiele ich nur noch den deutschen Aufbau, also mit der 32“-Pauke auf der rechten Seite. Diese Variante kommt mir als Rechtshänder entgegen. Ich habe 2005 in San Francisco auf dieses Setup gewechselt; damals hatte das allerdings mehr akustische Gründe.

Seit 2010 ist Ricardo Muti Chefdirigent des CSO. Wie ist es, mit ihm zu arbeiten?

Ricardo Muti ist der beste Dirigent, mit dem ich je zusammenarbeiten durfte. Aus meiner Sicht der beste Dirigent der Welt. Er schafft es, dass ich mich jeden Moment auf der Bühne absolut konzentriere und ruft permanent Höchstleistungen ab.

Sie haben selber Timpani-Mallets mit Carbon-Griffen entwickelt, die weltweit unter ihrer Signature-Brand verkauft werden. Wie kam es dazu?

Ich suchte die optimale Mischung aus Schlägeln mit perfekt ausgewogenen Holzgriffen und der Reaktion von Mallets mit Bambus-Griffen. Mit Carbon-Griffen habe ich eine ausgezeichnete ­Mischung der Vorteile beider Welten: außer­gewöhnliche Balance, exzellenter Ton und Ansprache.

CSO
David Herbert mit dem Autor Dieter Adam
Welche Personen haben Sie in Ihrem Musiker-Leben am meisten beeinflusst? 

Roland Kohloff war mein Lehrer in New York und hat mich tiefgreifend geprägt. Maestro Michael Tilson Thomas hat stark mein Selbstvertrauen geprägt und gab mir unglaubliche Möglichkeiten in San Francisco. Ich bin beiden sehr dankbar! 

Ich habe außerdem bei Peter Sadlo in Deutschland studiert und Richard Holmes hat meinen Werdegang zu Beginn meines Studiums stark beeinflusst.

Wie sieht Ihr Tagesablauf neben den Tutti-Proben aus?

Ich lerne auch heute noch viel über Musik. Außerdem mag ich es, mich mit Finanz-Themen und Weltgeschichte zu beschäftigen. Meine Frau ist Kunstmalerin, ich lerne auch von ihr viel über Kunst und Kunstgeschichte.

Und wie ist Ihr Leben außerhalb des CSO? 

Ich fühle mich von Jahr zu Jahr besser, stärker, gesünder – sowohl physisch als auch emotional. Das stärkt auch mein Selbstvertrauen – und all das versuche ich an meine Schüler weiter­zu­geben, die mich immer wieder herausfordern, mein Bestes zu geben.

Was war der größte Moment in Ihrem Musiker-Leben? 

Ich denke, das war der lange Prozess bis zur Aufführung von William Krafts “Timpani Concerto #2”. Es bedeutete eine lange Kooperation zwischen Komponist, Musiker, Instrumentenbauern und Dirigent Michael Tilson Thomas, der die San Fancisco Symphony überzeugte, das Werk in Auftrag zu geben und letztlich aufzuführen. Das hat einige Jahre gedauert und viel Einsatz aller Beteiligten gefordert.

Womit kann man Sie ärgern?

Da gibt es weniges. Ich mag es nicht, wenn man respektlos mit Musik umgeht, Noten auf dem Boden herumliegen lässt oder lustlos-aggressiv darin herumblättert. Und manchmal ärgere ich mich, wenn man meine Entschlossenheit unterschätzt…

Welche drei Dinge findet man immer in Ihrem Kühlschrank?

Weißwein, Parmigiano Reggiano, Ziegenkefir.

Und Ihr größtes Geheimnis?

Ich kann einfach meine Gefühle nicht zurück­halten – egal, wie sehr ich das versuche. Das ist wohl mein größtes Manko – und nicht wirklich ein Geheimnis, aber etwas, was ich partout nicht ändern kann.

CSO
Dieter Adam vor der Chicago Symphony Hall