Orchestra | Von Tanja Dusel

HutterMusic. Ein erfolgreiches Familienunternehmen

HutterMusic
Fotos: Steffen Österle

Der Sidney-Lumet-Streifen “Family Business” aus dem Jahr 1989 war trotz seiner Hauptdarsteller Sean Connery und Dustin Hoffman kein wirklicher Kas­senschlager. Das Familienunternehmen “HutterMusic” hingegen ist auf dem besten Wege, eine Erfolgsgeschichte zu werden. Das liegt auch an seinen Hauptdarstellern. Wir haben die Hutters in Amtzell besucht.

Rückblende/Flashback

Ernst Mosch den Gründervater des Unternehmens zu nennen, würde vermutlich etwas zu weit gehen. Und doch schien er eine Vorahnung zu haben, als er Anfang der 1990er Jahre bei einem Treffen anlässlich eines Konzerts den Eltern Uschi und Ernst Hutter gratulierte: “Mein Gott – drei Buben!” Und unbestritten legte Ernst Mosch mit den Egerländern und deren ­Musik den inhaltlichen Grundstein des heutigen Unternehmens.

Die drei Söhne von Uschi und Ernst Hutter ­kamen 1984, 1986 und 1992 auf die Welt. Den ­Eltern war damals vermutlich noch nicht unbedingt klar, dass sie einmal die Wurzeln der Familie Hutter und die damit eng verbundene Egerländer Blasmusik auf viel­fältige Weise erhalten und in die Welt tragen. Stand das alles im Drehbuch? 

Jeder der Sprösslinge absolvierte im Lauf der Zeit die passende Ausbildung und entwickelte sogar die unterschiedlichsten In­te­ressen, die am Ende wieder ein ganzes Bild ergeben. Das spiegelt sich nun in der Firmierung von “Hutter­Music” wider. 

Cast – in order of appearance

Im Jahre 1986 startete der Vater Ernst Hutter seine Karriere beim legendären Ernst Mosch und seinen Original Eger­länder Musikanten. 1987 schlug er pa­rallel dazu auch Wege in andere Musik­richtungen ein und begann unter an­derem bei der SWR Big Band. Seitdem konnte er als Posaunist und Tenorhornist unzählige Erlebnisse und Erfahrungen sammeln.

Stephan Hutter (Jahrgang 1984) hat ne­ben dem Musizieren auf der Bühne (als Schlagzeuger) ­seine große Leidenschaft im Komponieren und Arrangieren gefunden. Er ist bei “HutterMusic” ­neben diesen Tätigkeiten für alle Verlagsarbeiten und den Notendruck zuständig.

Martin Hutter (1986), der wie sein Bruder Stephan Musik studiert hat, widmet sich neben seiner Trompete und ge­legent­lichen Kompositionen den Themen Marketing, Label-Arbeit und Produktmanagement. 

Julian Hutter (1992) hat als einziger der Brüder eine nicht musikalische Ausbildung im Bankenwesen absolviert sowie BWL mit Schwerpunkt Eventmanagement studiert. Er behält das große Ganze im Blick und übernimmt die Verwaltung des Familienunternehmens. Marketing, Produktmanagement, Label-Arbeit und Konzeptionierung stehen auf seinem Tages­plan. 

Und was wäre die Familie ohne Uschi Hutter? Als gut gelaunte und auch humor­volle Mutter unterstützt sie in der Auftragsbearbeitung, der Buchhaltung sowie im Einkauf und der anfallenden Produktpflege. Ernst Hutter selbst untermauert die Firma als “Seniorchef” mit all seiner viel­fältigen Erfahrung und Leidenschaft in allen Bereichen. 

HutterMusic
Foto: Steffen Österle

Außenaufnahmen

Für eine harmonische Zusammenarbeit in der Familie war wertvoll, dass die Söhne bei verschiedenen eigenen Projekten – also abseits der Egerländer – ihre persönlichen Erfahrungen sammeln konnten. Und zwar auf der Bühne und dahinter. Man ist sich einig. “Es ist nicht anders, als mit guten Freunden eng zusammenzuarbeiten”, resümieren die drei Brüder einstimmig. Dass die Söhne auch bei den “Egerländer Musikanten – Das Original” am Schlagzeug bzw. an der Trompete einstiegen, liegt eher am musikalischen Können denn am familiären Aspekt. Darauf nämlich legt Ernst Hutter Wert und ist zugleich stolz, dass es ihm auch hier gelingt, die Egerländer Musik und damit auch deren Geschichte an die jüngere Generation weitergeben zu können.

