Sie alle haben diese Diskussion schon geführt: Kann Musik bewertet werden? Ist es nötig, Orchester miteinander zu vergleichen? Wettbewerb oder Wertungsspiel: Für was überhaupt? Und was passiert mit der Vereinsgemeinschaft, wenn die Punkte nicht so üppig ausfallen? Am Beispiel des internationalen Wettbewerbs “Flicorno d’Oro” in Riva del Garda soll dargelegt werden, dass es überaus bereichernd für Blasorchester sein kann, sich der musikalischen Herausforderung zu stellen.
Warum gerade der Wettbewerb in Riva del Garda?
Das Symphonische Blasorchester Volkach ist ein “Wiederholungstäter”. Es war 2009 schon einmal in Riva und wusste somit, was es in Riva erwartet. Das Orchester sehnte sich nach einer Orchesterfahrt wegen des gemeinschaftlichen Aspekts. Sowohl das Sinfonische Blasorchester Perg als auch die Filder Wind Symphony feiern in diesem Jahr ein Jubiläum. Eine Reise an den Gardasee war somit ein Geburtstagsgeschenk an die jeweiligen Musikerinnen und Musiker. Fast alle Dirigenten stellten fest, dass der Flicorno d’Oro nicht nur eine besondere musikalische Herausforderung für das Orchester ist, sondern sich auch positiv auf die Orchestergemeinschaft auswirkt. Sebastian Lastein dazu: »Ein Wettbewerb in Italien am Gardasee verbindet gleich zwei Sachen miteinander: Einmal der Wettbewerb an sich, mit der Möglichkeit sein Können unter Beweis zu stellen und eine Orchesterreise nach Bella Italia.«
Für die Musikkapelle Lengfurt steht im Vordergrund ganz klar “das gemeinschaftliche Erlebnis”, wie es Dirigent Michael Geiger ausdrückt. Leistungsorientierter spricht sich Paul Jacot aus: “Unser Orchester hat sich entschieden, am Wettbewerb Flicorno d’Oro in Riva del Garda teilzunehmen, um uns einer neuen künstlerischen Herausforderung zu stellen. Wir glauben fest daran, dass gemeinsame Ziele und Herausforderungen uns enger zusammenbringen und unsere Leistung als Ensemble verbessern können. Darüber hinaus sehen wir den Wettbewerb als eine Gelegenheit, uns mit anderen Orchestern aus verschiedenen Regionen auszutauschen und neue kulturelle Perspektiven kennenzulernen. Wir schätzen den kulturellen Austausch und hoffen, durch unsere Teilnahme internationale Anerkennung für unsere musikalische Arbeit zu gewinnen und unser Orchester einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Nicht zuletzt lieben wir es, unseren Wettbewerbsgeist zu zeigen, unsere Freude an der Musik zu demonstrieren und unser Bestes zu geben.”
Der Ehrgeiz der Musikerinnen und Musiker der Schwäbischen Bläserphilharmonie Neckar-Teck hat sich gelohnt: Herzlichen Glückwunsch zum Gesamtsieg des Flicorno d’Oro und zum 1. Platz in der Categoria Eccellenza, der höchstmöglichen Kategorie bei diesem Wettbewerb!
Erwartungshaltung vor dem Flicorno d’Oro
Die Erwartungshaltung im Vorfeld des Wettbewerbs war eher eine Vorfreude! Wolfgang Schwabl dazu: “Wir freuen uns auf einen bestens organisierten Wettbewerb, auf die Bewertung unseres Musizierens durch eine hochkarätige internationale Fachjury, auf das freundschaftliche Kräftemessen mit Orchestern aus anderen Regionen und Ländern und nicht zuletzt auf viele musikalische Erlebnisse und Begegnungen im Rahmen dieses großen Events.”
