Wie recht Slavko und Vilko Avsenik schon 1974 hatten… aber was ist eigentlich ein "Musikant"? Und: gibt es einen Unterschied zwischen "Musiker" und "Musikant"?
Über Matthias Schorn
Ich bin Matthias Schorn und ich bin ein Musikant. Zumindest werde ich immer wieder als solcher bezeichnet. Man kann mir kein schöneres Kompliment machen! Geboren und aufgewachsen bin ich im Salzburger Tennengau, in unserer Familie wurde immer Musik gemacht.
Schon früh war ich Mitglied in zwei Musikkapellen, später habe ich in Salzburg und Wien Musik studiert, und seit fast 15 Jahren bin ich in unterschiedlichen Orchestern (unter anderem Deutsches Symphonie Orchester Berlin, Münchner Philharmoniker) als Soloklarinettist engagiert, die letzten zehn Jahre nun schon bei den Wiener Philharmonikern.
Um meine eigenen musikalisch-kreativen Ideen ausleben zu können, gründete ich verschiedene klassische Ensembles wie auch die Weltmusikband "Faltenradio" oder die Blaskapelle "MaChlast", aus der unter anderem das Festival "Woodstock der Blasmusik" hervorgegangen ist. Seit vielen Jahren lehre ich an der Musik und Kunst Privatuniversität Wien, und nun darf ich eine monatliche Kolumne für eine Zeitschrift schreiben, die so heißt wie mein Herzensinstrument anfangs genannt wurde: Clarino. Das passt.
Aber was finde ich am – für viele abwertenden – Begriff des "Musikanten" so toll? Ganz einfach: Die Bezeichnung "Musikant" gefällt mir deshalb so gut, weil sie für mich ein spontanes, unmittelbares, unvorhersehbares Element des Musizierens mit einbezieht. Sie beschreibt einen Ausdruck, der nicht gezwungenermaßen den Umweg über den Kopf sucht, sondern direkt ins Herz und/oder in die Beine fährt.
Einverstanden? Passt.
Musik neu erfinden
Vielleicht impliziert der "Musikant" im Vergleich zum "Musiker" sogar etwas, das nicht "erlernbar" ist. Ich kenne Musikanten in der klassischen Musik (gerade mein Orchester wird oft als "Musikantenorchester" bezeichnet), wie auch in der Volks- und Blasmusik oder im Jazz. Allen Musikanten gemeinsam ist das Bedürfnis, Musik aus dem Moment heraus "neu zu erfinden" und nicht zu "verwalten".
Das können (und müssen!) wir auch bei notierter Musik versuchen. Und selbstverständlich wirkt sich ein derartiger Ansatz auch auf Orchestermusiker aus. Nikolaus Harnoncourt hat immer versucht, uns in diese Richtung zu drängen, und Thomas Gansch meinte sowieso: "Musik kann man eigentlich nicht studieren." Beide haben Recht, beide sind Erz- und Universalmusikanten, beide sind große Vorbilder!
Die kindliche Improvisationslust
Wird nicht in den (Musik-)Ausbildungsstätten unsere kindlich-naive Neugier und Improvisationslust manchmal etwas zugeschüttet? Graben wir sie aus! Lassen wir uns doch wieder etwas mehr darauf ein, ausprobieren und experimentieren zu dürfen! Wir alle können unheimlich viel voneinander lernen, und das meine ich im ganzheitlichen Sinne, nicht nur auf die Musik bezogen.
Ich lerne täglich. Was wir sicherlich oft vergessen oder vielleicht auch im Studium zuschütten, ist eine kindliche Improvisationslust und Spontanität und vielleicht sogar ein gewisser Mut zu Fehlern. Auch hier fällt mir sofort ein Zitat ein: "Zur Vollkommenheit fehlt der Perfektion ein gewisser Mangel", sagte einmal Andreas Salchegger, ein leider verstorbener blinder Ziehharmonika-Spieler aus dem Salzburger Land. Ein Musikant, wie er im Bilderbuche stand.