Der venezolanische Dirgent Gustavo Dudamel hat als 20-Jähriger einmal gesagt, dass es keinen Unterschied mache, »ob man mit 20 oder 80 am Pult steht«. 15 Jahre später räumte er allerdings ein: »Es gibt einen Unterschied im Wissen und in der Erfahrung.« Dass diese beiden Parameter einen entscheidenden Einfluss auf Probenmethodik und Orchesterführung haben, weiß auch Manuel Epli.
Herr Epli, nach drei sehr gut besuchten Seminaren veranstalten Sie im Juli Ihr viertes Seminar. Um was geht es denn dieses Mal?
Manuel Epli: Im Sommer geht es um das Thema Probenmethodik und Orchesterführung. Beim Seminar im vergangenen Juli mit den Standardsituationen der Orchesterschulung ging es um die inhaltliche und didaktische Komponente, dieses Mal geht es mehr um die prozessuale Komponente, die Methodik. Wir sprechen im Seminar zum Beispiel über die zwei Dirigententypen.
Der eine ist der »Durchspieler«, der andere der »atomare Prober«. Der Durchspieler bekommt in seinen Proben keinen Inhalt vermittelt, der atomare Prober schafft es dagegen nicht, die erarbeiteten Inhalte in einen Gesamtzusammenhang zu setzen. Trotzdem können beide Typen voneinander lernen.
»Lernen« ist ein gutes Stichwort. Kann man das Thema »Probenarbeit« denn überhaupt lernen? Gehört da nicht auch viel Erfahrung dazu?
Sicher, Erfahrung ist immer gut. Es ist nur so, dass Erfahrung ohne das entsprechende Wissen relativ wenig wert ist. Ein Dirigent mit 30 Jahren Erfahrung ohne das entsprechende Fachwissen ist nicht besser als ein Kollege mit fünf Jahren Erfahrung, der aber weiß, worum es geht.
Wissen ist die Voraussetzung, dann kommt Erfahrung. Aber zurück zum Kern Ihrer Frage: Wir Menschen sind hervorragend im Erkennen von Mustern. Wenn wir einmal das Prinzip hinter etwas verstanden haben, können wir das Vorgehen bzw. den Prozess, der sich dahinter verbirgt, immer wieder erfolgreich anwenden und systematisieren.