Dominik Wagner äußert sich: “Wir erwarten uns ein spannendes und aufregendes Wochenende, hoffen, dass der Ablauf des Wettbewerbs gut umgesetzt werden kann, da die 60 Orchester zu koordinieren eine große Herausforderung für die Organisation sein muss. Wenn wir dann noch musikalisch alles im Vorfeld erarbeitete gut abrufen können, fahren wir alle wieder glücklich heim.” Und Manuel Scheuring schreibt zur Erwartungshaltung des Orchesters: “An den Wettbewerb selbst haben wir keine konkreten Erwartungen. Das wäre meiner Meinung nach auch der falsche Ansatz. Prinzipiell können wir von der Teilnahme nur profitieren, die Orchestergemeinschaft stärken und uns durch eine intensive Vorbereitung auf den Wettbewerb auch musikalisch weiterentwickeln.”
Die Kategoriewahl
Beim Flicorno d’Oro stehen fünf Leistungskategorien zur Auswahl. Sie sind nicht unbedingt vergleichbar mit den Kategorien der Wertungsspiele der BDMV oder des ÖBV. Die tiefste Kategorie, die Terza Categoria, entspricht schon in etwa einer Mittel- bis Oberstufe, in BDMV-Sprache “Kategorie 3 – mittel” (1 = Sehr leicht, 6 = extrem schwer) oder in ÖBV-Sprache “Leistungsstufe B” (A ist die leichteste Stufe, E die schwerste in der Erwachsenen-Wertung).
Es ist weise, sich bei der Kategorie-Wahl am jeweiligen Pflichtstück zu orientieren. Thomas Asanger zu seiner Entscheidung, in der Categoria Superiore anzutreten: “Die Musik von Thomas Doss ist dem Orchester sehr vertraut und sie übt auch eine besondere Faszination auf unsere Musikerinnen und Musiker aus.” In der Categoria Superiore war “The Stone Guardians” von Thomas Doss Pflichtstück. Wolfgang Schwabl hat sich nicht nur genau das Pflichtstück angesehen, sondern sich auch Rat bei Kollegen geholt, die bereits am Flicorno d’Oro teilgenommen haben oder bereits Jurymitglied waren.
Josef Söllinger begründet die Wahl der Prima Categoria so: “Wir spielen in der Kategorie ›Prima‹, wobei wir lange hin und her überlegt haben zwischen ›Superiore‹ und ›Prima‹. Die Gründe für unsere Entscheidung sind vielfältig, wobei einer der Hauptaspekte jener war, dass unser Orchester keine fixe Besetzung hat, sondern sich von Projekt zu Projekt jedes Mal neuformiert. Dadurch ist das Niveau und auch die Leistungsbereitschaft im Vorhinein nur schwer abzuschätzen. In der Probenphase haben wir jetzt gemerkt, dass unsere Entscheidung genau richtig war, was auf keinen Fall heißen soll, dass wir kein sehr hohes Niveau oder eine geringe Leistungsbereitschaft haben.”
Eine Stufe tiefer antreten?
Das Soonwaldorchester hat sich auch auf Grund des geforderten Pflichtwerkes entschieden. Sebastian Lastein dazu: “Wir haben uns für die Kategorie ›Excellence‹ entschieden. Das Pflichtstück ›Colores‹ von Jan Van der Roost hat es uns sehr angetan. Dennoch ist dieses Werk eine enorme Herausforderung für das Orchester. Die Klänge, die dort herausgearbeitet werden müssen, zeigen die komplette Bandbreite an Farben auf, die ein symphonisches Blasorchester zum Klingen bringen kann.”
Die Filder Wind Symphony hat sich bewusst, wie viele andere Orchester auch, entschieden, eine Stufe tiefer als “daheim” anzutreten. Dominik Wagner: “Wir haben uns bewusst für die Prima Categoria entschieden. Nach den Erfahrungen beim deutschen Auswahlorchesterwettbewerb in der Höchststufe wollten wir mehr Möglichkeiten haben in der Musik ins Detail gehen zu können, zudem sind wir ein Projektorchester und zu Anmeldebeginn war noch nicht zu 100 Prozent klar, wie die Besetzung aussehen wird und wie viele Probetermine wir für die Vorbereitung umsetzen können. Dazu kam ein sehr originelles, neues Pflichtwerk mit einer eigenen Klangsprache, welches man im Vorfeld auch nur über eine Midiaufnahme anhören konnte, also brandneue Musik, die es zu entdecken galt. Immer spannend für einen Dirigenten.”
