Brass | Von Helmut Peters

Eufonium-Virtuose Fabian Bloch mit neuer CD

Fabian Bloch
Fabian Bloch (Foto: Tobias Epp)

Es ist keine Seltenheit, dass Instrumental­solisten Stücke bei ihnen bekannten Komponisten in Auftrag geben. Gerade in der Musik der Gegenwart kommt das bei Blechbläsern doch ziemlich oft vor. Eine Ausnahme ist es aber schon, wenn ein Bläser gleich eine ­ganze CD mit solchen Werken veröffentlicht und ihr auch noch den plaka­tiven, aus der Popmusik entlehnten Titel “Spot on!” gibt. Der Schweizer Eufonium-Virtuose Fabian Bloch hat genau das getan. 

Die Stücke des Albums “Spot on! – The New Generation of Euphonium Music” stammen überwiegend aus dem Jazzgenre. Es gibt aber etliche Überschneidungen mit der Neuen Musik, etwa in dem faszinierenden Eufonium-Konzert von Daniel Schnyder, das Fabian Bloch auf seinem beim Label Genuin erschienenen Album als Welt-Ersteinspielung veröffentlicht hat. Und wo wir schon bei dem ­immer Aufmerksamkeit erregenden Begriff der Welt-Ersteinspielung sind, dürfen wir nicht unerwähnt lassen, dass das Schnyder-Stück eines von insgesamt elf Ersteinspielungen auf diesem Album ist. 

Ein wenig erinnert das Verfahren, auf eigene Rechnung und auf eigene Initiative zeitgenös­sische Komponisten um Werke für das eigene Instrument zu bitten, an manch andere große Instrumentalsolisten. Etwa an den Pianisten ­Rudolf Buchbinder, der in Wien Anfang März seinen Zyklus »Diabelli 2020« uraufgeführt hat. Bei diesem Zyklus hatte der Star-Pianist bekannte Zeitgenossen um “neue Diabelli-Variationen” ge­beten, die an Beethovens “33 Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli op. 120” mit den Mitteln der Gegenwartsmusik an­schließen.

Oder man denkt an die Aufträge der amerikanischen Geigerin Hilary Hahn vor einigen Jahren. Hahns Zyklus “In 27 Pieces: The Hilary Hahn Encores” bestand damals aus einzelnen Zugabestücken, die die Starsolistin vom Zeitpunkt des Auftrags bis zum Ende der Saison 2012/13 sukzessive zur Uraufführung gebracht hatte und dann auf CD einspielte. 

Aufregend interessante Eufonium-CD

Weder um kurze Variationen noch um Zugabestücke handelt es sich bei den zwölf Stücken von Fabian Blochs aufregend interessanter Eufonium-CD. Gleich beim ersten Track “Bogalusa”, komponiert von Blochs Pianisten-Freund und -Partner François Killian, geht richtig die Post ab. Der Vierminüter für Eufonium, Schlagzeug (in diesem Fall eine kleine Trommel) und Klavier ist ein rhythmisches Feuerwerk voll mitreißendem Groove und einigen Überraschungen wie zusätzlich eingebaute Flexaton-Akzente und Anleihen beim Tango.

Der Titel bezieht sich übrigens nicht, obwohl man gleich an Bossa Nova und Tango denken könnte, auf Südamerika, sondern auf Nordamerika. Konkret auf eine Kleinstadt im südlichen US-Bundesstaat Louisiana mit dem Namen Bogalusa, wo der Jazz nun einmal auch mit Blick auf das nur wenige Kilometer entfernte New Orleans zu Hause ist. Killian wählt eine Mixtur aus Zutaten des Genres: Synkopen, Latino-Rhythmen, aber eben auch Klangmischungen, die dem Eufonium quasi auf den metallischen Leib geschrieben sind. 

Einzigartige Flexibilität

Der Schweizer Bläser Fabian Bloch hat sich schon recht früh für das Eufonium begeistern können. Bereits seit seiner Kindheit spielt er es leidenschaftlich und hat an der Hochschule der Künste in Bern bei Thomas Rüedi dieses Instrument studiert. Am Royal Northern College of Music in Manchester absolvierte Bloch ein “Erasmus-Jahr” und hat bei Steven Mead und David Thornton einen Master in Sachen Performance gemacht. Das war auch die Zeit, in der er Kontakt zur weltbekannten “Fairey Band” aufnahm, in bewegenden Konzerten dieser Truppe mitwirkte und mit ihr tourte. 

