Wood | Von Hans-Jürgen Schaal

Die Duduk ist das Nationalinstrument Armeniens. Stichwort

Duduk
Djivan Gasparyan (Foto: Sebmarouani – Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9088145)

Der Name “Duduk” (betont auf der zweiten Silbe) ist mit dem deutschen “Tuten” oder “Dudeln” verwandt. Kinogänger dürften mit dem Klang des Instruments bestens vertraut sein. 

Die Duduk [du’duk] ist das Nationalinstrument Armeniens. Ihr weiches, süß-trauriges Vibrato gilt als Ausdruck der armenischen Seele und der schmerzvollen Geschichte des Landes. “Wenn die Duduk gut gespielt wird, müssen alle Zuhörer weinen”, heißt es in Armenien. Der Klang ähnelt dem des mittelalterlichen Krummhorns, lässt aber auch an Klarinette, Flöte oder Englischhorn denken. Bautechnisch gehört das Instrument zur Familie der Kurzoboen. Es ist zylindrisch gebohrt (wie zum Beispiel die Klarinette) und funktioniert nach dem Prinzip der geschlossenen Röhre. Der Ton erklingt daher eine Oktave tiefer, als man erwarten würde. Die Duduk ist bis zu 40 cm lang und wird mit einem breiten, bis zu 14 cm langen doppelten Rohrblatt angeblasen. Verwandte Instrumente sind Mey (Türkei), Balaban (Aserbaidschan), Duduki (Georgien), Narmeh-Ney (Iran), Guanzi (China), Hichi­riki (Japan) oder Piri (Korea). 

Im Kaukasus-Staat Armenien heißt die Duduk auch “Tsiranapogh” (deutsch: “Aprikosen-Pfeife”), weil man sie aus dem Holz des Aprikosenbaums schnitzt. Für das Rohrblatt verwendet man Schilfrohr vom Fluss Aras (Arax), der im öst­lichen Anatolien entspringt und kurz vor dem Kaspischen Meer in die Kura mündet. Als Hirtenschalmei findet die Duduk wohl schon seit rund 2000 Jahren Verwendung – sie erklingt in Armenien bei Festlichkeiten aller Art. Die Dudukspielenden (oder “Dudukisten”) treten dabei meist paarweise auf – ein Duduk und ein Bordun –, begleitet von einer Trommlerin oder einem Trommler an der großen Dhol. Profis spielen das In­stru­ment chromatisch mit Grifftechniken ähnlich wie bei der Blockflöte. Der Tonumfang reicht bis zu einer Undezime. Die Tonbildung wird durch Lippen, Zunge und kräftiges Zubeißen variiert.

Die Duduk-Spieler Hovsepian und Gasparyan

Im Westen wurde das Instrument um 1990 schlagartig bekannt. Ein wichtiger Auslöser war die Musik zum Film “Die letzte Versuchung Christi” – die Duduk spielte der Armenier Vatche Hovsepian (1925 bis 1987). Der Produzent war Peter Gabriel, dessen Label Realworld danach auch mit Djivan Gasparyan (1928 bis 2021) arbeitete. Ihn nannte Gabriel den “Meister des Instruments”: “Als er seine Duduk an die Lippen hob, verzauberte er alle, die zuhörten.” Gasparyan war Professor am Konservatorium in Jerewan und dort eine nationale Berühmtheit. Er spielte im Ausland unter anderem auch mit Sting, Lionel Richie, dem Kronos Quartet und mit diversen Sinfonieorchestern.

1998 nahm er ein Album mit einem Duduk-Quartett auf, einer damals ganz neuartigen Besetzung. 2002 wurde Gasparyan bei der WOMEX mit einem Preis für sein Lebenswerk geehrt. 2010 begleitete er mit seiner “Aprikosen-Pfeife” auch den armenischen Beitrag zum Eurovision Song Contest. Der Song hieß übrigens “Apricot Stone” – eines seiner ­Alben nannte Gasparyan “Apricots From Eden”. Ein anderer im Westen bekannter Dudukspieler ist Gevorg Dabaghyan (geb. 1965), der unter anderem mit Gidon Kremer, Yo-Yo Ma, Jan Garbarek und Rabih Abou-Khalil auftrat.

Die Duduk ist ein immer wiederkehrender “Sound” im amerikanischen Film

Seit etwa 1990 ist die Duduk ein immer wiederkehrender “Sound” in amerikanischen Filmen und Fernsehserien. Ihr etwas weinerlicher Ton symbolisiert darin meistens Melancholie und geheimnisvolle Exotik. Vor allem in Filmen mit östlicher oder mythischer Thematik ist die Duduk häufig zu hören, zum Beispiel in “Gladiator” (2000), “Ararat” (2002), “Warriors Of Heaven And Earth” (2003), “Munich” (2005), “Syriana” (2005) oder “You Don’t Mess With The Zohan” (2008). Auch die Exotik von Fantasy-, Mys­tery- und Science-Fiction-Welten wird gerne mit
dem Klang der Duduk illustriert, so in “Chilean Gothic” (2000) “The Crow” (1994), “The Island” (2005), “Harry Potter And The Deathly Hallows” (2011) oder in Weltraum-Serien wie “Battlestar Galactica”, “Firefly” und “Star Trek”. Viele Duduk-Parts in amerikanischen Filmen wurden von Djivan Gasparyan höchstpersönlich eingespielt, unter anderem in “Gladiator”, “The Crow”, “Ronin”, “The Siege”, “Syriana”, “Blood Diamond” und “Samsara”.

Bisher erschienen: “Stichwort Rohrblatt-Trio“, “Stichwort Saxofonquartett“, “Stichwort Marsyas” und “Stichwort Tristantrompete”, “Stichwort Naturtonreihe”, Stichwort Saxofonkonzert, Stichwort Sarrusofon, Stichwort Gucha, Stichwort Jazzsolo, Stichwort Orgel, Stichwort Posaune, Stichwort Multiphonics, Das Blechbläserquintett