Das Selbstwahlstück
Mit der Wahl des eigenen Werkes kann das Orchester bei Wettbewerben gewohntes Terrain betreten. Es kann perfekt nach den Stärken des Ensembles ausgewählt werden und auch nach der vorhandenen Besetzung. Wolfgang Schwabl beschreibt seine Entscheidung für die Auswahl so: »Unser Selbstwahlstück ›Canzona di Bacco‹ von Oliver Waespi kristallisierte sich für mich aus einem Kanon von etwa 40 Werken heraus. Kriterium war für mich, die Stärken unseres Orchesters möglichst gut zur Geltung zu bringen. Zudem sollte es ein Stück sein, das vielschichtig ist und ›in die Tiefe‹ geht. Die ›Canzona‹ ist dafür ein perfektes Beispiel, denn auch nach wochenlangem Partiturstudium findet man immer wieder neue Details, Ideen, Ansätze, die das Stück sowohl für den Dirigenten als auch für das Orchester sehr interessant und abwechslungsreich machen. Auch die Tatsache, ein relativ neues Werk (Kompositionsjahr 2022) ins Programm zu nehmen, war mir wichtig.«
Gottfried Reisegger: “Wir haben uns für ›El Camino Real‹ entschieden. Mit dem Komponisten Alfred Reed haben wir eine besondere Beziehung, zumal er (für mich) einer der größten und besten Blasorchesterkomponisten ist und er mit unserem Orchester 1993 eine Probe machte. Seither haben wir viele Stücke von Reed aufgeführt. Mich faszinieren der Farbenreichtum und die Explosivität bei diesem Werk.”
Auch Thomas Asanger hat sich für ein Werk von Alfred Reed entschieden: “Als Selbstwahlstück haben wir ›Praise Jerusalem‹ von Alfred Reed ausgewählt. Wir haben dieses Stück bereits vor einigen Jahren zur Aufführung gebracht. Die Beschäftigung mit der Musik von Alfred Reed – im Speziellen mit diesem Stück – empfinde ich äußerst spannend. Selbst nach mehrmaliger Aufführung wird die Musik nicht langweilig. Das zeichnet gute Musik meiner Meinung nach auch aus, dass nicht jede Raffinesse beim ersten Hinsehen erkennbar ist, sondern verschiedene Lesarten zu entdecken sind – wie bei einem guten Buch.”
Die Wahl des Selbstwahlstücks
Für Dominik Wagner war es wichtig, ein Werk zu finden, das von der Klangsprache ein totaler Kontrast zum Pflichtwerk ist. Für Paul Jacot waren bei der Auswahl des Selbstwahlstückes drei Aspekte wichtig: “Unser Selbstwahlstück für den Wettbewerb Flicorno d’Oro war ›Requiem for a future war‹ von Hardy Mertens. Diese Wahl beruht auf mehreren Überlegungen. Erstens ist das Stück selbst natürlich ein musikalischer ›Brocken‹, das eine tiefgreifende emotionale Wirkung hat und sowohl künstlerisch anspruchsvoll als auch technisch herausfordernd ist. Zweitens ermöglicht uns dieses Stück, unsere Vielseitigkeit als Orchester zu demonstrieren. Drittens passt das Thema des Werkes, das sich mit den Auswirkungen des Krieges auseinandersetzt, gut zu unserem Wunsch, musikalisch relevante und bedeutungsvolle Botschaften zu vermitteln.”
