Orchestra | Von Alexandra Link

Der Komponist Georges Sadeler

Sadeler
Foto: Eric Engel

Auf das Werk “Schola Vitae” des Luxemburger Komponisten Georges Sadeler (*1988) werden sich im Jahr 2025 einige deutsche Blasorchester näher einlassen. Es ist eines von zwei Pflichtstücken in der dritten Kategorie des Konzertwettbewerbs beim Deutschen Musikfest in Ulm/Neu-Ulm. 

Die Liste der Werke, die einen Kompositionspreis erhalten haben, ist lang: 
  • Erster Preis des 4. Internationalen Kompositionswettbewerbs »Artistes en Herbe« Luxemburg in der Kategorie »Senior« 2017 für »Rêverie«.
  • Erster Preis des 6. Internationalen Kompositionswettbewerbs für Märsche »Citta di Allumiere« in der Kategorie »Konzertmarsch« 2021 für »Dolomiti«.
  • Erster Preis des 1. Internationalen Wettbewerbs für Originalkompositionen für Jugendorchester »Piccolo è bello« in der Kategorie »Grad 0,5« 2021 für »First Flight to the Moon«.
  • Erster Preis des »3. Kompositionswettbewerbs für Jugendorchester (Trient) in der Kategorie B »Grad 2« 2022 für »Creepyville«.
  • Erster Preis des »Internationalen Kompositionswettbewerbs für Orchester »Hymne von Valcamonica« in Breno 2022 für »Petroglifi«.
  • Erster Preis beim 5. Internationalen Kompositionswettbewerb für Orchester Angelo Inglese« in der Kategorie B (symphonischer Marsch) 2023 für »Sun of Liberty«.

Die Karriere von Georges Sadeler zeigt, wie wichtig Kompositionswettbewerbe für junge Komponisten und somit zur Erneuerung des Blasorchester-Repertoires sind. Sie zeigt aber auch, wie wichtig gute Lehrer und die richtigen Partner sind. Georges Sadeler zu den Herausforderungen, vor denen er in seiner Anfangszeit als Komponist stand: “Eine Schwierigkeit bleibt jedes Mal ein neues, gutes und innovatives Werk zu schreiben, das sich von anderen Werken abhebt. Verlagstechnisch bin ich mittlerweile gut aufgestellt, Aufträge kommen und meine Werke verbreiten sich immer mehr. Doch das war nicht immer so, am Anfang ist der Weg steinig. Man muss Vertrauen bei den Dirigenten gewinnen, Verlage anschreiben und seine eigenen Werke promoten. Doch mit viel Fleiß und Arbeit wird es sich lohnen.” Seine Werke werden bei Symphonic Dimensions, dem Musikverlag von Otto M. Schwarz, herausgegeben. Otto M. Schwarz schätzt Georges ­Sadeler als Komponist und für seine Werke. “Georges ist ein junger Komponist mit großer intellektueller musikalischer Reife und perfektem Feeling für Klang und Instrumentation”, sagt Otto M. Schwarz über ihn.

Lehrer Marco Pütz

Einer seiner Lehrer war Marco Pütz, mit dem er immer noch freundschaftlich verbunden ist. Marco erinnert sich: »Georges kam etwa mit 9 Jahren in meine Saxofonklasse am Konservatorium Luxemburg. Ein lieber, etwas schüchterner Junge. Aber sehr bald erkannte ich seine Begabung und nach zehn Jahren schloss Georges sein Studium 2007, mit 19 Jahren ab«  (Diplôme Supérieur mit Auszeichnung, entspricht in etwa einem Bachelor an einem Königlichen Konservatorium in Belgien).

Bald folgte die Aufnahmeprüfung für die Militärkapelle Luxemburg, die er auch mit Bravour bestand und nach kurzer Zeit besetzte Georges das 1. Pult des Saxofonregisters (1. Alt- und Sopransaxofon). »Ein paar Jahre später schrieb sich Georges dann in meine Klasse für Instrumentation / Orchestration (Blasorchester) ein«, erzählt Pütz weiter, »wo er auch zwei Jahre später seinen Abschluss machte. Auch in jener Zeit wurden in der Luxemburger Militärkapelle etliche Werke aus meiner Feder aufgeführt, die Georges – nach seinen eigenen Worten – dazu inspirierten, mit dem Komponieren eigener Werke zu beginnen. Dass Georges mal ein aufstrebender Komponist werden würde, hat mich bei seiner Begabung eigentlich nie überrascht. Besonders freut mich, dass er nicht nur ein ›Nischenkomponist‹ für Blasorchester geworden ist, sondern einer, bei dem das innovative Komponieren in vielen Sparten oberstes Anliegen ist und nicht etwa die kommerziell-gleichgeschaltete Massenproduktion, mit der man es leider allzu oft in dieser Sparte zu tun hat. Was einmal der Schwerpunkt seiner Kompositionen ausmachen wird, kann ich nicht sagen, aber Georges Sadeler wird seinen Weg als erfolgreicher Komponist gehen, da bin ich mir sicher!«

