Der neue Woodmaster heißt Gábor Tarkövi, ehemaliger Solotrompeter der Berliner Philharmoniker. Er gibt zu, dass er schon ein wenig Respekt vor der »ehrenvollen Aufgabe« habe. Versuche seinerseits, andere Namen ins Spiel zu bringen – “Frag den Thomas Gansch! Frag den Christoph Moschberger!” – wurden vom Veranstalter mit den Worten “Die waren schon!” abgeschmettert. Und je näher das Woodstock der Blasmusik rückt, desto mehr freut sich Gábor Tarkövi darauf.
Tarkövi ist Woodstock-Frischling
Gábor Tarkövi, der Woodmaster 2024, ist ein Woodstock-Frischling, wie er im Interview verrät – viele Berührungspunkte mit dem Blasmusikfestival gab es bislang nicht, auch wenn er Gründer und Veranstalter Simon Ertl schon lange kennt: “Vor vielen Jahren habe ich Simon in Japan getroffen, als er mit dem Orchester der Volksoper Wien auf Tournee war. Er hat mir erzählt, dass er Veranstalter dieses großen Festivals ist und ich dachte nur: ›Wahnsinn, was ist das denn?‹ Im Laufe der Jahre habe ich mehr vom Woodstock der Blasmusik gehört. Ein paar Musikerkollegen haben immer davon erzählt. Und auch über meine Familie habe ich einiges mitbekommen, denn mein Bruder ist Blasorchesterdirigent in Bayern und seine Tochter ist ein großer Woodstock-Fan.”
Als Gábor Tarkövi dann die Anfrage erreichte, ob er der diesjährige Woodmaster sein möchte, musste er erst einmal recherchieren: “Mein Kollege Lorenz Raab von ›Pro Brass‹ hat mir dann sehr weitergeholfen und mich informiert, was denn der Woodmaster dort zu tun hat”, so Tarkövi. Nachdem der Profitrompeter zugesagt hatte, ging es an die Musikauswahl für die verschiedenen Ensembles, mit denen er am Festivalwochenende spielen wird. Neben Auftritten mit Hochkarätern wie “Pro Brass”, “Hungarian Brass” oder der “Vienna Brass Connection” steht ein richtiges Special auf dem Programm, denn Gábor Tarkövi muss auch eine eigene Bradler-Partie für den Festivalsonntag zusammenstellen. Der Woodmaster freut sich bereits: “Da werden viele Freunde zusammenkommen! Das gehört einfach dazu, denn wir sind alle mit traditioneller Blasmusik aufgewachsen. Und ohne unsere anfängliche Freude, gemeinsam zu musizieren, wären wir nicht da, wo wir heute sind.”
Kein Tag ohne Musik!
In Gábors Jugend verging kein Tag ohne Musik: Sein Großvater war Kapellmeister und unterrichtete im Dorf. Sein Vater war Trompeter, später stieg er auf Ventilposaune um. Sein Bruder Stefan lernte ebenfalls Trompete. “Musik gehörte zum Alltag, es ging immer um Musik”, so Tarkövi. “Wir hatten damals eine Familienkapelle, mit meinem Vater habe ich leider nur wenige Male zusammengespielt – die Kapelle hat dann mein Bruder übernommen”, erinnert sich der Musiker, “aber mit meinem Vater zusammen habe ich meinen ersten Ball gespielt, als ich zwölf Jahre alt war.” Dieser erste Ball dauerte von 19 Uhr bis 5 Uhr morgens. Tarkövi verrät schmunzelnd, dass er, wenn er müde wurde, “zwischendurch einfach ein bisschen geschlafen” habe, bevor es wieder zurück auf die Bühne ging.