Um die Jahrtausendwende wurde die Zukunft der Blasmusik – um beim Film zu bleiben – mit einer düsteren “Atmo” unterlegt. Doch der Per­spektiv­wechsel gelang. Ernst Hutter ist überzeugt: “Die Entwicklung der vielen ­neuen und jungen Egerländer-Partien zeigt, dass es die richtige Entscheidung war, nach dem Tod von Ernst Mosch weiterzumachen. Uns ist es gelungen, unser Wissen über unsere Musik, das wir von ihm direkt erlernten, an jüngere Generationen weiterzugeben.”

Hutter kritisiert, dass diese Kehrtwende bei den großen Produktionsfirmen nicht stattgefunden habe. Im Vordergrund stünden hier die Produktion und Erfüllung der Quote anderer Musikgenres. Die klassischen Medien, auch die öffent­lich-recht­lichen Fernseh- und Radioanstalten, hätten kein Interesse mehr gehabt. “Dieser Sachverhalt wurde mir im Lauf der Jahre immer klarer!”, erinnert sich der Seniorchef. Allerdings sei so auch Raum für alternative Möglichkeiten entstanden.

Auch aus diesem Umstand erwuchs der Wunsch, die Arbeit als Musiker und Dirigent au­tark leben zu können. “Der Drang, das, wofür man brennt, zu 100 Prozent zu ver­wirk­lichen, wurde immer größer.” Dankbarkeit und Stolz mischen sich beim Erzählen in Hutters Stimme. Das Mosaik seines anfänglichen Traums wird nun mit den Fähigkeiten und Interessen seiner gesamten Familie komplett. Das ging zwar nicht “von heute auf morgen” und man ahnte vermutlich, wie viel schneller Dinge hätten entschieden und umgesetzt werden können, wenn man es doch nur selbst in der Hand hätte. Dies startete dann 2019 offiziell mit “HutterMusic”. 

Mit der neuen Firmierung wurden die Wege kürzer. Das “Egerländer-Büro”, vorher von zu Hause oder auch von der Zweigstelle in Herrenberg geleitet, konnte nun zentralisiert werden. Das neu gebaute Verlagshaus wurde nach eigenen Vorstellungen als “Kreativhaus” mitgestaltet. Im spiegel­seitigen Aufbau gibt es neben dem Empfangsbereich ein großes Besprechungszimmer, in dem Gäste empfangen und auch diverse Videos gestaltet werden. Der Keller verfügt über genügend Raum für die Lagerung der Noten, Werbeartikel und der Egerländer Trachten. Ein Studio für Aufnahmen und Vorproduktionen darf hier natürlich nicht fehlen.  

Die Filmmusik

Die Musik der “Egerländer Musikanten – Das Original” professionell zu leben, ist für Ernst Hutter eine Lebensaufgabe. Die anderen musikalischen Aktivitäten wie das Spielen in der SWR Big Band waren ihm aber mindestens genauso wichtig. Die Entscheidung, “HutterMusic” zu gründen, ging mit dem Entschluss einher, sich nach 35 Jahren aus der SWR Big Band zurückzuziehen. Ein Label zu gründen, einen Verlag zu führen und die Noten selbst zu drucken, neue Visionen zu haben und umzusetzen, die musikalische Arbeit – all das wurde relativ kurz vor dem ersten Lockdown final beschlossen. 

Ernst Hutter
Foto: Steffen Österle

Auch die Hutter-Brüder erfuhren in ihren eigenen Bands, dass es oft schwierig wurde, die musikalische Welt so zu bauen, wie sie wollten und dabei die Werte der Musik nach außen zu tragen. Mit den sozialen Medien besteht heute die Möglichkeit, den Fans viel näher zu sein. Eine Möglichkeit, die die Jungs erkannt und zu nutzen verstanden haben. Ihr Motto: “Wichtig ist, etwas zu schaffen, womit möglichst vielen Menschen et­was Gutes getan wird.”

