Orchestra | Von Alexandra Link

Der Komponist Daniel Muck

Daniel Muck
Daniel Muck (Foto: Helmut Lackinger)

Der aus Wien stammende Komponist, Dirigent, Dirigierlehrer und Musiktheorie-Dozent Daniel Muck (*1990) ist musikalisch vielfältig aufgestellt. Gelernt hat er bereits in seiner Jugend Violine, Kontrabass, Tenorhorn und Schlagzeug. Dieses Crossover führte dazu, dass er von Anfang an sowohl Sinfonieorchester und Blasorchester dirigierte und mittlerweile gleichwertig für Sinfonieorchester, Blasorchester, Brass Band und die verschiedensten Kammermusik-Ensembles komponiert. 

In nahezu allen dieser Ensemble-Formen hat er für seine Kompositionen und als Dirigent Preise gewonnen: Er bekam drei Kompositionspreise des österreichischen Komponistenbundes, einen Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich und einen Preis durch die Dr. Ernst Koref Stiftung verliehen. Daniel Muck gewann den Respighi Prize 2013 des Chamber Orchestra of New York. Im Juli 2014 war er Gast-Dirigent beim Youth Orchestra of Central Jersey und erhielt im darauffolgenden Herbst den Sonderpreis beim internationalen Busan Maru Musikfestival in Südkorea. Im Dezember 2014 feierte er sein Debüt in der Carnegie Hall New York und gewann im Januar 2015 den Brazosport Original Composition Contest in Texas. 2016 wurde Daniel Muck beim Strauß Contest »BePhilharmonic« (Wiener Philharmoniker) als Preisträger prämiert und wurde 2023 Ehrenmitglied des University of Northern Iowa Wind Ensemble. 

Bereits mit 15 Jahren komponierte er seine ersten Kammermusikwerke. Muck wurde nicht bewusst zum Komponieren motiviert, die Ideen waren plötzlich da und mussten auf’s Papier … Im Blasorchesterbereich waren die »Wizard Overture«, »Dancing Bubble« und die Sagenvertonung »Atra Femina« Werke, die ihm die Türen zu den Probelokalen und Konzertsälen der Blasorchester öffneten. Kürzlich machte er mit dem einstündigen Märchen-Ballett »Das verwunschene Schloss« auf sich aufmerksam. Dieses Bühnenwerk für Blasorchester aus seiner Feder hat ihn selbst davon überzeugt, dass stilisierte Tanzkunst und ein Blasorchester eine wunderbare Kombination sind.

Daniel Muck und die Pflichtstückliste des Österreichischen Blasmusikverbands

Während Daniel Muck in Deutschland noch eher ein Geheimtipp ist, stehen seine Werke schon seit Jahren regelmäßig in der Pflichtstückliste des Österreichischen Blasmusikverbands. Für das Jahr 2024/2025 wurde von Daniel Muck das Originalwerk »Minor Planets« in der Stufe E, also der höchsten Klasse, ausgewählt. Außerdem wurden die Arrangements zu »Labour and Love« (Peter E. Fletcher) in der Leistungsstufe D und Tänze aus Schwanensee von Peter I. Tschaikovsky in der Leistungsstufe gewählt. 

Daniel Muck arrangiert genau so gerne, wie er komponiert: »Komponieren bedeutet meist auch selbst zu instrumentieren. Der Begriff des Arrangierens vermischt sich oft mit dem Bearbeiten und Transkribieren. Hier gibt es viele verschiedene Schattierungen vom 1:1 umschreiben bis hin zum Verkürzen und Vereinfachen von vorhandener Musik. Ich bin für jede dieser Aufgaben offen, sofern der ästhetische Kontext zusammenpasst.« 

Für Blasorchester schreibt Daniel Muck, weil er darin aufgewachsen ist. Er hat jedoch noch einen weiteren gewichtigeren Grund für Blas­orchester zu schreiben. Dazu Daniel Muck: »Es gibt international keinerlei andere Orchesterform, die so konsequent und stetig Werke lebender Komponistinnen und Komponisten zur Aufführung bringt. Trotzdem war und ist es mir immer sehr wichtig, über den Tellerrand zu schauen. Aus diesem Grund habe ich auch als Hauptinstrument Kontrabass neben der Tuba studiert. Die Bassgeige ist und bleibt für mich nach wie vor ein schönes verbindendes Element zwischen Orchester und Blasorchester. Dadurch bekam ich auch immer stets Einflüsse von außen, die sich sehr gut in einem Blasorchesterwerk umsetzen ließen. Andererseits ist die Blasmusikliteratur für meine Streichorchesterwerke sehr inspirierend.« 

Psychologisches Spiel von Klang- und Geräuscheffekten

Für ihn ist es stets wichtig, das Publikum und das Orchester oder Ensemble mit einer Komposition in eine »perfekte« Stimmung zu versetzen. Dies kann einerseits ein psychologisches Spiel von Klang- und Geräuscheffekten sein. Andererseits aber auch eine reine Träumerei schöner Harmonien. Die Balance zwischen beiden Möglichkeiten zu finden, ist und bleibt eine Lebensaufgabe für ihn. 

