Szene, Wood | Von Renold Quade

Der Klarinettenmacher – Abschluss des »Jahres der Klarinette«

Das Jahr 2015 erklärte der Schweizer Blasmusikverband zum »Jahr der Klarinette«. Eine Herzensangelegenheit, wie der Verband selber proklamierte. Wollte man doch mit dem Fokus auf dieses vielseitige, ausdrucksstarke und flexible Holzblasinstrument Tendenzen entgegenwirken, die es im schlechtesten Fall zukünftig zum Mangelinstrument machen könnten. Und dabei ist die Klarinette nicht nur numerisch wichtig im Blasorchester. Ihr chorischer Einsatz ist von enormer Bedeutung für einen ausgewogenen Gesamtklang.

Das Jahr der Klarinette

Landauf, landab stellte die Schweiz da so einiges auf die Beine. Die Schweizer Komponisten Franco Cesarini und Christoph Walter wurden mit Werken für Soloklarinette und Blasorchester beauftragt, Mario Bürki schrieb für Klarinettenquartett. Unter dem Motto »Klang auf vier Rädern« fuhr ein »Klarinettenbus«, bestückt mit verschiedensten Instrumenten der Klarinettenfamilie, mit anschaulichem Dokumentations-, Werbe- und Infomaterial durch Stadt und Land.

Flashmobs, Rekordversuche und natürlich auch unzählige Jahreskonzerte wählten das Thema Klarinette. Das Jugendblasorchester Luzern, zusammen mit der Swiss Clarinet Society, präsentierte zum Beispiel im und rund ums KKL ­Klarinettenensembles. Aber nicht nur bereits bestehende, sondern man lud auch ein zu motivierenden »ad hoc«-Ensembles.

Partitur und Recherche zur Oper »Der Klarinettenmacher«

Etwas ganz Außergewöhnliches konnte nun die Musikschule Burgdorf zum Jahreswechsel anbieten. Hatte doch der Klarinettist und Co-Schulleiter Andreas Ramseier vor Jahren, eher zufällig, in einem Musikantiquariat in Heidelberg einen Klavier­auszug der Oper »Der Klarinettenmacher« gefunden. Er ahnte natürlich nicht, welche Bedeutung dieses Werk 2015 erlangen würde, geschweige denn, dass im Casino Theater Burgdorf die Geburt der Klarinette auf so besondere Art und Weise gefeiert werden würde.

Herausforderungen bei der Umsetzung des Projekts

Ramseiers nun aktuelle Recherche hinsichtlich von Orchestermaterial und Stimmen in Theatern wie Bamberg, Kiel, Trier oder Hamburg, bei denen das Stück auf dem Spielplan stand, verliefen erfolglos. »Der Klarinettenmacher« war also praktisch verschollen. Somit blieb den Burgdorfern nichts anderes übrig, als das Stück vollkommen neu anzugehen.

»Die Tatsache, dass nicht ausreichend Geld für eine klassisch-romantische Orchesterbesetzung, für großen Chor und eine aufwendige Ausstattung zur Verfügung stand, nutzten wir als Chance, die musikalische Substanz des Werks mit neuer Instrumentierung etwas zu »ironisieren« und somit einen durchaus neuen Hörwinkel zum Stück zu schaffen«, weiß Andreas Ramseier, immer noch mit Begeisterung in den Augen, zu berichten. »Alle Überlegungen mündeten schlussendlich in einer Orchesterbesetzung mit Akkordeon, Flöte (Saxofon), Klarinette (Bassklarinette), Violine, Bratsche, Cello und Kontrabass. Dazu auf der Bühne ein Ensemble von neun Sängerinnen und Sängern, eine Orgel und zwei Gitarristen.

Roger Müller schuf für unsere Burgdorfer Interpretation ein farbiges und vielschichtiges Arrangement. Die salonmusikalische Besetzung, klanglich zunächst eher ungewöhnlich, anfangs auch nicht ganz unproblematisch, verband sich aber bestens mit dem Ansatz, den die Regie und die Ausstatter auf der Bühne verfolgten. Nämlich humoristische Distanz zu möglichen ›authentischen‹ Ansätzen zu gewinnen und ›Historisierendes‹ weitestgehend zu unterlassen.« Die Besetzung der Rollen und Musiker wurde fast ausschließlich vom Kollegium und vom Umfeld der Musikschule Burgdorf geleistet und den Chor bildete das Instrumentalensemble ökonomischerweise gleich noch mit ab.

Artikel in voller Länge als PDF downloaden