Es gibt ja diese Zufälle im Arbeitsleben eines Journalisten – oder ist das Schicksal? –, dass Dinge geplant werden, Dinge aber dann passieren, die man nicht planen kann. Das Gespräch mit Andreas Binder und Thomas Lux von Harmonic Brass München ist so ein Fall. Mit den beiden Sprechen wir übers Essen.
Das Album »Delicatessen« – ein Album für alle Sinne
Aber der Reihe nach. Nachdem man schon vor längerer Zeit das Schwerpunktthema »Ernährung« auf den Plan gesetzt hat, trudelt in der Redaktion eine CD ein, die sich tatsächlich weitgehend dieser Thematik widmet. »Delicatessen« ist der Name des Albums, das man wohl »Konzeptalbum« nennen kann.
Auf diesem widmen sich die vier Herren und ihre Kollegin von Harmonic Brass intensiv dem Essen und Trinken. Einzigartig dürfte dabei ihr selbstkomponiertes 5-Gänge-Menü sein. Jedes der Ensemblemitglieder komponierte einen Gang und lieferte das Rezept gleich mit dazu. Man kann das Menü hören und gleichzeitig nachkochen. Ein Album für alle Sinne.
Das Platzl in München
Wir treffen uns mit dem Hornisten Andreas Binder und dem Posaunisten Thomas Lux an einem Ort, an dem die Gefahr der lukullischen Reizüberflutung nicht gerade gering ist: am Platzl in München. Das Platzl befindet sich am Ende der Orlandostraße in der Altstadt. Prächtige Bürgerhäuser und Kopfsteinpflaster bilden die Kulisse. Das Orlandohaus ist eines dieser edlen Bürgerhäuser, es wurde nach Orlando di Lasso, dem Kapellmeister am herzoglichen Hof, benannt. Heute kocht hier der Starkoch Alfons Schuhbeck, dem mittlerweile der »halbe Platz gehört«.
Verhungern wird man hier ohnehin nur sehr schwer: Nicht nur das Hard Rock Cafe, die Traditionsmetzgerei Vinzenzmurr, ein Dönerladen, die Südtiroler Stuben, das Sushi-Restaurant Shoya, der Dubliner Irish Pub, das Ayinger Wirtshaus oder der Kaffeeröster Starbucks kämpfen um die Gunst der zahlreichen Besucher, sondern auch und vor allem das weltberühmte Hofbräuhaus zieht Menschen aus aller Welt wie magisch an.
Jener »Biertempel« ist im Übrigen weit mehr als das. Das Hofbräuhaus ist nämlich nicht nur gaumen-, sondern auch überaus musikantenfreundlich. Aus der Schwemme dröhnt die Musik, noch mehr das Stimmengewirr und klirrende Maßkrüge. »Ein Prosit der Gemütlichkeit« bildet den Soundtrack zum Rausschmiss eines Junggesellenabschieds, der offensichtlich schon einige Stunden auf der Uhr hat.
Den wohltuenden Kontrast bildet das Bräustüberl im 1. Stock. Hier ist es nicht laut und stressig-scheppernd, hier ist es ruhig und tatsächlich bayerisch-gemütlich. Im Bräustüberl findet zudem jeden 1. Montag im Monat der Musikantentreff statt – mit Volksmusik aus Bayern und aus der ganzen Welt. »Wer sich traut mitzuspielen, ist herzlich eingeladen«, heißt es auf der Seite des Hofbräuhauses. Und genau hier treffen wir uns.
Genussbetone Menschen
Gleich zu Beginn der Unterhaltung – bei Kaffee, Wasser und alkoholfreiem Weißbier – wird deutlich, wie ähnlich sich Köche und Musiker doch eigentlich sind. Andreas Binder meint: »Köche und Musiker sind sehr genussbetonte Menschen. Musiker – gerade den Blechbläsern wird das gerne nachgesagt – sind sehr gesellige Menschen.« Er lacht.
»Blechbläser trifft man immer in Rudeln, Neid und Missgunst gibt es da nicht. Ich möchte das hier natürlich nicht für alle Instrumentengruppen beurteilen – beim Blech aber kann ich das bestätigen.« Thomas Lux nickt zustimmend.
Binder führt weiter aus: »Musik und Essen sind darüber hinaus sehr schöne Dinge, die die Menschheit bereichern. Man braucht sie nicht zwingend zum Leben – weder die gute Musik noch die gute Küche – doch diese Dinge machen das Leben schöner und facettenreicher.«
An dieser Stelle widerspricht Lux zaghaft, denn er ist schon der Meinung, dass man gute Musik und gutes Essen zum Leben braucht. »Das Essen ist – wie die Musik – eine weitere Dimension, die man im Leben hat. Man braucht sie fürs Gemüt und für die Seele.«
Jetzt nickt Andreas Binder zustimmend. Im Falle von Harmonic Brass, merken beide an, bedingt das eine vor allem das andere. »Wenn wir auf unseren Tourneen ein gutes Essen hatten, steigt auch gleich die Stimmung. Und dann kann auch nicht mehr viel schiefgehen.«