Praxis, Wood | Von Matthias Schorn

Holzwurm: Die Luft als Verbindung von Körper und Seele

Keine Sorge! Sie sind immer noch auf der Internetseite der Blasmusik-Fachzeitschrift CLARINO und nicht bei einer Esoterik-Zeitschrift. Es ist nur so, dass ich für mich in meinem (musikalischen) Leben draufgekommen bin, dass die richtige Verwendung oder besser: überhaupt die Verwendung von Luft viele meiner (musikalischen) Probleme zu lösen imstande ist!

Töne »heben«

Mein Lehrer an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Hans Hindler, hat immer versucht, uns Studenten auf die richtige »Luftführung« hinzuweisen. Er wurde nicht müde zu betonen, dass wir die Töne »heben« sollten. Gemeint war, dass wir jeden Ton auch (!) mit dem Zwerchfell anstoßen sollten.

Ist es nicht ein schönes Bild, die Töne, die man durch sein Instrument von sich gibt, irgendwohin zu »heben«? Vielleicht sogar auf eine Wolke in den Himmel? Mir gefiel dieses Bild sehr, und es half mir, möglichst schöne Töne bei gleichzeitig größtmöglicher Lockerheit von mir zu geben.

Töne zu »heben« gefiel mir auch aus ganzheitlicher Sicht viel besser, als auf Töne »draufzusteigen«. Auch das mir vertraute Wort der »Stütze« bekam durch diese Herangehensweise eine völlig neue Bedeutung für mich!

Gerade in den Musikkapellen auf dem Land (deren begeistertes Mitglied ich ja war!) herrschte oft die landläufige Meinung, dass die »Stütze« eine vor (!) der Tonerzeugung hergestellte Spannung sein sollte, die möglichst lange und fest aufrechterhalten werden sollte. Diese Idee missfiel mir schon immer, und durch Hans Hindler entdeckte ich, dass die »Stütze« (er verwendete dieses Wort kaum!) etwas ist, was ganz natürlich und ohne künstliches Zutun von selbst entsteht, wenn man eine große Menge Luft mithilfe eines kleinen Zwerchfellimpulses durch die kleine Öffnung zwischen Blatt und Mundstück bläst. Schon gar nicht sollte die Stütze »fest« oder »künstlich« und »anstrengend« sein! Das wurde mir sehr schnell klar und das gefiel mir.

Die Lösung vieler Probleme

Ich versuchte, seine Übungen so gut wie möglich nachzuahmen und bemerkte, wie die (richtige) Verwendung der Luft fast alle meine Probleme zu lösen imstande war. Funktionierte eine technische Stelle nicht richtig, war mein erster Gedanke, dass es an den Fingern liegen müsse. Ich kam mehr und mehr dahinter, dass technische Stellen dann nicht gut funktionierten, wenn ich in einer Kette von vielen aufeinanderfolgenden Noten einen Teil der Noten oder auch nur eine einzelne Note mittendrin mit zu wenig Luft »versorgte«.

Mein Lösungsansatz war es nun zu versuchen, jeden Ton mit seinem eigenen »Luftzyklus« zu versorgen. Ich schien also eine (oder mehrere) Noten weniger »gern« zu haben als die restlichen. Wenn ich versuchte, dieses Missverhältnis zu korrigieren und alle Töne mit gleich viel Luft zu versorgen, wurden technische Stellen runder und einfacher.

Auch bei Staccato-Problemen wurde mir mehr und mehr klar, dass nicht die Zunge die Problemstelle bei zu langsamem oder zu verkrampftem Staccato war, sondern wiederum die Luft!

Artikel in voller Länge als PDF downloaden