Die Zeit der Lockdowns spielte der Familie in­direkt auch ­in die Karten. Die bereits 2019 selbst produzierte CD “Bleib Dir Treu” wie auch die im Winter 2020 entstandene CD “Blas’ Musik in die Welt” konnten mit den neuen eingeschlagenen Wegen in Ruhe vermarktet werden.

Southbrass” ist die erste externe Band, die nun unter dem Label “HutterMusic” verlegt, weil sie nach dem Gewinn des “Grand Prix der Blas­musik” 2018 den­selben Wunsch hatten wie einst Familie Hutter: Sie wollten selbstbestimmt ihr musikalisches Ding durchziehen. Und damit war die Basis für die Zusammenarbeit geschaffen. Auch weil Ernst Hutter sich von dieser Band an seine eigenen musikalischen Anfänge er­innert fühlt, möchte er diese und andere junge Musi­ker unterstützen. Somit kommen die Künstler in den Genuss, sie selbst sein zu können. Gleichzeitig haben sie einen kompetenten Partner an ihrer Seite, der ihre Philosophie mit modernen Möglichkeiten vertritt und sie dabei ­begleitet, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Künftig sollen weitere Gruppen, die dieser Phi­losophie folgen wollen, ins Verlagsprogramm aufgenommen werden. Es geht um Bläser­musik in sämtlichen Formen. Raus aus dem alten Schub­laden­denken – eine der wichtigsten Grund-Philosophien der jungen Firma. 

Dabei sprüht jeder Einzelne der Hutters vor Visionen und Ideen, die sie nun endlich in ihrem eigens konzipierten “Set” HutterMusic umsetzen können und werden. Einige Projekte, die aus dem Lockdown resultieren, werden dabei Bestand haben. Rückblickend kam alles zum vermeintlich richtigen Zeitpunkt. Mit vielen Eigenproduktionen haben Hutter und seine Familie auch während der langen Pandemiezeit immer gezeigt, dass sie da sind.

“Kaufmännisch betrachtet mussten wir etwas tun. Miete und laufende Kosten wollten bezahlt werden”, erklärt Julian Hutter. “Aber natürlich war es ein wichtiges ­Zeichen an die Szene und viel positives Feedback bestärkte uns”, resümiert der Vater. Es wurden Online-Konzerte veranstaltet, Live­streams aller Art, Noten vertrieben und CDs produziert. 

Drehpausen

Bei der Frage nach einem Ausgleich oder Entspannung fällt es den Mitgliedern der Hutter-­Familie nicht ganz leicht, zu antworten. Die Musik und die Firma sind ihr Leben. “Wenn man für eine Sache brennt, dann tut man dies einfach mit Leidenschaft. Dabei ist es schwer abzuschalten, weil es zum täglichen Leben gehört”, so die Brüder. Sie geben zu, dass es, wenn sie unter sich sind, fast ausschließlich um die musikalischen Projekte geht. “Es macht Spaß, sich auszutauschen. Jeder kennt jeden und weiß in Diskussionen, dass Meinungen nicht persönlich zu nehmen sind”, argumentiert Martin Hutter. Aber zum Beispiel bei sportlichen Freizeitaktivitäten (Radfahren, Tennis, Basketball und Dart) gibt es dennoch Zeiten mit anderen Themen und selbst die Tour­neen sorgen für Erholung im Sinne eines Tapeten­wechsels.

Das Team von “HutterMusic” ist zuversichtlich: “Sobald die notwendigen Rahmenbedingungen wieder gegeben sind, geht es wieder richtig los”, vermutet Stephan optimistisch. Sein Bruder Julian schließt sich an: “Das Publikum muss erst wieder Vertrauen schöpfen, dass Konzerte stattfinden. Momentan ist jedes Konzert wie eine Wette.” Und Ernst Hutter vergleicht: “Das Musik-Business ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Mit guten und hoch qualifizierten Produkten kann die Kultur wieder Fuß fassen.” 

Mit all der Erfahrung der einzelnen Mitglieder der Familie ist “HutterMusic” gut aufgestellt. Neben ihrer eigenen und die der Egerländer wird man hier noch viele weitere – auch filmreife – Geschichten in die Welt tragen.

Text: Tanja Dusel/Klaus Härtel

www.huttermusic.com