Brass | Von Klaus Härtel

Die Trompete „Sturm“ von Martin Böhme: Agil, sanft – gut!

Landauf, landab gibt es immer wieder Bastler und Tüftler, Träumer und Idealisten, die ihre Leidenschaft zu Holz und Blech ausleben. Und immer wieder gibt es auch Menschen, die sich den Traum einer eigenen Instrumentenschmiede verwirklichen. In Ihringen am Kaiserstuhl ist die Redaktion auf Martin Böhme aufmerksam geworden. Wir haben erst ihn und dann sein Instrument unter die Lupe genommen.

CLARINO: Den Traum einer eigenen Instrumentenschmiede haben Sie verwirklicht. War das schon immer Ihr Traum?

Martin Böhme: Ich bin jemand, der Tausende von Ideen im Kopf hat. Mir ist es wichtig, diese Ideen umzusetzen und auszuprobieren. Wenn man als Angestellter arbeitet, hat das selten Priorität. Das Geschäft muss laufen – verständlicherweise. Jetzt, mit meiner eigenen Werkstatt, entscheide ich selbst, wie ich damit umgehe.

War der Weg zur eigenen Schmiede ein steiniger? Lehrjahre sind keine Herrenjahre heißt es ja schließlich…

Wenn man Spaß daran hat, seinen Beruf auszuüben, und immer wieder feststellt, dass man genau diesen Beruf und keinen anderen haben möchte, kommt einem der Weg gar nicht mehr so holprig vor. Sicher, manchmal war und ist es ziemlich anstrengend. Man muss sich dann wieder vor Augen halten, für wen man das tut. Ich bin mir auf jeden Fall sicher, dass ich mit meiner Selbstständigkeit ein Teilziel auf meinem Lebensweg erreicht habe.

Schon witzig, wenn man plötzlich nicht mehr auf die Uhr sieht, um abschätzen zu können, wann man endlich nach Hause darf, sondern ob es nicht schon dunkel ist und man das Abendessen verpasst hat.

Ihre Gesellen- und Meisterstücke waren eine trianguläre Konzerttrompete und Hörner. Warum haben Sie sich bei Ihren ersten Instrumenten für Trompeten entschieden?

Als ambitionierter Hobbyhornist war es für mich selbstverständlich, dass mein Meisterstück ein Horn sein musste. Alle Ideen und Erfahrungen, die ich bis dahin sammeln konnte, sind in dieses Instrument eingeflossen.

Nicht zuletzt hat mich meine Arbeit in Basel, bei egger Instrumentenbau, entscheidend beeinflusst. So sind in meinem Horn alle Rohre aus Blech von Hand zusammengestellt und verlötet. Ich bin sehr froh darüber, dass ich diese historischen Fertigungstechniken dort lernen durfte und profitiere auch weiterhin davon.

Zu Beginn dieses Jahres kam ein guter Freund und Trompeter auf mich zu mit der Anfrage, ob ich ihm nicht eine Trompete bauen könne. Natürlich habe ich diesen Auftrag gerne angenommen, hatte ich mir doch schon vorher insgeheim Gedanken über einen Prototyp gemacht. So entstand mein Modell „Sturm“.

Beim Bauen kamen mir neue Ideen für eine zweite Variante. Und nachdem sich mein Bekannter ein Modell herausgesucht hatte und begeistert die Werbetrommel rührte, hat sich das einfach so ergeben. Gut daran ist, dass ich selbst große Freude am Trompetenbau gefunden habe. Deshalb Trompeten und keine Hörner. Aber wer weiß, wie es weitergeht…

Sturm und Drang – wie haben Sie den Namen für die Instrumente ausgewählt? Die Sturm-und-Drang-Periode wird gelegentlich auch als „Geniezeit“ oder „Genieperiode“ bezeichnet.

Generell finde ich es extrem schwer, einen passenden Namen für ein Instrument zu finden. Irgendeine technische Bezeichnung, Buchstaben oder Zahlen – das war mir zu normal. Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht und hatte schon die Befürchtung, dass mir nichts Vernünftiges einfällt.

Als ich einige Tage später morgens aufgewacht bin, hatte ich „Sturm und Drang“ im Kopf. Das war’s! Ist etwas anderes, passt vom Hintergrund und ich kann mich selbst darin wiederfinden. Hin und wieder noch etwas zu stürmisch, aber mit Sicherheit pendelt sich das noch ein.

Was sind die Besonderheiten der Instrumente?

Das Rad habe ich sicher nicht neu erfunden… Meine Instrumente sehen immer noch aus wie Trompeten! Die Vorzüge findet man im Detail. Ich wollte auf jeden Fall MAW-Ventile verbauen und genau für diese habe ich die Schall-Mundrohr-Kombination entwickelt.

Für den flexibleren Einsatz haben meine Trompeten ein wechselbares Schallstück. Dabei war mir wichtig, dass die Verschraubungen an meinem stylischen Design nicht plump wirken. Ich denke, ich habe eine charmante Lösung gefunden.

Letztlich ist das Besondere, dass die Bauteile optimal aufeinander abgestimmt sind, die subjektiv schöne Optik ordentlich was hermacht und man das Ganze zu einem vernünftigen Preis erwerben kann. Damit möchte ich Profis, aber auch Amateurmusiker glücklich machen.

Warum haben Sie sich für die MAW-Ventile entschieden? Erläutern Sie doch einmal kurz die Funktionsweise und die Vorzüge?