Mucks Werke entstehen aus dem Nichts. Die Melodien kommen ihm plötzlich, etwa beim Autofahren, bei der Bahnfahrt oder bei handwerklichen Freizeittätigkeiten. Geht es aber um Kompositionsaufträge, die eine Deadline haben, so motiviert ihn meistens auch diese Situation positiv. Wenn er konkret weiß, für welche Besetzung, welches Schwierigkeitsniveau oder welchen Kontext er etwas zu schreiben hat, treibt es ihn noch zusätzlich an. Diese Parameter, die vom Auftraggeber abhängen, sind für ihn noch nie eine problematische künstlerische Einschränkung gewesen. Meist sieht er darin einen Ansporn, neue Wege zu gehen und zu entdecken. »Gute Musik für Amateur-Musizierende zu schreiben, ist für mich eine große Motivation«, sagt Daniel Muck.

Vorbilder

Wie jeder Komponist hat auch Daniel Muck Vorbilder. Und es verwundert nicht, dass es überwiegend die gleichen Komponisten sind, die auch andere Komponisten ihre Vorbilder nennen: Vivaldi, Bach, Haydn, Beethoven, Schubert, Dvořák, Mahler, Kaprálová, Orff und Williams … Unter seinen Vorbildern sind aber auch Jan Van der Roost und Thomas Ludescher, von denen er eine Zeit lang in seinem »Handwerk« unterrichtet wurde. Über seine Kompositionen sagt Daniel Muck: »Ich denke, das musikalische Gespür ist das eine. Das andere und vielmehr wichtigere sind musikalisch ›handwerkliche‹ Fähigkeiten. Ich habe mich mit jedem Instrument intensiv auseinandergesetzt und dadurch ein Gespür für die Instrumentation entwickelt. Viele Komponistinnen und Komponisten der Vergangenheit und der Gegenwart schätze ich deshalb sehr und habe sie mir als Vorbild genommen.«

Vor allem, was neu ist, neu oder ungewohnt klingt, haben die Dirigentinnen und Dirigenten sowie die Blasorchester erstmal eine Scheu. Vielleicht ist das der Grund, warum sich in der Blasorchesterwelt mehrheitlich eine einheitliche Tonsprache etabliert hat. Es ist eine Herausforderung für Daniel Muck, mit Kritik umzugehen, wenn er eben nicht das »übliche« Klangbild in seinen Kompositionen bedient. Trotzdem würde er jedem seiner Kollegen und Kolleginnen empfehlen, genau das zu tun. Die Zusammenarbeit mit Verlagen ist auch von der Vergangenheit geprägt, was sich teilweise in einer nicht so fairen Aufteilung der Geldeinnahmen niederschlägt. 

“Literatur? Man muss nur danach suchen!”

Von den Dirigentinnen und Dirigenten würde sich Daniel Muck wünschen, sich nicht nur in der Blasmusik-Blase von deutsch- und englischsprachigen Musikverlagen zu bedienen: »Die Fülle der Blasorchesterliteratur aus Frankreich, Ungarn, Skandinavien, Tschechien oder dem Mittelmeerraum ist uns zum Großteil leider sehr unbekannt. Nicht nur zeitgenössische, sondern auch Kompositionen von vor über 100 Jahren aus anderen Ländern haben eine hohe Qualität. Man muss nur danach suchen!«

Daniel Muck hatte das große Glück, aus dem Studium heraus vom Musizieren im Orchester, vom Singen im Chor, bis hin zum Dirigieren und Lehren an tertiären Bildungseinrichtungen wie der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien oder der Joseph Haydn Privathochschule in Eisenstadt, einen lückenlosen Übergang machen zu können. Daher liebt er es, in seiner Freizeit umso mehr traditionelle Blasmusik zu praktizieren. Er schätzt sehr, dass die Hilfsbereitschaft und der soziale Aspekt in der Blasorchesterszene immens groß sind. Allerdings könnte diese seiner Meinung nach noch mehr Anerkennung verdienen. Er findet auch den musikalischen Ehrgeiz, stets alle Genres abdecken zu können, bei den Blasorchestern beachtlich. Als Dirigierlehrer weiß er, dass eine gute Führungsperson in einem Musikverein enorm viel bewirken kann. Deshalb würde er sich für alle Blasmusikerinnen und -musiker, egal in welchem Eck der Landkarte man zu Hause ist, eine gleichermaßen gute Weiterbildungsplattform wünschen.

Arnold Schönberg

Und wie steht zum Zitat Arnold Schönbergs? »Denn wenn es Kunst ist, ist sie nicht für alle, und wenn sie für alle ist, ist sie keine Kunst.« Dazu wollte er sich jedoch nicht äußern, da er gerade an seiner Dissertation u. a. über Arnold Schönberg schreibt.

Die jungen Komponistinnen und Komponisten brauchen Chancen. Sie müssen sich ausprobieren können. Und deshalb braucht es Möglichkeiten, dass ihre Stücke auch aufgeführt werden. Die Zeitschrift BRAWOO und die Autorin dieses Artikels möchten die Erneuerung der Blas­orchester-Literatur unterstützen und mit einer Porträt-Serie dazu beitragen, dass junge Komponistinnen und Komponisten sichtbar werden. Damit sie hörbar werden, braucht es interessierte, mutige Dirigentinnen und Dirigenten sowie neugierige, offene Blasorchester.

Bisher erschienen: Andreas Ziegelbäck, Gauthier Dupertuis, Nelson Jesus, Georges Sadeler