Brass, Wood | Von Hans-Jürgen Schaal

Der Hardbop. Das Stichwort

Hardbop
Horace Silver (Foto: Dimitri Savitski, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3529340)

Für den Trompeter Miles Davis hatte der Hardbop “das Feuer und die Improvisationslust des Bebop”, verbunden mit “diesem funky Blues-Ding”. Erste Klassiker des neuen Stils (1954) hießen “The Preacher” und “Walkin’” – beide Stücke wurden zu Jazz-Standards.

Im Cool Jazz und Westcoast-Jazz griffen (weiße) Musiker einst auf Elemente der europäischen Klassik zurück – dezente Intonation, Kanonformen, sogar Reihentechnik. Im Hardbop dagegen erinnert man an eine andere “Klassik”, nämlich die der Afroamerikaner: an Blues, Gospel und Worksong. Der Hardbop-Stil wurzelt zwar im Bebop, aber seine Harmonien sind weniger kompliziert, die Tempi weniger schnell, die Improvisationen elementarer. Meistens haben die Chorusse 12, 16 oder 32 Takte.

Frage- und Antwortphrasen sind beliebt

Man bevorzugt Blues- und Spiritual-Form, Frage- und Antwortphrasen sind beliebt. Die Tonalität der Themen tendiert zur Pentatonik, ist aber oft gespickt mit zusätzlichen Blue Notes. Besonders wichtig ist im Hardbop der Groove: ein kräftiger Swing oder Shuffle, häufig mit starkem Backbeat (Tamburin!) oder einem rhythmischen Vamp und meist in mittlerem Tempo. Man empfand den Hardbop seinerzeit als “funky” – sein Ausdruck war ungeschönt, erdig und echt, auch ein wenig schmutzig, hausgemacht. Besonders beliebt war dieser Groove in den schwarzen Clubs von Philadelphia, Pittsburgh oder Detroit. 

Viele assoziierten mit dem gospeligen Hardbop vor allem die Black Church, sprachen von Gospel-Jazz, Pulpit Jazz, Amen Jazz. Typische Stücktitel lauteten nicht umsonst “The Sermon”, “Sermonette”, “Gospelette”, “Prayer Meetin’”, “Moanin’”, “A Baptist Beat”, “Preach Brother”, “Camp Meetin’”, “Blue Hymn”, “Hallelujah”, “The Chant” usw. Initiiert wurde der Stil 1954 zwar von einem Pianisten (Horace Silver) und einem Schlagzeuger (Art Blakey), im Mittelpunkt aber standen ganz klar die Bläserstimmen – denn sie waren die eigentlichen “Prediger” im Gospel-Jazz. Man nannte ihre Spielweise ge­legent­lich sogar “Preachin’” oder “Shoutin’”. Der Saxofonist Cannonball Adderley erklärte 1959 das Stück “This Here” so: “Es ist gleichzeitig ein Shout und ein Chant. Kommt darauf an, was Sie über die Wurzeln der Kirchenmusik wissen. Ich meine: der Soul-Kirchenmusik. Ich meine nicht Bach-Choräle, das ist etwas anderes.” 

Hardbop
Typischer Hardbop-Bläsersatz aus Horace Silvers “Señor Blues”

Bläserfront aus Trompete und Tenorsaxofon

Ganz typisch für den Hardbop ist eine Bläserfront aus Trompete und Tenorsaxofon. Ein berühmtes Team waren einst Blue Mitchell (Trompete) und Junior Cook (Tenorsax), die von 1959 bis 1964 den Kern von Horace Silvers Quintett bildeten, oder auch Lee Morgan und Benny Golson, mit denen 1958 die “Jazz Messengers” neu starteten. Gelegentlich erweiterte man die Kombination “Trompete & Tenorsax” auch noch durch eine Posaune. So stellten Freddie Hubbard, Wayne Shorter und Curtis Fuller bei den “Jazz Messengers” von 1961 bis 1964 eine dreiköpfige Bläserfront. Seltener war die Kombination “Trompete & Altsaxofon” – das bekannteste Beispiel sind die Adderley-Brüder Nat und Cannonball. Zuweilen gab es eine dreiköpfige Bläsergruppe aus Trompete, Tenorsax und Altsax. Im Hardbop verwendetet man übrigens auch die Hammond­orgel – sie wurde ebenfalls gerne mit einem Tenorsaxofon kombiniert. 

Das bekannte Jazzlabel Blue Note verdankt dem Hardbop sein weltweites Renommee. Viele führende Hardbop-Bläser machten auf Blue Note bedeutende Platten, darunter die Trompeter Donald Byrd, Kenny Dorham, Freddie Hubbard und Lee Morgan sowie die Saxofonisten Lou Donaldson, Johnny Griffin, Joe Henderson, Clifford Jordan, Jackie McLean, Hank Mobley, Wayne Shorter und Stanley Turrentine. Um 1960 ent­wickelte sich aus dem Hardbop der sogenannte “Soul-Jazz”. In ihm war der (ternäre) Swing-Rhythmus durch einen (binären) Achtelnoten-Beat ersetzt, der tanzbarer ist und mit Latin-Rhythmen kombiniert werden kann. Der Soul-Jazz brachte einige echte Hits hervor, zum Beispiel “The Sidewinder” (1964) oder “Mercy Mercy Mercy” (1966). Auf den Hardbop-Platten in den 1960er Jahren griff der Soul-Jazz-Rhythmus immer weiter um sich.

Bisher erschienen: “Stichwort Rohrblatt-Trio“, “Stichwort Saxofonquartett“, “Stichwort Marsyas” und “Stichwort Tristantrompete”, “Stichwort Naturtonreihe”, Stichwort Saxofonkonzert, Stichwort Sarrusofon, Stichwort Gucha, Stichwort Jazzsolo, Stichwort Orgel, Stichwort Posaune, Stichwort Multiphonics, Das Blechbläserquintett, Die Duduk. Die Aida-Trompete, Das Xaphoon, Der Rattenfänger, Der Zink, Die Sackpfeife