Orchestra | Von Jürgen K. Groh

Duett statt Duell! Üben üben!

Duett

Am liebsten musiziert man gemeinsam. Doch was tun, wenn kein Partner »greifbar« ist? Werden Sie Ihr eigener Duo-Partner! Das ist das Thema des 15. Beitrags von “Üben üben!”. Die Serie befasst sich mit der ­Gestaltung bzw. Planung des Übens. Zu Beginn steht der Grund­gedanke, es folgen ­nähere Er­läu­terungen dazu.  

Duett und Duell liegen nah beieinander. Je nach Schriftart machen nur zwei winzige Striche den Unterschied! Bestimmt kennen Sie das schöne Gefühl, wenn Sie sich mit ihrem Duopartner gut ver­stehen. Dass muss aber nicht immer der Fall sein und schon eine Terminabsprache kann kompliziert werden.

Solchen Konflikten können Sie schnell entgehen, wenn Sie Ihr eigener Duopartner werden. Und dass ist eigentlich ganz einfach, weil Sie Kamera und Tonstudio ständig in Ihrer Hosentasche mit sich herumtragen. Vielleicht erinnern Sie sich an den “Üben üben”-Artikel aus BRAWOO Januar/Februar 2021, in dem Ihr Smartphone als akus­tischer Spiegel bezeichnet wurde. 

Die Musik-App “Acapella”

Dieser akustische Spiegel kann sogar noch viel mehr, als nur eine einzige Aufnahme von Ihnen zu machen. Mit einer Musik-App wie zum Beispiel “Acapella” lassen sich ganz einfach Duette allein aufnehmen. Damit können Sie dann bis zu neunstimmige Videos mit einer Gesamtdauer von maximal zehn Minuten erstellen und sogar andere Musikerinnen und Musiker weltweit zum Mitspielen einladen.

Wenn Sie nun nach dem Lesen dieses Abschnitts den virtuellen Selfie-Hype in sich spüren sollten: Verwenden Sie den Suchbegriff “acapella app” in YouTube und schauen Sie sich ein paar dieser Videos an. Und wenn Sie als Musizierende gar in der Szene der “Digital Natives” locker mitplaudern wollen, sagen Sie nur: “Ich teste zurzeit eine kollaborative Musikplattform, mit der ich packende Multi-Frame-Musikvideos ganz einfach erstellen kann.” Und alle in der ­Szene werden wohlwollend nicken und Sie sofort verstehen.

Sensibilisieren und checken

Spielen Sie Ihre Duette also selbst ein und checken Sie beim Abhören mit der inneren Haltung eines Musikkritikers, was besser gemacht werden könnte. Wenn alle Tonhöhen und Tonlängen stimmen, prüfen Sie zum Beispiel:

  • Was kann man bei der Körperhaltung verbessern?
  • Sind die vertikalen Intervalle des Duetts “rein” oder “gleichstufig”?
  • Welche Stimme ist bezüglich der Dynamik zu laut bzw. zu leise?
  • Soll die Artikulation in den beiden Stimmen gleich oder unterschiedlich sein?
  • Ist bezüglich der Agogik die Verzögerung oder Beschleunigung in beiden Stimmen gleich?
  • “Mischen” sich die beiden Stimmen gut und ergeben einen “neuen” Klang?
  • Welche Gefühle werden beim Anhören der Stimmen hervorgerufen (zum Beispiel fröhlich, traurig, wütend usw.)?

Ganz wichtig: Achten Sie bei der Selbstanalyse Ihres Duetts auch auf die Passagen, die schon gut sind – denn wie sagte schon der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875 bis 1961): “Wer zugleich seinen Schatten und sein Licht wahrnimmt, sieht sich von zwei Seiten, und damit kommt er in die Mitte.”

Der Autor Jürgen K. Groh ist Master of Arts, Dirigent, Moderator und Vizepräsident der WASBE Sektion Deutschland. Er ist unter der E-Mail Adresse juergenkgroh@brawoo.de zu erreichen.