Orchestra, Szene | Von Alexandra Link

Der Wettbewerb Flicorno d´Oro in Riva del Garda: Große Klasse!

Der 20. Flicorno d’Oro in Riva del Garda ist Geschichte. Wie jedes Jahr am Wochenende vor Ostern stellten sich Blasorchester aus vielen Ländern Europas einer internationalen Jury. Dieses Jahr kamen 36 Orchester aus Italien (17), Deutschland (10), Österreich (3), der Schweiz (2), Spanien (2) und Frankreich (2).

Erstmals keine separate Kategorie für Jugendblasorchester

Die Orchester konnten zwischen fünf Leistungs-Kategorien wählen. Die Wahl der Kategorie ergibt sich beim Flicorno d’Oro allein durch den Schwierigkeitsgrad der Pflichtwerke. Zusätzlich konnten Orchester auch die freie Kategorie wählen, um lediglich eine Bewertung in Punkten zu erhalten.

Erstmalig gab es in diesem Jahr keine separate Kategorie für Jugendblasorchester. Marco Somadossi, der künstlerische Leiter des Flicorno d’Oro, dazu: »Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass die Jugendorchester in der Qualität mit den Erwachsenenorchestern mithalten können. Deshalb haben wir diese Kategorie gestrichen.«

Positive Entwicklung italienischer Orchester

Für Marco Somadossi war der 20. Flicorno d’Oro die Premiere als künstlerischer Leiter. Im Gespräch erzählte er, dass er bisher bei jeder Ausgabe des Flicorno d’Oro dabei war und die Entwicklung sehr genau beobachtet hat.

Er erinnert sich besonders daran, dass die italienischen Blasorchester in den Anfangsjahren immer zu den schlechtesten gehörten. Das hat sich kolossal gewandelt. Die italienischen Orchester gehören mittlerweile immer zu den Top-Favoriten im Wettbewerb.

Der Flicorno d’Oro war mit ausschlaggebend für die positive Entwicklung der italienischen Orchester. Außerdem setzte in den vergangenen 20 Jahren eine Professionalisierung der Dirigenten- und Instrumentalausbildung ein, die von der Wirkungsstätte des früheren künstlerischen Leiters Daniele Carnevali in Trient ausging.

Aufmerksame Beobachter des Flicorno d’Oro konnten in den vergangenen Jahren feststellen, dass sich die italienischen Blasorchester in der Wahl der Kategorie im Vergleich zum Beispiel mit den deutschen Blasorchestern viel realistischer einschätzen. Lieber in eine Kategorie darunter gehen, dafür so perfekt wie möglich spielen. Genauso war es auch in diesem Jahr.

Ganz großen Wert legen die italienischen Orchester auf Intonation und Klangausgleich und damit einhergehend auch auf die Klangfarben. Die italienischen Orchester glänzten oft durch einen runden, ausgeglichenen Klang sowie durch musikalisch gefühlvolle Interpretationen, die über das reine Beherrschen des Werks hinausgingen.

Categoria Prima und Gesamtsieger

Gesamtsieger des Flicorno d’Oro 2018 wurde mit 93,79 das »Orchestra giovanile di fiati Giuseppe Scerra di Delianuova« (Region Kalabrien) mit dem musikalischen Leiter Gaetano Pisano, dicht gefolgt von der »Banda Comunale Città di Villa Santo Stefano« (Region Latium, bei Rom). Diese Banda erreichte 93,04 Punkte. Den dritten Platz im Gesamtranking belegt mit 91,29 Punkten das »Corpo Bandistico Città di Bussolengo« (Provinz Verona in Venetien). Der Dirigent des Siegerorchesters, Gaetano Pisano, gewann auch den Spezialpreis für den besten Dirigenten des Wettbewerbs.

Alle drei genannten Orchester traten in der 1. Kategorie mit dem Pflichtstück »Discanto« von Daniele Carnevali an. In dieser Kategorie spielten insgesamt zehn Orchester. Die ersten vier Plätze wurden von italienischen Orchestern belegt.

