Brass, Orchestra, Wood | Von Klaus Härtel

Im Test: „lefreQue“ – eine Klangbrücke

Früher hat man sich noch Löcher in den Auspuff gebohrt, damit das Mofa lauter röhrte, einen Höllensound erlangte. Damit konnte man bei den Mädels ordentlich Eindruck schinden. Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Eindruck schinden möchte man immer noch und mit dem richtigen Sound klappt das sogar. Nur bohrt man heute keine Löcher mehr – Heute schnallt man sich kleine metallplättchen auf sein Instrument. Und das hat einen Namen: LeFreque.

Neuheiten, Neuerfindungen gar oder zumindest neue Ideen spalten allerorten zumeist in zwei Lager. Das ist bei Mobiltelefonen genauso (»iPhone? Spielerei!«) wie bei Sportgeräten (»Carving-Ski? Bald wieder out!«). Auch bei Blasinstrumenten ist das nicht anders. Die eine Fraktion hält die Neuerung für epochal, die andere für Humbug. Im Blasinstrumentenbau gibt es Tüftler und Bastler, die beständig an möglichen Verbesserungen feilen. Stets und ruhelos auf der Suche nach dem perfekten Klang. Eine aktuelle Erfindung stammt aus den Niederlanden. Dort nämlich schnitt und bog der Saxofonist und Flötist Hans Kuijt an Metallplättchen herum, fixierte diese mit Silikonbändern auf seinem Saxofon und nannte sie »lefreQue«.

Die Idee zu »lefreQue« klingt so einfach wie logisch. Als »Klangbrücke« soll sie ein  Blasinstrument besser klingen lassen. Ein »lefreQue« besteht aus zwei metallenen Elementen, die zu einer Brücke aufgebaut sind. So soll die Klangbrücke, die jedes Blasinstrument von Natur aus mit sich trägt, wiederhergestellt werden. Der »lefreQue« wird einfach mit zwei speziell entwickelten Klemmbändern am In­stru­ment angebracht. Am Instrument selbst braucht man nichts zu verändern. Das klingt – und ist wirklich – simpel. Aber was hat sich der Erfinder dabei gedacht?

Hans Kuijt hat den »lefreQue« anfangs für sein Saxofon entwickelt, weil er mit dem Klang unzufrieden war. Selbst die vermeintlich allerbesten Instrumente stellten ihn nicht hundertprozentig zufrieden. Er suchte nach einer Erklärung und empfand es als unlogisch, dass man die Verbindung des Mundstücks des Saxofons mit dem S-Bogen aus Kork herstellt. Natürlich sei Kork bestens dafür geeignet, dass Mundstück und S-Bogen ineinander passen, doch schließlich werde Kork auch dafür verwendet, »wenn man Töne eben nicht weitergeben möchte. Kork ist ideal, weil es dafür sorgt, dass das Mundstück gut passt. Aber er dämpft einen großen Teil des Schalls, der über dasselbe Mundstück an das Instrument weitergegeben werden soll.« »lefreQue« soll diesen Nachteil aufheben.

Nachdem Kuijt seine Idee für das Saxofon bestätigt sah, probierte er es auch mit ­seinen Flöten. »Dort gibt es zwar keine Dämpfung durch den Kork, aber trotzdem wird der Schall durch die Anwendung des ›lefreQue‹ besser weitergegeben von der einen Seite des Instruments zur anderen.« Und Kuijt findet das sehr logisch: »Wenn man ein Instrument aus mehreren Teilen herstellt, die man ineinander schieben muss, wirken die Verbindungen auch als Klangbruch. Und diesen Bruch überbrückt der ›lefreQue‹«.

Und nicht nur an seinen eigenen Instrumenten – Saxofon und Flöte – ist der »lefreQue« einsetzbar. Auch bei Klarinetten und sogar Blechblasinstrumenten soll das winzige Stück Metall besseren Klang hervorbringen.

Das sagt der Hersteller: »Der Klang ist wesent­lich für jedes Blasinstrument. Jahrhundertelang hat jeder Erbauer und jeder Musiker ein eigenes Rezept dafür gehabt. In den vergangenen Dezennien hat es keine revolutionären Veränderungen gegeben, bis der ›lefreQue‹ erfunden wurde. Zwei einfache dünne Scheibchen Metall für mehr Klang, mehr Klangfarbe und mehr Emotion.« Eigentlich unglaublich. Hokuspokus? Und auch verständlich, dass die Skepsis groß ist.

Und so funktionierts: Ein Set von »lefreQue« besteht aus einem Doppelpack gewölbter Scheiben. Diese werden über­einander gelegt und von zwei Silikonringen am Instrument gehalten. Dabei ist lediglich die untere Scheibe, die direkt am Instrument anliegt, die eigentliche Klangbrücke. Mit der zweiten Scheibe, die durch die eingeprägten Noppen nur leicht auf der ersten aufliegt, sollen die vibrationsdämmenden Eigenschaften der Silikonringe ausgeschaltet werden. Die obere Scheibe bekommt also die Dämpfung der Ringe ab. Wäre ja auch unlogisch, den einen Klangbruch mit dem nächsten auszuschalten… Das An­bringen der Silikonringe und der Metallplättchen erfordert allerdings ein wenig Fingerspitzengefühl.

