Lange Zeit waren Blasinstrumente für Frauen ein Tabu. Heute dürfen Frauen endlich zeigen, was sie bläserisch draufhaben – und das in allen musikalischen Genres.
Die griechische Mythologie als Wurzel der bläserischen Enthaltsamkeit von Frauen?
Glaubt man der griechischen Mythologie, wurde das erste Rohrblattinstrument von einer Frau erfunden – einer Göttin sogar! Pallas Athene nämlich hatte so großes Mitleid mit Euryale, die den Tod ihrer Schwester Medusa beweinte, dass sie Euryales Klagegesang verewigen wollte.
Aus den Knochen eines Steinbocks schuf sie den Aulos und entlockte ihm eine Trauermelodie. Als Athene jedoch in einem spiegelnden Gewässer sah, dass sich ihr schönes Gesicht beim Aulosblasen zu einer Grimasse verzerrte, warf sie das Instrument wütend von sich.
Altgriechische Politiker und Philosophen scheuten sich nicht, diese mythische Geschichte als »Argument« dafür zu benutzen, warum Frauen keine Blasinstrumente spielen sollten. Nicht alle Frauen haben sich an dieses Verbot gehalten.
Aus der griechischen und römischen Antike gibt es zahlreiche Abbildungen, vor allem Vasenmalereien, die aulosspielende Frauen zeigen. Bekannt wurde die Aulos-Virtuosin Lamia, eine mutige und einflussreiche Person. In Athen und Theben hat man ihr sogar Tempel errichtet.
Musizierende Frauen in der christlichen Gesellschaft
In der christlichen Kirche war Frauen das Musizieren und Singen lange Zeit grundsätzlich untersagt – als Begründung musste das »Paulinische Schweigegebot« aus dem 1. Korintherbrief herhalten. Selbst im weltlichen Bereich wurden weibliche Singrollen jahrhundertelang von Knaben und Kastraten übernommen.
Die Musikerzünfte – etwa die Zunft der Stadtpfeifer – blieben Frauen zu jeder Zeit verschlossen. Noch im 19. Jahrhundert war die Vorstellung, eine Frau könne den Musikerberuf ergreifen, skandalös. Die gesellschaftliche Aufgabe der Frau war die der Gattin, Mutter und Haushaltsführung.
Männer dagegen konnten Ehefrau und Kinder haben und dennoch als Musiker auf Tournee gehen. Felix Mendelssohns ebenbürtig talentierte Schwester Fanny erhielt von ihrem Vater den klaren Bescheid, dass die Musik für sie allenfalls »Zierde«, aber nicht Beruf sein könne. Das Klavier gehörte damals zwar zur typischen Ausbildung »höherer Töchter«, aber spielen durften diese es nur in kleiner Gesellschaft – im Rahmen der »Hausmusik«.
Jazz, eine Musik für Männer?
Auch der frühe Jazz war eine richtige Macho-Veranstaltung. Die Männer zogen durch die Städte, forderten einander heraus, duellierten sich auf ihren lauten Blasinstrumenten. Es war ein bisschen wie Wilder Westen mit musikalischen Mitteln. Frauen mischten da allenfalls als Sängerinnen mit – und vielleicht als Aushilfen am Klavier, das in den USA lange als ein Instrument für Frauen galt.
Sobald es im Tonstudio oder auf der Bühne aber darum ging, kraftvoll »loszuhotten«, wurden Frauen auch am Klavier kaum mehr akzeptiert. »Wir wollen in der Band keine Frau sehen«, hieß es, oder: »Es ist nicht angemessen, dass Frauen so spielen.« Das größte Lob, das eine Frau im Jazz damals erhalten konnte, war: Sie spielt wie ein Mann.