Als der Bundeskanzler Helmut Kohl im Jahr 1990 in Bezug auf die Wiedervereinigung von »blühenden Landschaften« sprach, meinte er zwar in erster Linie die ökonomische Zukunftsperspektive für die neuen Bundesländer, doch ebenso hätte man das Zitat auf die Musiklandschaft beziehen können. Mit dem Unterschied, dass es in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen eine florierende Musiklandschaft gab, von der auch die (damals) westdeutschen Länder zu profitieren hofften. Katja Brunk sprach mit Jörg Küttner, dem neuen Landesmusikdirektor im Sächsischen Blasmusikverband (SBMV), über den Einfluss der Wende und den aktuellen Stand der Dinge in Sachsen. Küttner steht seit 35 Jahren auf der Bühne der Blasmusik. Als Dirigent des JBO Zwickau hat er das Orchester zielstrebig weiterentwickelt und zuletzt zum Prädikat »ausgezeichnet« in der Höchststufe geführt.
Sie haben die Blasmusikszene in Sachsen ja vor und nach der Wende miterlebt. Wie hat sich die Blasmusiklandschaft in den neuen Bundesländern verändert?
Beide Teile unseres Landes hatten in den Jahren vor der politischen Wende eine leistungsfähige Blasmusikszene aufzuweisen. Sie reichte von Kinder- und Jugendorchestern über Werks- und Firmenorchester bis hin zu professionellen Rundfunkblasorchestern. Die musikalische Ausbildung im Amateur- und Jugendbereich erfolgte sowohl im Einzelunterricht als auch in Gesamtproben. Die Unterrichtsentgelte wurden dabei durch den gesellschaftlichen Träger stark subventioniert. Nach 1989 wurden viele Firmen, Betriebe und Institutionen aufgelöst. Die Zukunft der Blasorchester, das Sichern der qualitativ hohen künstlerischen Tätigkeit und musikalischen Aus- und Weiterbildung, die Beschaffung und Erhaltung des Instrumentariums sowie die Organisation des Vereinslebens musste anders, zum Beispiel über Förderung und Sponsoring, gesichert werden. Es kam zu vielen Vereinsgründungen, aber leider auch zu zahlreichen Auflösungen qualitativ ausgezeichneter Klangkörper, wie zum Beispiel des Werksorchesters des Sachsenring-Automobilwerkes Zwickau.