Brass | Von Hans-Jürgen Schaal

Die Posaune ist ein besonderes Blasinstrument. Das Stichwort

Posaune
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Ihre chromatischen (und mikrotonalen) Möglichkeiten machen die Posaune zu einem ­besonderen Blasinstrument. Aber erst Beethoven holte sie ins Sinfonieorchester. 

Im späten 15. Jahrhundert fand die Zugposaune erste Verbreitung. Zur Zeit der Reformation (1517) war sie noch immer der “neueste Schrei” im Musikbetrieb – das wirkte auch hinein in die deutsche Bibelübersetzung und später in die evangelischen “Posaunenchöre“. Die Posaune konnte als einziges Blasinstrument ihrer Zeit chromatisch eingesetzt werden – dank ihres Zuges. Allerdings verlangte kein anderes Blasinstrument so viel Aufwand und Akrobatik beim Spiel. J. S. Bach verwendete die Posaune daher selten und häufig nur zur Verstärkung von Chorstellen. Als die Solistenkonzerte aufkamen (um 1700), gehörte sie ebenfalls nicht zu den heißen Kandidaten, zumal die Barockposaune ein eher leises Instrument war – man kombi­nierte sie gerne mit dem Zinken (der Grifflochtrompete). Außerhalb der geistlichen Musik spielte die Posaune damals kaum eine Rolle. 

Im 18. Jahrhundert waren “Posaunenkonzerte” daher eine Rarität – sie erklangen wohl ausschließlich in Kirchen und Klöstern. Eines davon schrieb 1769 Johann Georg Albrechtsberger, einer der Lehrmeister Beethovens. Sein Konzert für Altposaune und Streicher wurde erst rund 200 Jahre später wiederentdeckt und ist heute Albrechtsbergers bekanntestes Werk. Wahrscheinlich komponierte er es für den österreichischen Posaunenvirtuosen Thomas Gschladt. Dieser könnte auch G. C. Wagenseil sowie Michael Haydn inspiriert haben.

Posaunenkonzerte von Mozart

Haydns Konzert in D ist ein Doppelkonzert für zwei Posaunen und Orchester (oder für Horn, Posaune und Orchester). Auch von Leopold Mozart ist ein Posaunenkonzert in Umlauf – es wurde allerdings erst in jüngster Zeit aus drei Sätzen einer Serenade ­zusammengestellt, die alle eine Soloposaune vorsehen (Allegro – Adagio – Menuetto). Vater Mozart schrieb dazu: “Bei Ermangelung eines guten Posaunisten kann es ein guter Violinist auf der Viola spielen.” Vom Mozart-Sohn gibt es ebenfalls ein “Posaunenkonzert” – eine mo­derne Transkription seines Fagottkonzerts (KV 191 oder 186e).

Die Entwicklung der modernen Posaune, die kraftvoller und dynamischer spielbar ist, förderte im 19. Jahrhundert die Solokarriere des Instruments. Gleich mehrere Konzerte entstanden für den “Posaunengott” Karl Traugott Queisser. Felix Mendelssohn Bartholdy versprach ihm ebenfalls eines, konnte das Versprechen wegen an­derer Verpflichtungen jedoch nicht einlösen. In seinem Auftrag schrieb stattdessen Ferdinand David für Queisser das Posaunenkonzert in Es-Dur (1838), sein bekanntestes Werk. Doch Vir­tuosi­tät an der Posaune stieß damals nicht auf ungeteilte Bewunderung.

“Ein Posaunenkonzert bleibt immer eine unglückliche Aufgabe”

Über einen Auftritt von Queisser meinte ein Rezensent: “Ehre der großen Bravour und Fertigkeit, aber ein Posaunenkonzert bleibt immer eine unglückliche Aufgabe (…). Der Bär ist nicht zum Tanzen, wohl aber zum Brummen gemacht.” Die Armee-Blaskapellen inspirierten später Rimski-Korsakows Konzert für Posaune und Militärorchester oder Friedebald Gräfes Concerto marciale. Von Ernst Sachse (er war wie Gräfe selbst Posaunist) gibt es ein Konzert in gleich zwei Fassungen: für Tenor­posaune (in B) und für Bassposaune (in F). 

Seitdem unkonventionelle, avantgardistische Spieltechniken auch an der Posaune üblich sind (angeregt unter anderem vom modernen Jazz), “explodiert” die Posaunenliteratur. Für heraus­ragende Solisten wie Vinko Globokar, Christian Lindberg oder Mike Svoboda wurden zahlreiche Werke geschaffen. Seit 1980 entstanden Posaunenkonzerte unter anderem von Kalevi Aho, Luciano Berio, Friedrich Cerha, Anders Eliasson, Peter Eötvös, Toshio Hosokawa, Helmut Lachenmann, Michael Nyman, Wolfgang Rihm, Toru Takemitsu, Jukka Tiensuu, Mark-Anthony Turnage und Iannis Xenakis. In jüngster Zeit fand zum Beispiel das Posaunenkonzert des Mikroton-Spezialisten Georg Friedrich Haas viel Beachtung. Mike Svoboda war der Solist bei der Uraufführung in Donaueschingen 2016.

Bisher erschienen: “Stichwort Rohrblatt-Trio“, “Stichwort Saxofonquartett“, “Stichwort Marsyas” und “Stichwort Tristantrompete”, “Stichwort Naturtonreihe”, Stichwort Saxofonkonzert, Stichwort Sarrusofon, Stichwort Gucha, Stichwort Jazzsolo, Stichwort Orgel