Im Repertoire der Familienkapelle fanden sich übrigens damals schon zahlreiche Stücke, die man auch heute noch vielfach in Notenmappen findet: “Zu Hause hatten wir neben Polkas, die man in Österreich anders genannt hat, auch bekannte Werke, wie zum Beispiel den ›Andulka-Marsch‹ und ›Musik, Musik‹ von František Kmoch sowie die ›Brinpolka‹ des Brünner Komponisten Karel Hulak. Das waren schon früh sehr wichtige Stücke für mich, die habe ich sehr gemocht und gerne gespielt!”
Die Musikanten haben immer gelacht!
Von jenem ersten Ball und anderen Auftritten blieb dem Jungspund an der Trompete vor allem eines in Erinnerung: “Die Musikanten haben immer gelacht. Diese Freude, die ich bei meinem Vater und bei seinen Kollegen gesehen habe, wenn sie gespielt haben, war im Alltag selten zu sehen.” Eigentlich arbeitete sein Vater als Elektriker, sein Großvater im Bergwerk – “das waren Brotberufe für das geregelte Einkommen”, so Tarkövi, “die Berufung war bei beiden jedoch die Musik. Das war sehr prägend für mich.” Beim jungen Gábor zeichnete sich deutlich ab, dass er für die Musik deutlich mehr Talent hatte, als für andere Dinge. So trat er mit 14 Jahren aus seiner gewohnten blasmusikalischen Umgebung heraus und besuchte das Konservatorium in Győr.
“Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich nie gleichmäßige Achtelnoten gespielt – die Achtel mussten immer tanzen. Wir waren ja Tanzmusiker”, erzählt Tarkövi und ergänzt: “Und als ich damit ans Konservatorium gekommen bin, haben sie alle gelacht und mir gesagt, ich müsse jetzt lernen, gleichmäßige Achtel zu spielen.” Nach einiger Zeit kam Tarkövi nach Hause und seine neu gewonnene “Fähigkeit”, gerade Achtel spielen zu können, fiel sogleich auf: “Wir haben geprobt und unter anderem die ›Brinpolka‹ gespielt”, erinnert sich Tarkövi lachend, “und mein Vater hat gesagt: ›Und wer soll jetzt auf deine sch… Achtel tanzen …?‹”
Gleichmäßige Achtelnoten? Die mussten doch tanzen!
Seitdem versuche er, bewusst und deutlich zu unterscheiden – im klassischen Orchesterbetrieb gleichmäßige Achtel, in der Blasmusik tanzende. Doch Hand aufs Herz: “Manchmal gelingt mir das auch nicht”, so Tarkövi augenzwinkernd. Denn im Profimusiker steckt natürlich nach wie vor ein Musikant, der mit Blasmusik großgeworden ist. Und als solcher dürfte er sich beim Woodstock der Blasmusik sehr wohl fühlen. “Ich hoffe, dass ich meiner Aufgabe beim Woodstock gerecht werde und fühle mich sehr geehrt. Respekt habe ich davor – aber die Vorfreude überwiegt”, verrät der Woodmaster. “Das wird wahnsinnig viel Spaß machen, weil ich mit Ensembles spielen werde, in denen ich gute Freunde habe.”
Als übrigens Thomas Gansch, der Woodmaster von 2016, von Tarkövis Einsatz als Woodmaster erfuhr, habe dieser herzlich gelacht und seinen Registerkollegen mit den Worten “Du brauchst auf jeden Fall Ansatz – viel Spaß dabei!” aufs Festival eingestimmt. Der Ansatz sollte bei einem Gábor Tarkövi jedoch kein Problem sein.
Interview: Klaus Härtel , Text: Christian Mayr
On Stage
Donnerstag, 27. Juni
- 14.30 Uhr: »Die Inntaler«
- 18.15 Uhr: »Brass Band Oberösterreich«
Freitag, 28. Juni
- 14 Uhr: »Hungarian Brass«
- 16.30 Uhr: »Vienna Brass Connection«
Samstag, 29. Juni:
- 16.30 Uhr: »Pro Brass«
Sonntag, 30. Juni:
- 10 Uhr: Gottesdienst mit »Pro Brass«
- 13 Uhr: Woodmaster & Friends