Aus zwei Gründen. Mich hat das Grundkonzept schnell überzeugt. Mir ist bewusst, dass es dahingehend einige Zweifler gibt. Letztlich muss man dem Ganzen jedoch nicht besonders kritisch gegenüberstehen. Falsch macht man damit sicher nichts. Denn vom Grundprinzip sind die MAW-Ventile normale Pumpventile, mit der Innovation, dass Verengungen in den Luftdurchlässen vermieden werden. Fantastisch für eine extrem leichte, präzise Ansprache und ein »Open Flow«-Gefühl!

Der zweite Grund: Ich finde das Design unschlagbar. Das ist natürlich eine subjektive Einschätzung, aber ich darf nun ja selbst entscheiden. (lacht) Also: Einfach mal vorbeischauen und ausprobieren!

Wie geht’s weiter? Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Das ist die große Frage! Es überrascht mich, wie stark sich die Nachfrage nach meinen Trompeten entwickelt. Als Jungunternehmer in den Kinderschuhen erwarte ich wenig und freue mich dafür umso mehr, dass meine Bemühungen nach so kurzer Zeit schon Früchte tragen. Also einfach weitermachen und möglichst laut »Hallo« in die Trompetenwelt rufen. Wer weiß, wer noch alles auf mich aufmerksam wird…

Die Trompete aus praktischer und handwerklicher Sicht untersucht haben der Trompeter Daniel Ackermann und Tobias Jacobs vom Bläserstudio Koblenz.

Trompeter Daniel Ackermann über die Trompete „Sturm“

Das meint der Trompeter: Das Modell „Sturm“ spricht den Tester schon auf den ersten Blick an. Es besticht durch das ansprechende Design, das mit schwarzen Perlmutt-Knöpfen, hohen/schweren Ventildeckeln oben und schönen Gravuren daherkommt. Auffallend ist sofort auch das Wechselschallstück.

Auch auf den zweiten Blick fallen Daniel Ackermann einige Besonderheiten auf. Da wären zum Beispiel die Fingerringe am 1. und 3. Zug sowie für die rechte Hand. Ferner sind bei dem Instrument Amado-Wasserklappen am Stimmzug und am 3. Zug verwendet, der 3. Zug verfügt zudem über Feststellschrauben (wie bei Bach). Dem Tester fallen zudem der runde Stimmbogen und das auf Hochglanz polierte Finish ins Auge.

Ansprache, Spielgefühl und Intonation

Im praktischen Test konstatiert der Tester dem Modell „Sturm“ eine leichte Ansprache. Sie sei „sehr angenehm in allen Lagen“. Das Spielgefühl bekommt die Schulnote „sehr gut“. Die vom Hersteller favorisierten MAW-Ventile in Kombination mit der schlanken Bauart tun dabei ihr Übriges. Auch die Intonation ist durchgängig sehr gut.

Mit dem Handling ist der Trompeter ebenfalls zufrieden: „Durch die Neusilberringe am 1. und 3. Zug und der rechten Hand ist die Haltung sehr angenehm – was natürlich auch Geschmackssache ist“. Positiv sei zudem, dass die Trompete dem Kunden zunächst „roh“ geliefert wird, „denn hier ist eine individuelle Anpassung möglich“.

Amado-Wasserklappen

In Sachen Wasserklappen gerät der Tester ins Schwärmen: „Ich bin ein Fan der Amado-Wasserklappen! Wasser raus auf die Schnelle…!“ Nachdem er den Ventilen attestiert, dass sie „einwandfrei laufen“, hat er einen einzigen kleinen Kritikpunkt: „Nervig finde ich die Feststellschraube am 3. Zug – wird eine verloren oder verbiegt sich das Gewinde, wird’s schnell zur Belastung – da gibt es doch längst bessere Lösungen.“

Der Klang hingegen bekommt wieder großes Lob: Dieser besticht durch seine dynamische Breite, ohne schnell auszubrechen. Agil, sanft – gut!

Insgesamt ist die Trompete „eine sehr ­runde Sache“. Das vorliegende Modell „Sturm“ macht Spaß und weckt die Neugier auf die vielen – aber eben nicht zu vielen – Wahlmöglichkeiten der individuellen Anpassung: Wechselschall, alle gängigen Oberflächenveredlungen, mögliche Sondergravuren, individuelle Anpassungen an Haltungswünsche und so weiter. Der Preis für diese handgemachte Trompete ist mit 2500 Euro (roh) absolut gerechtfertigt. „Kaufempfehlung!“

Die Trompete „Sturm“ aus handwerklicher Sicht

Erfahrungsgemäß fallen Werkstatt-Tests länger aus, je mehr ein Tester zu bemängeln hat. Soviel hier vorab: Der Test geriet recht kurz. Tobias Jacobs fiel zunächst der aktuelle MAW-Maschinenstock aus Geretsried vom renommierten Hersteller J. Meinlschmidt auf. Dieser „findet zu Recht bei diesem Modell Anwendung“.

Die Besonderheit der MAW-Ventile ist die „Open-Flow“-Bauweise. Auch die anderen Bauteile seien zum Teil selbst produziert und sauber verlötet. „In Bezug auf die Oberfläche finden wir alles auch schon im ­Rohbau sehr ordentlich vorgearbeitet. Der Käufer kann sich bei jeder gewünschten Oberfläche auf eine sehr schöne Verarbeitung freuen. Technisch ist an den Trompeten – auch in der angegebenen Preisklasse – nichts auszusetzen.“

www.klangwerkstatt-boehme.de

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