Das Vogtland, der sächsische Musikwinkel, war und ist ein weltweit bedeutendes Zentrum der Musikinstrumente-Herstellung. Diese Tradition reicht zurück bis ins 17. Jahrhundert. Heute vermarktet sich der Musikwinkel auch zeitgemäß als »Musicon Valley«.
Das Vogtland
Dort, wo die deutsch-tschechische Grenze ihren markanten Knick hat, dort, wo Bayern an Sachsen grenzt, dort liegt das Vogtland – zwischen dem Erzgebirge im Osten und dem Thüringer Schiefergebirge im Westen. Im Vogtland stoßen Sachsen, Thüringen, Bayern und Tschechien aneinander – es ist das Kernstück der Europaregion »Euregio Egrensis«.
Das Vogtland mit seinen weiten Wiesen, bewaldeten Hügeln und Mittelgebirgshöhen (bis 974 m) ist bekannt für seine besondere landschaftliche Schönheit. Man findet Trinkkur- und Luftkurorte, große Erholungsräume an Talsperren, einen 120 Kilometer langen Naturpark und ein reiches Tourismus- und Freizeitangebot. Eine ideale Gegend auch zum Wandern, Radfahren, Skifahren.
Wie im ganzen Erzgebirge wurde im Vogtland schon in der frühen Neuzeit Bergbau betrieben. Es gab nennenswerte Vorkommen an Kupfer, Blei, Zinn, Silber – daraus entwickelte sich eine rege Handwerks-, Geräte- und Maschinenindustrie. Bekannt wurden zum Beispiel die »Plauener Spitze« (Stickerei) oder die Teppiche von Oelsnitz (Weberei).
Wahren Weltruhm aber erwarb sich das vogtländische Musikinstrumente-Handwerk. Seit den 1920er Jahren wird der Südosten des Vogtlandkreises auch »sächsischer Musikwinkel« genannt.
Zwischen Böhmen und Sachsen
Die Geschichte des Musikwinkels begann rund 250 Jahre vorher. In der Folge der Gegenreformation kamen damals Tausende protestantischer Glaubensflüchtlinge über die nahe Grenze aus Böhmen nach Sachsen. Darunter waren auch Geigenbauer aus Graslitz (heute: Kraslice) und Schönbach (heute: Luby) – sie fanden im sächsischen Vogtland ein neues Zuhause.
Mit ihnen verbreitete sich hier der Geigenbau: In Markneukirchen wurde im Jahr 1677 die erste Geigenmacher-Innung Deutschlands gegründet, 1716 entstand eine entsprechende Zunftinnung auch in Klingenthal.
In diesen beiden und den benachbarten sächsischen Gemeinden (Adorf, Brambach, Erlbach, Schöneck, Zwota u. a.) arbeiteten bald auch spezialisierte Saiten- und Bogenbauer, es entstanden zudem Werkstätten für Gitarren, Zithern, Holz- und Blechblasinstrumente, für Mund- und Handharmonikas, für Trommeln und allerlei Zubehör (Ventile, Mundstücke, Kolofonium, Notenständer, Taktstöcke). Die Handwerksgesellen brachten von ihrer Wanderung immer wieder neue Ideen ins Vogtland.
Zwischen Graslitz und Markneukirchen existierten ums Jahr 1800 bereits mehr als 30 Hersteller allein von Blasinstrumenten – ihre Produkte wurden erfolgreich exportiert. Mancher Instrumentenbauer zog von hier hinaus in die Welt und machte sich in der Ferne einen Namen.
Christian Friedrich Martin (1796 bis 1873) aus Markneukirchen erfand in den USA die Westerngitarre mit Stahlsaiten. Johann Adam Heckel (1812 bis 1877) aus Adorf ging ins Rheinland und spezialisierte sich auf die Herstellung von Fagotten. Franz Rudolph Wurlitzer (1831 bis 1914) aus Schöneck gründete in den USA jene Firma, die später durch Jukeboxes und E-Pianos bekannt werden sollte.