Was macht denn nun eigentlich einen guten Dirigenten aus? Und woran erkennt man einen schlechten Dirigenten? Nun, so einfach zu beantworten ist das vermutlich nicht. Denn jeder Dirigent ist anders als der nächste. Was ja wiederum auch wünschenswert ist – schließlich will man ja auch keinen Einheits(klang)brei. Und doch gibt es durchaus Eigenschaften und Gewohnheiten, die die Dirigenten voneinander unterscheiden. Manuel Epli hat 41 Gewohnheiten guter und schlechter Dirigenten zusammengestellt. Die Diskussion ist eröffnet…
Gute Dirigenten…

gehen in die Tiefe und legen den Finger in die Wunde. Und zwar so lange bis es passt.
… schlechte Dirigenten

Oberflächliches Arbeiten, wollen keinem weh tun. „Nächste Woche klappt das schon, heute ist ein schlechter Tag…“

fordern immer Disziplin und Verbindlichkeit ein. Und zwar fachlich wie organisatorisch.

akzeptieren Unruhe in der Probe und auch sonst fast alles andere.

Probe = Zusammenfügen und Vereinheitlichen von Einzelleistungen.

Probe = Üben der Einzelstimmen

gehen neue Wege und hinterfragen grundsätzlich die „Traditionen“ und den „common sense“ der Blasmusik(szene).

lassen sich von der Masse „inspirieren“ und folgen treu und unreflektiert der restlichen Schafherde.

fordern fachlich sehr viel und sind schwer zufriedenzustellen.

haben ein geringes Anforderungsniveau und sind mit fast allem zufrieden.

haben ein gutes Gefühl für die Außendarstellung des Vereins und für das Marketing (Website, Flyer, Anzeigen, Facebook etc.).

Unprofessionelle Darstellung des Vereins nach außen („Ist ja nur ein Hobby, die Leute verstehen schon, dass wir da nicht viel Zeit investieren können…“).

haben eine starke eigene Klangvorstellung und passen diese nicht an den Output des Orchesters an.

passen sich schnell an den Output an, den das Orchester liefert.

wissen, dass sie nicht jeden Musiker im Orchester halten können und müssen.

glauben, dass man keinen Musiker verlieren darf. Egal wie viel Schaden er in der und für die Gruppe anrichtet.

hinterfragen sich und das eigene Handeln (zu) oft.

Unkritische Wahrnehmung des eigenen Könnens und Auftretens.

arbeiten regelmäßig an der Phrasierung und sind die musikalische Quelle des Orchesters.

Am Parameter Ausdruck wird nicht gearbeitet. Wenige oder überhaupt keine musikalische Ideen.

Authentischer Humor. Lieber weniger und gut.

„Pseudowitzig“. Die Flachwitze kommen im 5-Minuten-Rhythmus.

wissen, dass der größte Indikator für den Erfolg eines Orchesters die Netto-Übezeit der Musiker ist.

glauben, dass die Wahl der Einspielübung oder die Art des Einstimmens einen Einfluss darauf hat, ob ein Orchester erfolgreich ist.

verstehen das Orchester als Teil des Systems „Verein“.

sehen sich als Angestellte des Vereins und sind nur der Dirigent des Orchesters. Der Rest wird einfach ausgeblendet.

operationalisieren ein durchgängiges Konzept für die Jugendarbeit.

haben kein Interesse an der Jugendarbeit. Oft haben sie das Thema nicht einmal „auf dem Schirm“.

Keine Toleranz für Alkohol in der Probe.

akzeptieren Alkohol in der Probe.

Die Kritikbereitschaft (gegenüber den richtigen Leuten) ist groß.

Das Ego ist groß, die Kritikbereitschaft dagegen klein.

Die Noten werden spätestens vier Wochen vor der ersten Probe mit Aufnahmen ausgegeben.

Die Notenausgabe findet in der ersten Probe statt. Die Musiker üben vorher ja sowieso nicht…

verfügen über eine hohe Weiterbildungsbereitschaft.

Der jährliche Dirigententag des Kreisverbandes reicht völlig aus.

haben den richtigen Lehrer zum richtigen Zeitpunkt.

glauben, dass sie nur von einem Dirigierprofessor etwas lernen können, obwohl sie keinen Auftakt richtig schlagen können und maximal einen C3-Abschluss haben.

Alle Partituren sind liebevoll bis ins Detail vorbereitet und eingerichtet.

Eine Partitur wird so geprobt wie sie vom Musikverlag geliefert wird.

Das Publikum liebt die Programmgestaltung und die aufgeführten Werke (»Dirigent hat einen guten Geschmack«).

Seltsame Programme, die vom Publikum mit Höflichkeits-Applaus beklatscht werden (unter anderem Denkfehler wie „atonal/modern/schwer = gut“).

Es wird seriös geprobt, es werden gute Konzerte gespielt und danach wird gefeiert.

