Orchestra | Von Jürgen Wieching

Der Equalizer im Ausgangssignal. Jupiter-Workshop für Blasmusik

EQ

In der vorherigen Folge dieses Workshops (BRAWOO 7-8/2021) wurde die Bedeutung und Funktion des Equalizer (EQ) in einem Eingangskanal erklärt. Bei einem analogen Mischpult sind die Tonbearbeitungsmöglichkeiten mit drei Frequenzbändern auch schon ausgeschöpft. Um den Klang der Tonanlage (PA) an den Veranstaltungsraum anzupassen, wird ein zu­sätz­licher EQ für das Ausgangssignal benötigt. Dazu kommen noch Ausgangssignale, die die Monitor­laut­sprecher für die Künstlerinnen und Künstler speisen. Auch hier ist die Möglichkeit einer Klangkorrektur sehr willkommen.

Grundsätzlich gibt es zwei wesentliche Anwendungsszenarien für einen Equalizer im Ausgangssignal:

1. Die Stereosumme oder der Hauptmix

Der Raum, in dem eine Veranstaltung stattfindet, ist akustisch “schwierig”. Ursache können zum Beispiel “schallharte” parallele Wände aus Stein, Beton oder Glas sein. Hier können durch die Schallreflexionen sogenannte “stehende Wellen” entstehen. Bestimmte Frequenzanteile im Tonsignal werden so überhöht oder ausgelöscht. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die lange Nachhallzeit, da die Wände den Schall im Bereich der oberen Frequenzen gut reflektieren, aber nur wenig absorbieren.

In diesem Fall sind häufig die Frequenzen im oberen Mittenbereich problematisch: Der Klang wird unangenehm hart und auch akustische Rückkopplungen, sogenannte Feedbacks (das unangenehme Pfeifen oder Dröhnen, je nach Koppelfrequenz, das den eigentlichen Ton völlig überlagert), können eine Folge der Anhebung hoher Frequenzanteile im Signal des Hauptmixes sein. Es kann aber auch durch eine ungünstige Position der Lautsprecher im Raum zu Klangproblemen kommen. Wenn Lautsprecher in Ecken oder nah an Wänden positioniert werden, kann das zu einer Verstärkung von tiefen Frequenzen führen. Der Gesamtklang wirkt dann durch die Überbetonung tiefer Frequenzanteile undifferenziert und wird als “dröhnend” empfunden.

Ein Anwendungsbeispiel:

Ein beliebter Ort für Blasmusik sind Festzelte. Hier findet man zwar keine schallharten und parallelen Wände, dennoch führt das Reflexionsverhalten von Zeltplanen zu typischen Klangverschiebungen und zu einer Überhöhung von Frequenzen im Bereich um 1 bis 1,5 kHz. Um den Klang an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen, könnte man in jedem Eingangssignal den entsprechenden Frequenzbereich durch den Kanal EQ reduzieren. Der Nachteil ist – abgesehen davon, dass das bei jedem Eingangssignal einzeln erfolgen müsste –, dass nun ein wichtiges Frequenzband fehlt, um den individuellen Klang des Instruments anzupassen. Stattdessen korrigieren wir mithilfe eines EQ den Klang des gemischten Haupt­signals und reduzieren störende Frequenzen, bis der Gesamtklang angenehm wird.

2. Der EQ im Monitorweg

Die wichtigste Funktion eines EQ im Monitorweg ist es, unangenehme Rückkopplungen zu vermeiden. Rückkopplungen entstehen, wenn durch den Monitor bestimmte Frequenzen so verstärkt werden, dass diese durch das verwendete Mikrofon wieder aufgenommen werden. Das Signal “schaukelt sich auf” und eine Rückkopplung entsteht. Wenn die Gesamtlautstärke des Monitors zurückgenommen wird, verschwindet die Rückkopplung zwar, aber der Künstler hört sich vielleicht auch nicht mehr. Also werden die Rückkopplungsfrequenzen im Monitorsignal reduziert, sodass die Gesamtlautstärke wieder angehoben werden kann. Mög­licher­weise kommt es dann, ab einer gewissen Lautstärke, zur Rückkopplung einer anderen Frequenz, dann wird diese ebenfalls reduziert usw.

Eine weitere wesentliche Funktion eines EQ im Monitorweg ist es, den Klang des Signals an die Bedürfnisse der Musikerin oder des Musikers anzupassen. Sängerinnen und Sänger benötigen eine gute Stimmverständlichkeit. Diese lässt sich durch Anheben des Frequenzbereichs um 2 kHz oder durch Absenken der Tiefmitten um 300 Hz erzielen. Da Monitorlautsprecher fast immer auf dem Boden stehen oder liegen, kommt es durch diese Position auch wieder zu einer Überhöhung der tiefen Frequenzen, die zu einem Dröhnen oder durch die Überlagerung der wichtigen Mittenfrequenzen zu einem undifferenzierten Klang führen kann. 