Josef Söllinger hat sich bei der Auswahl des Selbstwahlstückes beraten lassen: “Unser Selbstwahlstück ist ›The Ascension‹, der 3. Satz aus der 1. Sinfonie von Robert W. Smith, die besser bekannt ist unter ihrem Untertitel »The Devine Comedy«. Dieses Werk, beziehungsweise nur der dritte Satz, ist beim Wettbewerb auch in der Selbstwahlliste angegeben. Unsere Erfahrung mit unserem Orchester der letzten Jahre ist, je mehr ein Werk programmatisch wirkt oder auch ist, desto schneller finden die jungen Musikerinnen und Musiker einen Zugang dazu. Wir haben uns im Vorfeld auch bei Dirigenten informiert, welche bereits beim Flicorno d´oro dabei waren, von welchen uns dieses Werk auch nochmals empfohlen worden ist. Nachdem es eine grandiose Komposition ist, Spaß macht zu spielen und auch großartig anzuhören ist, haben wir uns schlussendlich dafür entschieden.”
Die Wettbewerbsvorbereitung
Manuel Scheuring erzählt von der Vorbereitungszeit des Symphonischen Blasorchesters Volkach: “Im Prinzip bereite ich das Orchester auf den Wettbewerb genauso wie auf jedes andere Wertungsspiel vor – für den Wettbewerb in Riva nur noch etwas intensiver und sehr zielgerichtet. Besonders wichtig bei der Vorbereitung speziell auf diesen Wettbewerb sind mir natürlich die üblichen musikalischen Parameter wie Zusammenspiel, Intonation usw. Viel wichtiger ist mir aber persönlich, dass ich meinen Musikern den Druck für das Vorspiel nehmen kann, sodass sie frei musizieren können.”
Wolfgang Schwabl sieht die größten Vorteile des Wettbewerbs in der Vorbereitung bzw. den Proben: »Unabhängig von der Teilnahme an diesem Wettbewerb ist mir die kontinuierliche musikalische Weiterentwicklung, die Horizonterweiterung des Orchesters und der einzelnen Musikerinnen und Musiker mit gleichzeitiger Berücksichtigung des kameradschaftlichen Aspektes wichtig. Behutsame, sich steigernde musikalische Anforderungen, sind meiner Meinung die Grundlage für eine langfristige positive Entwicklung eines Amateurorchesters.”
Mehrwert durch die Konzentration auf zwei Werke
Und auch Josef Söllinger sieht in der Vorbereitung auf einen Wettbewerb den Mehrwert durch die Konzentration auf zwei Werke und die Chance, diese bis ins Detail zu erarbeiten. Auch er setzte, wie Wolfgang Schwabl, auf Unterstützung von “außen”: “Die Vorbereitung auf einen Wettbewerb hat für mich einen ganz speziellen Reiz. Man kann ein Werk vollkommen in seine kleinsten Bausteine auseinandernehmen und bearbeiten. Bei einer Konzertvorbereitung bleibt dabei im Vergleich nahezu nie die Zeit, so genau ins Detail zu gehen. Dabei steht für mich immer in erster Linie die Idee des Komponisten, der Komponistin im Vordergrund. Der schmale Grat, diese bestmöglich abzubilden, ohne dabei auf die persönliche musikalische Handschrift zu verzichten, ist hier mehr als spannend.”
“Anders als bei unseren anderen Projekten, wo wir jeweils einmal auf mehrtägigen Probenseminaren sind, proben wir hier über einen längeren Zeitraum am Wochenende, meist zwei Tage hintereinander. Dies hat den Hintergedanken, dass das Orchester länger Zeit hat, sich aufeinander einzuspielen und auch immer wieder Phasen des Selbststudiums zu ermöglichen. Wir proben nicht immer im Tutti, sondern nutzen bei Probentagen die Möglichkeit Holz, Blech und Schlagwerk voneinander zu entkoppeln. Auch eine Feedbackprobe mit niemand geringerem als Martin Fuchsberger von der Universität Mozarteum Salzburg steht bei uns am Programm für die Vorbereitung und wir nutzen die Möglichkeit der Teilnahme eines Kritikspiels bei einer Konzertwertung des OÖBV.”