Es muss allen zu jedem Zeitpunkt „Spaß“ machen. Was immer das dann auch heißen mag… Insbesondere natürlich in jeder Probe.

lassen nicht locker und setzen die eigene Überzeugung durch, um den Verein bzw. das Orchester weiter voranzubringen. Auch wenn es manchmal unbequem und anstrengend ist…

akzeptieren jegliche Art von Ausreden seitens der Musiker und der Vorstandschaft, etwas nicht zu tun.

Fokussierung auf die richtigen Parameter (zum Beispiel Orchesterschulung).

Zeitverschwendung durch (übertriebene) Fokussierung auf die falschen Dinge (wie zum Beispiel auf die Literaturkunde).

regen sich darüber auf, wenn das Orchester einfach nicht besser werden will. Große – manchmal auch zu große – emotionale Verbundenheit mit der Sache.

sind immer gut drauf, auch wenn das Orchester den größten Mist zusammenspielt. „Sind ja nur Laien, die das als Hobby machen und keine Zeit zum Üben haben…“

wissen, dass sich Erfolg aus vielen kleinen Bausteinen ergibt. Von der Literatursuche, über die Orchesterschulung und die Probenmethodik bis hin zur Vereinsführung und dem Marketing.

sind immer auf der Suche nach einer neuen Variante des Einstimmens und glauben, dass es das Erfolgsgeheimnis ist.

haben ein sehr gutes Gefühl für Stimmungen im Orchester bzw. Verein.

sind überrascht, wenn ihnen gekündigt wird, obwohl sie seit einem Jahr zu keiner Vorstandssitzung mehr eingeladen wurden.

Volle Konzerte mit toller Presse nach dem Konzert.

spielen regelmäßig vor einem halbleeren Saal. Und zwar jedes Konzert. Trotzdem wird das eigene Tun nicht hinterfragt.

dokumentieren alles bis ins Detail (Seminare, Unterrichtsstunden, Coaching-Sessions, Proben etc.)

schreiben nichts mit. Ein passives Konsumieren der Inhalte reicht für sie völlig aus.

Interessante und zielgerichtete Probenarbeit, bei der die natürliche Lernkurve des Orchesters beschleunigt wird.

Es wird mal das, mal jenes geprobt. Die Probe hat keine Struktur und die Auswahl der Stellen ist beliebig.

Aufgeschriebene Inhalte werden systematisiert und auswendiggelernt.

bleiben auf der Kennen-Ebene hängen und erreichen nie die Ebenen „Können“ und „Tun“.

arbeiten direkt an einem Werk und lagern das Einspielen in den Verantwortungsbereich der Musiker aus.

sind davon überzeugt, dass der Erfolg der Probenarbeit von der Wahl der richtigen Einspielübung abhängt.

Meister im Zerlegen eines Werks.

Meister des Durchspielens.

haben den Glaubensgrundsatz: Üben –> Wertschätzung –> Motivation.

folgen dem Glaubensgrundsatz: Wertschätzung –> Motivation –> Üben.

Es ist eine große Bereitschaft vorhanden, Geld in die eigene Ausbildung zu investieren.

Der jährliche Dirigententag mit einem Unkostenbeitrag von 10 Euro ist fast schon zu teuer.

schätzen alle Musiker im Orchester gleich wert.

haben Lieblinge im Orchester und reden auch immer mit den gleichen Musikern.

interessieren sich für alle Randbereiche des „Dirigentendaseins (Organisationsentwicklung, Führung, Motivation, Positionierung etc.).

glauben, dass das Dirigieren schon schwer genug ist und dass es reicht, wenn man das kann.

nutzen die aktuelle Situation, um mit dem Orchester auf der Ensemble- Ebene zu arbeiten und organisatorische Themen anzugehen.

stecken den Kopf in den Sand und suchen Ausreden, nichts zu tun. „Was sollen wir auch machen, wenn wir nicht im Tutti proben dürfen…“

wissen, dass hinter jeder guten Leistung viel, viel Arbeit mit dem eigenen Orchester steckt.

sind davon überzeugt, dass es ausreicht, in der Generalprobe 15 Aushilfen aus seinem 2. Orchester reinzusetzen.

versuchen, gute junge Musiker so früh wie möglich in die Vereins- und Probenarbeit einzubinden.

fördern, dass Jugendliche in einem Verbandsorchester mitspielen und glauben, dass dadurch das eigene Orchester besser wird.

Die Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten ist kleiner als die tatsächlichen Fähigkeiten.

Die Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten ist größer als die tatsächlichen Fähigkeiten.

Manuel Epli
studierte Dirigieren am Vorarlberger Landeskonservatorium sowie an der Kunst- und Musikhochschule von Arnheim, Enschede und Zwolle (Niederlande) und beendete dieses Studium mit dem Bachelor of Music. An der Musikuniversität Mozarteum Salzburg schloss er sein Dirigierstudium mit dem Master of Arts ab. Manuel Epli ist ein gefragter Autor, Juror, Referent und Coach.
An der Universität Ulm studierte Manuel Epli außerdem Mathematik, Informatik, Pädagogik sowie Psychologie und unterrichtet heute als Studienrat an der Friedrich-List-Schule Ulm.