Erstes erfolgreiches Werk “Dolomiti”

Das erste erfolgreiche Werk von Georges Sadeler war der Marsch “Dolomiti”. Er gewann damit seinen ersten internationalen Kompositionswettbewerb in Italien und wurde – als Teil der Wettbewerbs-Bedingungen – beim italienischen Verlag Scomegna verlegt. Dadurch bekam er viel Aufmerksamkeit und eine größere Sichtbarkeit. Sein Werk »Double Concerto for Soprano Saxophone and Euphonium« (mit Blasorchester-Begleitung) hat er u. a. für sein Abschlussexamen des Kompositionsunterrichts geschrieben. Die Uraufführung mit der Mu­sique Militaire Grand-Ducale Luxemburg unter der Leitung von Lieutenant-Colonel Jean-Claude Braun spielte er Sopransaxofon. Zwar ist es bislang bei der Uraufführung geblieben, aber Sadeler hat die Hoffnung, dass es irgendwann erneut aufgeführt wird. »The old Fortress of Luxemburg – LUCILIN­BURHUC« hat für Georges Sadeler große Bedeutung: »Dieses Werk durfte ich für die offizielle Eröffnungszeremonie des Luxemburger Nationalfeiertags schreiben und ist original für großes Symphonieorchester mit gemischtem Chor und Knabenchor geschrieben. Die Uraufführung wurde live im Luxemburger Fernsehen ausgestrahlt, und es ist wahrscheinlich eines der Werke, die mich emotional am meisten berühren. Von diesem Werk gibt es mittlerweile eine Blasorchesterbearbeitung mit optionalem Chor, die bei Symphonic Dimensions Publishing verlegt ist.«

Georges Sadeler schreibt mittlerweile überwiegend Auftragswerke. Diese bringen zwar oft Einschränkungen im Schwierigkeitsgrad, in der Besetzung und in der Länge mit sich, aber diese Einschränkungen mag er. Denn die Vorstellung, dass er schreiben könnte, »was er will«, würde ihm fast zu viele Optionen geben. Meist klärt er im Vorfeld mit dem Auftraggeber die Stilrichtung ab, da er selbst stilübergreifend schreibt. Ohne das Gefühl, sich selbst treu bleiben zu können, würde er einen Auftrag aber gar nicht annehmen. Grundsätzlich kann er sich mit sehr vielen Stilen identifizieren – nicht nur beim Komponieren, sondern auch in seinem Hauptjob als Saxofonist. Neben seiner musikalischen Tätigkeit als Saxofonist beim Luxemburger Militärorchester spielt er nebenbei noch in einigen verschiedenen Bands: Von Bigband über volkstümliche Musik bis hin zu Hip-Hop. 

Georges Sadeler: “Mut zu neuen Werken!”

Von der Blasorchesterszene wünscht sich Georges Sadeler “Mut zu neuen Werken und neuen Komponisten, insbesondere zu zeitgenössischer Musik. Obwohl in der Blasmusik sehr viele neue Werke gespielt werden – im Gegensatz zum Symphonieorchester –, fehlt mir noch der Mut zu sogenannten ›No-Name‹-Komponisten. Es kursieren so viele gute und neue Werke im Internet, die leider nicht die verdiente Aufmerksamkeit bekommen. Das gleiche gilt für die Verlage: mehr Mut für Neues. Man kann die wirtschaftliche Komponente nicht ganz außen vor lassen, doch ohne Mut können keine neuen Namen in der Szene Fuß fassen.”

Die jungen Komponistinnen und Komponisten brauchen Chancen. Sie müssen sich ausprobieren können. Und deshalb braucht es Möglichkeiten, dass ihre Stücke auch aufgeführt werden. Die Zeitschrift BRAWOO und die Autorin dieses Artikels möchten die Erneuerung der Blas­orchester-Literatur unterstützen und mit einer Porträt-Serie dazu beitragen, dass junge Komponistinnen und Komponisten sichtbar werden. Damit sie hörbar werden, braucht es interessierte, mutige Dirigentinnen und Dirigenten sowie neugierige, offene Blasorchester.

Bisher erschienen: Andreas Ziegelbäck, Gauthier Dupertuis, Nelson Jesus