Der Stellenwert von Wettbewerb und Wertungsspiel
Es ist keine Überraschung, dass für Orchester, die sich für den Flicorno d’Oro in Riva del Garda entscheiden, Wettbewerbe und Wertungsspiele einen sehr hohen Stellenwert haben. Für Manuel Scheuring und seine Musikerinnen und Musiker aus Volkach gehört es im Jahresturnus einfach dazu, bei einem Wertungsspiel oder Wettbewerb teilzunehmen. Das wurde nach seiner Aussage von seinen Musikerinnen und Musikern auch noch nie in Frage gestellt.
Auch Thomas Asanger spricht von regelmäßigen Teilnahmen: “Ich nehme mit meinen Orchestern regelmäßig an nationalen Wettbewerben teil. Zugegeben, wer hat bei der Einstudierung eines gesamten Konzertprogrammes innerhalb von wenigen Monaten die Zeit, sich allen Details und Schichten einer Partitur zu widmen? Dirigentinnen und Dirigenten sind da gefordert, besonders effizient und zeitsparend zu proben. Ein Wettbewerb bietet die Möglichkeit, zwei bis drei Kompositionen intensiv und in aller Tiefe zu proben. Somit ist die Teilnahme an Wettbewerben für die musikalische Weiterentwicklung eines Orchesters unerlässlich.”
“Die Herausforderung gefällt uns”
Wolfgang Schwabl stimmt zu: “Die Bürgermusik ist ein Orchester, das in den vergangenen Jahren, fast schon Jahrzehnten, sehr regelmäßig und durchaus erfolgreich an Konzertwertungsspielen im Salzburger Land teilgenommen hat. Die Herausforderung eines solchen Wertungsspieles gefällt uns und gibt mir und vielen meiner Musikerinnen und Musiker einen gewissen Kick. Zudem ist die regelmäßige Teilnahme an solchen Wertungsspielen für mich persönlich der Garant, dass man am Puls der Zeit bleibt und eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Klangkörpers vorantreibt. Wichtig ist für mich in Hinblick auf Bewertung und Punkte, dass der Fokus immer auf dem eigenen Orchester und dem Fortschritt eben diesem bleibt, und das Konkurrenzdenken hintenangestellt ist. Für mich persönlich geht es um die Entwicklung unserer Musikkapelle: Wo waren wir am Beginn der Vorbereitung – wo sind wir am Ende. Gab es einen Fortschritt und wie groß war dieser. Das sind meiner Meinung nach die wirklichen Gradmesser für Erfolg oder Misserfolg.”
Es gibt aber auch skeptische Stimmen. So sagt beispielsweise Josef Söllinger: “Ehrlicherweise war ich lange skeptisch, ob Wettbewerbe, vor allem im Amateursektor, wirklich sinnvoll sind. Springt man jedoch über seinen eigenen Schatten und ist so einen Weg mal mit einem Orchester gemeinsam gegangen, merkt man erst, welch enormes Potenzial hier ausgeschöpft werden kann. Ganz neue Erfahrungen wie zum Beispiel im Auftrittsmoment das Vorbereitete abzuliefern, sich schnell auf eine ungewohnte Hörsituation einzustellen, oder auch einen erreichten Erfolg gemeinsam zu feiern, sind Aspekte, die erst durch einen Wettbewerb erfahrbar werden. Dabei sehe ich, und ich denke auch mein Orchester, das Ergebnis im Sinne der Platzierung eher als zweitrangig an. Für mich selbst ist es der erste internationale Wettbewerb, den ich dirigieren darf. Der olympische Gedanke – dabei sein ist alles – steht im Vordergrund, was jedoch natürlich nicht heißt, dass wir nicht unser Bestmögliches geben.”
