Einem breiten Publikum die Werke der Kunstmusik mit ihren Konzerten näherzubringen, war schon immer eine zentrale Aufgabe der altösterreichischen Blas- und Bläsermusik. Diese Tradition setzen die Innsbrucker Promenadenkonzerte in zeitgemäßer Form fort!
Zum mittlerweile 24. Mal finden im Innenhof der Kaiserlichen Hofburg die Innsbrucker Promenadenkonzerte statt. Diese dauern vom 2. bis 29. Juli. Wir haben uns mit dem Künstlerischen Leiter Alois Schöpf unterhalten.
Herr Schöpf, Sie schreiben im Vorwort des Programmbuches der Innsbrucker Promenadenkonzerte vom Traum der verstorbenen, charismatischen Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach von einer Stadt, »die mit ihrem Umland nicht in isolierte Untergruppen auseinanderbricht, die gegenseitig nichts miteinander zu tun haben wollen, sondern von einer Landeshauptstadt, die möglichst viele als ›ihre‹ Stadt, als urbane Heimat betrachten können«. Ist das nun eine Steigerung der ursprünglichen Idee? Wie sehr wird dieser Traum während der vielen Veranstaltungen wahr?
Ich würde nicht sagen, dass dies eine Steigerung der ursprünglichen Idee ist, sondern nur ein wesentlicher Aspekt, der im Zentrum der diesjährigen Konzertreihe steht. Ausgangspunkt war dabei eine heftige Debatte, die über die Leserbriefseiten der Medien ausgetragen wurde, und im Zuge derer uns vorgeworfen wurde, wir würden in unseren Programmen viel zu wenig auf die traditionelle Tiroler Blasmusik Rücksicht nehmen.
Dieser Vorwurf erreichte mich aber nicht nur von Seiten des Publikums, sondern auch von Seiten meines eigenen Teams, das – eher am Land sozialisiert – mit der Hinzuziehung des Jazz und von Bigbands als meines Erachtens wesentliche Medien der zeitgenössischen Bläsermusik Probleme hatte und hat.
Zugleich wurde uns, wiederum von Seiten des Publikums und in sehr lobenden Leserbriefen, bescheinigt, dass wir unbedingt an der inzwischen extremen Vielfalt der Konzertreihe, die von der Renaissancemusik bis hin zur zeitgenössischen Musik reicht, festhalten sollten.
Die Tatsache, dass wir unsere Programme derart ausgeweitet haben, ergibt sich übrigens aus der nüchternen Überlegung, dass es bei 38 Konzerten und 28 Spieltagen schlicht und einfach kontraproduktiv wäre, das ursprüngliche Prinzip aufrechtzuerhalten, lediglich Werke der altösterreichischen Militärmusiktradition des 19. Jahrhunderts zuzulassen. Auch der größte Fan von Walzern, Märschen und Polka würde irgendwann vor Langeweile einschlafen.
Durch diese Diskussion ergab sich nun, basierend auf dem höchst interessanten soziologischen Standardwerk von Gerhard Schulze »Die Erlebnisgesellschaft«, ein wirklich interessanter Zusammenhang. Bei den Innsbrucker Promenadenkonzerten bekommt eine Gesellschaft, die immer extremer in einzelne Informationsblasen auseinanderdriftet, ganz im Gegensatz zu einem Konzert, bei dem Eintrittskarten bezahlt werden müssen und nur Leute hingehen, die sich für dieses Angebot dezidiert entschieden haben, an einem Abend die Lieblingsmusiken aller angeboten, die zugleich Hassobjekt vieler sind. Konkret gesagt: Wer Suppé-Ouvertüren liebt, muss sich auch Sinfonien anhören. Und wer Bigband-Sound schätzt, wird nicht um einige knackige Märsche herumkommen.