Vieles von Blochs einzigartiger Flexibilität und Stilsicherheit in den unterschiedlichsten Genres geht auf diese Zeit zurück. Der Kontrast vom Eingangstitel zum zweiten Track seiner neuen CD “Spot on!” ist einzigartig. Mit Jim Fieldhouses 2019 entstandenem Stück “Vault” erinnert sich Fabian Bloch gleich an einstige Gigs mit der “­Fairey Band”. Fieldhouse nämlich ist bei dieser Band Blochs Eufonium-Partner und fordert den Bläser mit anspruchsvollen Intervallsprüngen bei “Vault” (zu deutsch: Überspringen) heraus. Das Stück beginnt mit einer langsamen Einleitung und gibt dann richtig Gas. Hier sind ungerade Metren zu bewältigen und Killian als Klavierbegleiter kommt ganz schön ins Schwitzen.

Genau wie der Schlagzeuger Michael Meinen, der die abrupten Rhythmuswechsel im Zaum hält. Nicht weniger sprunghaft im Rhythmus ist das Stück “Blazing” des Schweizer Komponisten Fabio Künzli, das im Mittelteil aber auch aufregend schön geblasene Kantilenen für Eufonium bereithält. 

Viel zur Emanzipation des Eufoniums beigetragen

Fabian Bloch hat viel zur Emanzipation des Eufoniums als Soloinstrument beigetragen. Er selbst bemerkt, dass dieses Blechblasinstrument heute zwar hauptsächlich solistisch, in Ensembles und ab und an in klassischen Orchestern zum Einsatz kommt, seine eigentliche Heimat aber in den Brassbands habe. Bloch spielt klanglich sehr unterschiedliche Instrumente. Beim Eufonium bevorzugt er das Instrument aus der Werkstatt “Besson” mit der Typenbezeichnung Prestige BE2052. Greift er mal zur Basstrompete, dann ist es ein Instrument von Ganter in München. 

Das Eufonium wird in dem sicherlich bedeutendsten Stück des Albums, dem Konzert für Eufonium und Orchester “Atlas” von Daniel Schnyder, bis an die Grenzen gefordert. Bloch spielt hier eine Fassung für Eufonium, Klavier und Schlagzeug, die wegen der Transparenz der Orchesterfassung aber in keiner Weise nachgeordnet sein dürfte.

Bei der Interpretation dieses anspruchsvollen Stücks, das dem Bereich der Neuen Musik am weitesten verwandt ist, kommen Fabian Bloch seine Erfahrungen aus der Arbeit mit der Schweizer Liberty Brass Band zugute, in der er oft die Parts des Solo-Eufoniums übernimmt. Zu der eigentümlichen Stil- und Klang­mischung von Schnyders’ »Atlas«-Konzert trägt auch die Einbeziehung von orientalischen Stilmitteln bei, bezieht sich das Stück doch ausdrücklich auf die nordafrikanische Atlas-Gebirgskette. 

Fabian Blochs Album ist ein ganz heißer Tipp

Wie sehr Fabian Bloch der zeitgenössischen ­Musik verbunden ist, hatte er bereits auf seiner ersten Solo-CD (“Drive”) unter Beweis gestellt. Dabei hatte er damals zwei befreundete Komponisten aus England um neue Stücke gebeten. Einerseits war damals das Eufoniumkonzert “Drive” von Simon Dobson entstanden, andererseits zwei jazzige Balladen von Andy Scott, die auch eine Beziehung zu den neuen Titeln von “Spot on!” haben – zu Werken etwa wie “Ncore” des ungarischen Komponisten Roland Szentpali oder den zwei Sätzen “Danza triste” und “Funky Polka” von Jukka Linkola. Wer bislang den “Draht” zum Eufonium noch nicht gefunden haben sollte, für den ist Fabian Blochs Album “Spot on!” jedenfalls ein ganz heißer Tipp!