Insgesamt sind sieben Varianten erhältlich, für jeden Geschmack ist etwas dabei. »lefreQue« gibt es in Messing, Messing vintage, Rotmessing, Messing versilbert, Silber versilbert, Silber und Silber vergoldet.

Ein ununterbrochener Klangkörper wäre ideal für jedes Blasinstrument, ist in der Praxis aber unmöglich. Bei jeder Schieb-, Schraub- oder Lötverbindung wird un­vermeidbar ein Teil des Klangs verloren ­gehen. Der »lefreQue« will dem Instrument den Klang zurückgeben. Den wichtigsten Gewinn erzielt man zwischen Mundstück und dem Rest des Instruments. Aber auch jede folgende Verbindung, die aus losen Teilen des Instruments besteht, soll den Klang besser weitergeben, sobald eine »lefreQue«-Klangbrücke aufgestellt wird. Der Klang wird kompletter, das In­stru­ment lässt sich einfacher anblasen und Tonwechsel verlaufen spektakulär schneller. Der Hersteller: »Mittels sorgfältig gewählten Materials und der einmaligen patentierten Form ist der ›lefreQue‹ für ­jedes Blasinstrument eine unausbleibliche Schalt­station in der Tonbildung.«

In den einschlägigen Foren wird oft bis­weilen hitzig diskutiert, was die kleinen Metallplättchen bringen sollen. »Ich halte diese ›Klangverbesserung‹ für Humbug«, heißt es da. Manch einer vermutet einen psychologischen Trick. »Mir schaut diese Entwicklung einfach zu unausgegoren aus – einfach mit zwei Bändchen ein Blättchen befestigen und schon ist alles gut? Ich tippe bei so etwas eher auf den Placebo-Effekt. Aber jeder Spieler darf mich eines besseren belehren. Bin da offen.« Und ein anderer Forums-User denkt ähnlich: »Ob man mit den Dingern besser spielt, weiß ich nicht zu beurteilen. Vielleicht lösen sie auch nur einen psychischen Effekt aus (also Placebo), und man spielt dadurch besser. Dann finde ich das in Ordnung, in der behandelnden Medizin sind Placebos auch schon seit Jahrzehnten anerkannt.«

Deutlich wird dieser User: »Ich werde keine Millisekunde Freizeit verschwenden, um so einen Blödsinn auszuprobieren. Und erst recht keinen einzigen Cent.« Allerdings sei angemerkt, dass man es schon ausprobieren muss, um einen Effekt zu erkennen. Das ist mit dem Lotto-Spielen vergleichbar: Nur wer mitspielt, kann gewinnen. Und in der Tat gibt es zahlreiche Musiker, die einen positiven Effekt erkennen. »Der ›lefreQue‹ macht mein Instrument komplett«, findet die Soloflötistin Emily Beynon, die im Koninklijk Concertgebouw­orkest in den Niederlanden spielt. »Schon nach einer Stunde wusste ich es ganz gewiss, ich will nie mehr ohne. ›lefreQue‹ ist für mich ein Wunder! Vom ersten Moment an hörte ich den Unterschied. Der Klang ist tiefer und satter und man bekommt ein viel besseres Legato.« Auch der englische Saxo­fonist und Klarinettist Jeffrey Wilson schwört auf die »klangliche Verbesserung aus Holland«. Und auch Saxofonist Thomas Bethmann benutzt »lefreQue« auf seinem Selmer Mark VI Tenor. Die Flötistin Britta Jacobs (Soloflötistin SWR) spielt »lefreQue« mit ihrer Yamaha-14K-Goldflöte und der Posaunist Andreas Deichmann (König der Löwen, Pentaphonic Brass) benutzt »lefreQue« auf seiner Josef-Gopp-Posaune.

Geradzu überschwenglich lobt Michael Knipprath, Musiker, Arrangeur und Dirigent aus Bonn, die Neuheit. »Als ich ›lefreQue‹ an verschiedenen Instrumenten testen konnte, war ich schier überwältigt! Selbst eine Posaune für nur 80 Euro hatte plötzlich einen warmen und vollen Klang. Selbst der Instrumentenbauer fragte mich erstaunt, was ich mit seinem Instrument gemacht hätte – so gut hätte es noch nie geklungen.« Als Knipprath an den eigenen Instrumenten testen konnte, »verblüffte mich dieses kleine Stück Metall noch einmal. Ich dachte, ich kenne den Klang und die Ansprache meines Arbeitsgeräts wirklich gut, aber die Verbesserungen durch

›lefreQue‹ waren wirklich enorm.« Manche Musiker merken die klangliche Veränderung mehr, manche weniger. Und es gibt auch Musiker, die keinerlei Effekt erkennen. Auch die Umgebung, in der »lefreQe« getestet wird, spielt eine Rolle.

Wie so vieles, kommt es auch beim »lefre­Que« auf den eigenen Geschmack an. Wie ein Musiker ein neues Instrument ausprobieren wird, bevor er es kauft, wird er auch die neue Klangbrücke ausprobieren müssen. Eines aber ist sicher: Von alleine wird das Saxofon, die Flöte, die Klarinette oder die Trompete auch mit den kleinen Metallplättchen aus Holland nicht klingen. Oder wie es im Forum überaus trefflich dargestellt wurde: »Die mögliche Verbesserung liegt VOR dem Mundstück.«

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