Categoria Superiore

Über der 1. Kategorie gab es die Categoria Superiore – übersetzt mit »Oberstufe« – mit dem Pflichtstück »Rhapsodie« von Paul Gilson in einer Neuinstrumentierung von Federico Agnello. Bemerkenswert an diesem Werk: eine Originalkomposition, entstanden am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Paul Gilson ist ein belgischer Komponist. Zu seinen Kompositionsschülern gehörten Marcel Poot und Jules Strens. In der Categoria Superiore traten die Uniò musical de Muro (Spanien) unter der Leitung von Rafa García Vidal (1. Preis mit 90,71 Punkten) und das Blasorchester der Jugendmusik Kreuzlingen (Schweiz) unter der Leitung von Stefan Roth (2. Preis mit 86,58 Punkten) an.

Categoria Eccellenza

Die höchste Kategorie beim Flicorno d’Oro ist die Categoria Eccellenza – übersetzt mit »Höchststufe« – mit dem Pflichtstück »Pictures from Zagorje« von Davor Bobic. In dieser Kategorie trat die Bläserphilharmonie der Stadtkapelle Wertingen unter der Leitung von Tobias Schmid an und erreichte mit 83,25 Punkten den 2. Preis (ein 1. Preis wurde nicht vergeben). Das zweite Orchester in dieser Kategorie war die Filarmonica Sestrese, die mit 75,00 Punkten einen 3. Preis erlangte.

Sehr schade, dass innerhalb der beiden höchsten Kategorien nur vier Orchester spielten. Wo sind die Top-Orchester aus Europa bei diesem Wettbewerb?

Categoria Seconda

Auch der Sieger der Categoria Seconda – der zweiten Kategorie – ist ein italienisches Orchester. Mit dem Pflichtstück »Folk Song Suite Nr. 1« von Frigyes Hidas und dem Selbstwahlstück »Satiric Dances« von Norman dello Joio erspielte sich die »Banda d’Istituto del Liceo ›Veronica Gambera‹ di Brescia« (Region Lombardei) 90,58 Punkte. Den 2. Preis erhielt mit 82,58 Punkten der Musikverein Gaspoltshofen aus Oberösterreich mit seinem musikalischen Leiter Alois Papst.

Categoria Terza

In der 3. Kategorie belegten wiederum italienische Orchester die ersten beiden Plätze. Den 3. Platz erlangte das Jugendblasorchester der Stadtkapelle Bad Griesbach unter der Leitung von Hans Killingseder mit 87,63 Punkten, sehr dicht gefolgt von der Jugendkapelle der Stadtkapelle Crailsheim unter der musikalischen Leitung von Franz Matysiak, die mit 87,42 Punkten einen 4. Platz erreichte. Das Pflichtstück der 3. Kategorie war das Werk »Red Mountains« des italienischen Komponisten Antonio Rossi.

Jury und Bewertung

Die internationale Jury war hochkarätig besetzt. Mit Norbert Nozy konnte Marco Somadossi einen Jury-Vorsitzenden von hohem Ansehen gewinnen. Der derzeitige Dirigent der Koninklijke Harmonie van Thorn und frühere Chef-Dirigent der Belgischen Gidsen hatte den härtesten Job unter allen Juroren:

Als Vorsitzender hörte er sich alle 36 Orchester an und sorgte für eine einheitliche Bewertung der beiden Juryteams. Im Juryteam 1 wertete außer ihm Vincent Kennedy (Irland), Alex Schillings (Niederlande) und Paolo Mazza (Italien). Im Juryteam 2 saßen außer Nozy Fulvio Creux (Italien), Marco Pütz (Luxemburg) und Janis Purins (Lettland).

Bewertet wurden sechs Parameter: Intonation, Klangqualität und -ausgleich, Technik und Artikulation, Zusammenspiel und Rhythmus, Ausdruck und Dynamik sowie Interpretation. Pflicht- und Selbstwahlstück wurden jeweils separat bewertet. Für jeden Parameter konnten insgesamt 100 Punkte vergeben werden (also 25 pro Juror). Der Schnitt daraus ergab das Ergebnis.

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