Wood | Von Redaktion

Fliphead: Erleichterung und neue Sounds für die Flöte

fliphead

Auf der Website von Fliphead heißt es schlicht und ergreifend: Der Fliphead ist ein spezielles Mundstück für die Querflöte. Er ersetzt den herkömmlichen Silberkopf und funktioniert mit allen gängigen Querflöten-Korpussen. Wieder ein neues Gimmick? Wofür und für wen soll das gut sein? Diese ­Fragen interessierten auch Olaf Schönborn, der diese für BRAWOO in einem Erfahrungsbericht beantwortet.

Die Querflöte ist ein wunderschönes In­strument – aber sie hat auch so ihre ­Tücken. Stell dir vor: Du spielst im Jugendorchester Querflöte, hast 16 Takte Pause und dann kommt eine Solomelodiestelle, die gleich mit dem hohen C beginnt… Sofort steigt Angst auf, dass der Ton nicht kommt oder nicht schön klingt. Oder du spielst in der Bigband im Saxofonsatz und hast wieder mal nur zwei Takte Zeit, zur Flöte zu wechseln und damit definitiv keine Zeit, dich auf den ganz anderen Flöten­ansatz einzustellen. Oder du spielst in einer Blaskapelle bei einem Umzug und merkst wieder, wie schwer es ist, beim Laufen den Ansatz zu halten…

Ich spiele sehr gerne Flöte – aber die “Angst” spielt immer mit. Was hinzukommt: Ich bin nach dem Querflötespielen immer etwas verspannt, da die Haltung doch eher ungewöhnlich, weil einseitig ist.

Geht es denn nicht auch einfacher und angenehmer?

Das dachte sich auch ein findiger Saxofonist, der wie ich auch bei vielen Bigband-Konzerten bei einzelnen Stellen zur Querflöte wechseln musste und feststellte, dass er diese Stellen leider meist alles andere als überzeugend spielen konnnte.

Also erfand er den Fliphead.

Beim Fliphead handelt sich um ein Kopfstück für die Querflöte. Dieses aber verfügt nicht über ein normales Mundloch, sondern man bläst einfach von oben in ein blockflötenähnliches Kunststoff-Mundstück. Daraus resultieren gleich mehrere Effekte: Ich muss die Querflöte nicht seitlich – also quer – halten, sondern halte sie tatsächlich senkrecht wie eine Blockflöte. Ich muss zudem auch nicht erst eine genaue Lippenstellung für den Ansatz suchen, sondern kann einfach nur ­direkt hineinblasen wie bei einer Blockflöte. Dadurch ist die Gefahr gebannt, dass der Ton nicht kommt, wenn etwa der Ansatz noch nicht so ­genau ist. Also eine Angst weniger. Allerdings braucht man einen wesentlich höheren Blasdruck und mehr Luft – was mir als Saxofonist aber sehr entgegenkommt.

Fliphead

Für mich als Saxofonist ist das Handling viel angenehmer: Die Flöte liegt jetzt senkrecht in meinen Händen und die Klappen schließen von oben nach unten, genau wie beim Saxofon oder der Klarinette. Dadurch wird das Wechseln zwischen den Instrumenten viel intuitiver. 

Das Kopfstück ist nicht gerade, sondern ca. 45 Grad zur Spielerin bzw. zum Spieler hin gebogen – das verstärkt zusätzlich die Ähnlichkeit zum Spielgefühl zu Saxofon und Klarinette. Genau wie bei einem normalen Kopfstück kann man die Stimmung durch ein leichtes Herausziehen des Flipheads verändern.

Damit die Flöte nicht durch die Hände rutscht, gibt es einen aufsteckbaren Daumenhaken für den rechten Daumen, ähnlich wie der Daumenhaken beim Saxofon oder der Klarinette.

Wie spielt sich sich denn der Fliphead nun?

Der Töne kommen extrem einfach und gleich­mäßig und auch mit einem schönen vollen und warmen Ton. Dieser klingt allerdings wesentlich “holziger” als mit dem normalen Mundstück. Der Klang ist sehr schön – aber er würde aus einem reinen Querflötenensemble definitiv herausstechen. Der Ton ist zudem auch nicht ganz so variabel zu gestalten wie mit dem normalen Querflötenmundloch – wobei das natürlich auch oft nur sehr gute Flötistinnen und Flötisten voll ausnutzen können. In einem gemischten Holzbläsersatz oder in einer Bigband fügt der Flip­head eine zusätzliche Farbe hinzu. 

Der Fliphead ist solistisch gut einsetzbar, be­sonders auch im »World music«-Bereich. Mit ein bisschen Übung bei Phrasierung und verschiedenen Anblasstärken kann er fast wie indianische oder japanische Flöten klingen – nur ist er viel leichter zu spielen.