Analog

In der analogen Mischpultwelt werden für die beschriebenen Anwendungsfälle externe Equa­lizer eingesetzt. Bewährt haben sich – insbesondere im Live-Einsatz – sogenannte Grafische Equalizer (Graphik EQ). Diese verfügen typischerweise über 31 Frequenzbänder im Abstand von 1/3 Oktave und werden deshalb auch “Terzband”-Equalizer genannt. Durch die den ent­sprechenden Frequenzen zugeordneten Regler lassen sich diese Frequenzen mit einer festen, schmalbandigen Filtergüte (Constant Q) an­heben oder absenken. Durch die Position der Regler wird der Verlauf der Frequenzkorrektur grafisch abgebildet – daher wird der Name Grafischer Equalizer abgeleitet. Im Signalweg befindet sich der EQ zwischen Mischpultausgang und Verstärker, das heißt, das Signal wird aus dem Mischpult in den EQ geführt, dort entsprechend »entzerrt« und von da in den Verstärker geführt. Einige analoge Mischpulte, insbesondere die, die schon einen Verstärker eingebaut haben (sogenannte Powermixer), haben oft auch einen reduzierten Graphik EQ zur Anpassung der Stereosumme integriert.

Analoger Graphik EQ

Ich habe in meinem Fundus, ganz hinten in einer Ecke, noch einen analogen Graphik EQ gefunden (siehe Abbildung 1): Wie auf dem Bild zu erkennen, handelt es sich dabei um einen EQ mit “nur” 2 x 15 Frequenzbändern, die im Abstand einer 2/3 Oktave angeordnet sind. Interessante Zusatzfunktionen sind der zuschaltbare Lowcut bei 40 Hz und die roten Dioden über den Frequenzbändern, die zum FLS (Feedback Locating System) gehören. Kommt es zu einem Feedback, leuchten die Lampen der entsprechenden Frequenzen, sodass diese leicht lokalisiert und abgesenkt werden können.

EQ
Abbildung 1: Modell Peavey QF 215, mit 2/3 Oktav Filter, Constant Q (Q = 2.3) und FLS (Feedback Locating System)

Obwohl sich die externen Graphik EQ jahr­zehnte­lang im harten Livemusikbetrieb bewährt haben, gibt es aus heutiger Sicht einige Nach­teile: Die Geräte sind ab einer gewissen Qualitätsstufe nicht billig und es werden für eine Anlage mit Front (Main Mix L/R) und zwei bis vier Monitorwegen entsprechend zwei bis drei Equalizer mit je 2 x 31 Frequenzbändern benötigt. Diese werden zum besseren Transport üblicher­weise in ein “Siderack” eingebaut, das nicht nur angeschafft, sondern auch mittransportiert werden muss. Weitere Monitorwege sind jeweils mit der Anschaffung eines weiteren EQ verbunden, die Flexibilität ist also eingeschränkt. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Geräte oder auch die Verkabelung der EQ zu Störungen führen kann. Hier hilft ein pfleglicher Umgang und sorgfältige Wartung, diese Fehlerquellen zu minimieren.

Digital

Graphik EQ finden sich auch in der digitalen Mischpultwelt. In einem digitalen Mischpult werden sie durch entsprechende Algorithmen nachgebildet und grafisch im Display des Mischpults dargestellt. Die Bedienung der virtuellen EQ erfolgt wie bei den analogen Pendants über die entsprechenden Fader, die entweder per Touchscreen direkt bewegt oder durch Maus oder andere Encoder bewegt werden können. Gleichzeitig lassen sich die Kanalfader bei vielen Pulten zu EQ Fadern umschalten, sodass eine Bedienung des EQ über »echte« Regler haptisch möglich ist.

Auf den Abbildungen 2 und 3 sind zwei Beispiele von Graphik EQ in digitalen Mischpulten zu sehen.

Equalizer
Abbildung 2: Ansicht SQ MixPad von Allen & Heath
EQ
Abbildung 3: Ansicht GLD Editor von Allen & Heath

Vorteil Digital

Die größten Vorteile der Equalizer in digitalen Mischpulten sind, dass diese für alle möglichen Ausspielwege zur Verfügung stehen. Wie im oberen Beispiel zu sehen ist, bietet das Pult acht mögliche Monitorwege (rechts, Aux 1 bis Aux 8), für die zusammen mit dem Main Mix und mög­lichen Matrix Mixen jeweils ein eigener Graphik EQ zur Verfügung gestellt wird. Weiterhin ist der Graphik EQ mit einer Frequenzanalyse (RTA = Real Time Analyzer) verbunden, sodass die Frequenzen von Rückkopplungen schnell ausfindig gemacht und korrigiert werden können.

Vor- und Nachteile im Vergleich von Graphik EQ und Parametrischem EQ in digitalen Mischpulten werde ich in der nächsten Ausgabe dieses Workshops erklären.

Bis dahin viel Spaß beim Knöpfchendrehen 

Jürgen “BIG JAY” Wieching
ist seit 20 Jahren festes Mitglied von Albie Donnelly’s Supercharge. Als Baritonsaxofonist der “Killerhorns”, dem Bläsersatz von Albie Don­nelly’s Supercharge, wirkte der Profimusiker bei zahllosen Liveshows und Studioproduktionen mit. Er hat als Endorser und Dozent für JUPITER intensive Workshops gestaltet und über viele interes­sante Workshopthemen referiert. Jürgen Wieching spielt Saxo­fone der “JUPITER Artist”-Serie. 

www.jupiter.info