Wichtigkeit der Vorbereitungszeit beim Wettbewerb
Gottfried Reisegger stellt nochmals die Wichtigkeit der Vorbereitungszeit bei der Frage nach dem Stellenwert in den Vordergrund: “Ich finde, das Wichtigste bei einem Wettbewerb ist der Weg dorthin. Zu sehen, wie weit kann ich mit einem Amateurblasorchester musikalisch kommen? Es spielen ja hier nicht nur musikalische Faktoren eine Rolle, sondern da ist viel Menschliches, Pädagogisches und Persönliches dabei. Beim Wettbewerb kann man dann sehen, mit welchem investiertem Aufwand man wo steht.”
Thomas Doss, einer der beiden Jury-Präsidenten beim Flicorno d’Oro in Riva bedauert, dass es dort nicht möglich ist, direkt auf die einzelnen Blasorchester einzugehen und ihnen ein direktes Feedback – außerhalb der Punkte – zu geben: “Neben der Bepunktung der Leistungen könnte man anmerken, dass es schade ist, dass die Orchester kein Feedback bekommen. Somit fällt der pädagogische Aspekt völlig raus. Und es bleibt eigentlich nur mehr der pure Wettbewerb. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man nach Riva fährt. Das wäre vielleicht besonders für jene Orchester interessant, welche sich eher im mittleren Segment der Platzierungen wiederfinden.”
Im nächsten Jahr wird der Flicorno d’Oro vom 11. bis 13. April 2025 durchgeführt. Gut einen Monat später findet das Deutsche Musikfest mit einem großen Angebot verschiedener Wertungsspiele und Wettbewerben vom 29. Mai bis zum 1. Juni 2025 statt. In Österreich gibt es sowieso jedes Jahr nationale Konzertwertungen. Falls Ihr noch nie oder schon lange nicht mehr an einem Wertungsspiel oder Wettbewerb teilgenommen habt: Traut Euch, wagt die Herausforderungen, denn: Es könnte ja toll werden!
Pro und Contra
Pro | Contra |
• Intensive und motivierte Vorbereitung •Kontakt und Austausch zu anderen Vereinen und Orchestern und dadurch eine Horizonterweiterung • Musikalische Weiterentwicklung des Orchesters • Die intensive Beschäftigung als Kapellmeister/Dirigent und Orchester mit qualitätsvollen Konzertwerken • Ein Langzeit-Lerneffekt durch die tiefe Beschäftigung beispielsweise mit Stilistik o.ä. • Motivation der Musiker:innen durch eine eventuelle hohe Punktzahl und Platzierung • Die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls, das füreinander Einstehen und der damit verbundene Zusammenhalt • Bewertung, Rückmeldung bzw. Feedback durch erfahrene Juroren • Steigerung des Wettbewerbsgeist und des Ehrgeizes • Gezielte Vorbereitung von und Konzentration auf zwei Werke(n) • Detailarbeit kommt zukünftiger Konzertvorbereitung zugute • Das konstruktive Feedback an den Dirigenten / an die Dirigentin | • Die Schwierigkeit, Musik zu bewerten • In der Musik geht es mehr um Emotionen und wenig um rationale Ergebnisse • Punkte können nicht der einzige Gratmesser für Erfolg oder Misserfolg sein • Es gibt zu viele Geschmacksaspekte von unterschiedlichen Juroren – Kunst ist Geschmackssache • Der Zeitpunkt der Aufführung kann sich auf die Rangliste auswirken • Demotivation der Musiker:innen durch eine eventuelle niedrige Punktzahl • Starre Strukturen durch Bewertungskriterien, Pflichtstück und Ablauf • Es kann nur das momentane Resultat bewertet werden und nicht der durchlaufene Prozess • Jury sind auch nur Menschen und ein Wettbewerbstag ist lang und anstrengend • Wettbewerbsdruck kann zu Stress und Angst führen • Wettbewerbe legen den Fokus auf den Wettbewerbsaspekt und schränken die künstlerische Freiheit ein • Wettbewerbe sind kostspielig für das Orchester und haben einen hohen organisatorischen Aufwand |