Ein bisschen Gewöhnung verlangt die Griff­weise, vor allem beim Registerwechsel, damit man die Flöte stabil in der Hand behält. Wegen des verhätnismäßig geringen Gewichts einer Querflöte ist das aber machbar. Man muss nur darauf achten, dass der angesteckte Daumen­haken nicht verrutscht und sich aus Versehen unter der Klappenmechanik einklemmt.

Für wen lohnt sich der Fliphead?

Interessant ist diese neue Entwicklung mit Sicherheit für Anfängerinnen und Anfänger, denn man kann sehr schnell Lieder spielen, ohne ­lange am Ansatz feilen zu müssen. Der “ordentliche” Ton kommt sofort. Auch in Musikvereinen und Blasorchestern könnte der Fliphead eine ­Hilfe dabei sein, dass die Flötensätze sich im Gesamt­klang besser durchsetzen.

Ambitionierten oder professionellen Holzbläserinnen und -bläsern, die bei einem Auftritt zwischen mehreren Instrumenten wechseln müssen (etwa bei der Bigband, bei Theater- oder Musicaljobs), kann der Fliphead ebenfalls helfen. Und nicht zuletzt ist der Fliphead spannend für alle, die gerne mit ­etwas ungewöhnlicheren Klangfarben arbeiten, wie in der Weltmusik, aber auch bei Pop- oder experimentelleren Produktionen.

In Anbetracht der sich bietenden Möglichkeiten ist der Preis für den gut gefertigten und nett verpackten Fliphead gerechtfertigt und das Geld gut angelegt. Und vor allem: Wie schön ist es, bei der Flöte einfach mal ohne Angst hineinzublasen und den Kopf frei zu haben, um sich gleich der Musik widmen zu können…

axel Müller

4 Fragen an Axel Müller

Wie kamst du auf die Idee, den Fliphead zu bauen?

Meine Recherche hat ergeben, dass seit den 60er Jahren versucht wurde, Blockflöten-Mundstücke, Sax-Mundstücke oder Quena-Mund­stücke auf die Querflöte zu montieren. Bisher hat es aber kein Modell auf dem Markt geschafft. Als sich dann zu Beginn der Pandemie mein Konzertkalender leerte, habe ich die freie Zeit genutzt, um den Fliphead von der Pike auf zu entwickeln. 

An welchem Punkt hast du gemerkt, dass das Teil auch serienfähig ist?

Es hat eineinhalb Jahre Entwicklungsphase und etwa 500 Prototypen gebraucht, bis Geometrie und Design von Mundstück, Rohr und Daumenhaken final waren. 

Aufgrund der hohen Nachfrage habe ich dann noch mal etwa ein Jahr investiert, um mich mit Themen wie Firmengründung, Patentanmeldung, Serienfertigung und Vertrieb zu beschäftigen, bevor der Verkauf dann losgehen konnte.

Bei welchen Gelegenheiten benutzt du den Fliphead?

Ich nutze den Fliphead gerne als klangliche Al­ternative zum klassischen Silberkopf. Als Solo-Instrument oder auch als Lead-Stimme im Mischsatz mit Flügelhorn oder gestopfter Trompete kann sich der dunklere und luftige Klang des Flipheads wunderbar entfalten. Man kann damit Klänge zwischen Blockflöte und Low-Whistle erzeugen und hat dabei alle chromatischen Möglichkeiten der Querflöte. Ich habe ­viele Recordings damit unter anderem für BAP, Gregor Meyle und Michael Patrick Kelly gemacht und setze ihn auch regelmäßig bei Konzerten sowie im Rahmen der “Sing meinen Song“-Produktionen immer dann ein, wenn es nicht nicht nach klassischer Querflöte klingen soll. 

Spannend kann der Fliphead auch für Zahn­spangen-Träger sein, die temporär Probleme mit dem Silberkopf haben.

Machst du damit den herkömmlichen Flötenunterricht überflüssig?

Auf keinen Fall! Der Fliphead klingt anders und stellt daher keine Konkurrenz zum herkömm­lichen Silberkopf dar. Der Fliphead lässt sich aller­dings wesentlich leichter erlernen, da der Ansatz simpler ist. Das ist besonders für Saxofonistinnen und Saxofonisten bzw. für Klarinettistinnen und Klarinettisten interessant. Beide ­Köpfe haben also ihre Eigenheiten sowie ge­wisse Vor- und Nachteile. Aber die Flöte spielt sich so oder so nicht von selbst, und regelmäßiges Üben sowie Unterricht lassen sich auch durch den Fliphead nicht ersetzen.

Weitere Fakten

  • Der Lieferumfang besteht aus einem laser­gesinterten Mundstück, einem versilberten S-Bogen aus Neusilber, einem ergonomisch geformten Daumenhaken und einer Eco-­Canvas-Schutztasche. Er ist erhältlich in zwei Farbvarianten: “jet black” und “signal red”
  • Preis: 259 Euro inklusive Anpassung auf die jeweilige Flöte
  • www.fliphead.net