Zehn Jahre lang spielte er im führenden Saxofonquartett der Welt, mehr als 200 Saxofonwerke hat er uraufgeführt, auf 36 CDs ist sein Spiel dokumentiert. John-Edward Kelly starb vor einem Jahr, am 12. Februar 2015. »Er war wahrscheinlich der größte Saxofonist, den es je gab« (Marc Uys, Konzertmeister im Arcos Orchestra).
Mit 18 Jahren lernte er Sigurd Raschèr kennen, den legendären Pionier des klassischen Saxofons. Der deutschstämmige Raschèr, in Wuppertal geboren, hatte 1932 das allererste Konzert für Saxofon und Orchester uraufgeführt, komponiert von einem gewissen Edmund von Borck. Nach Hitlers Machtergreifung jedoch war Raschèr aus Deutschland emigriert und wurde Saxofondozent in Malmö und Kopenhagen.
Begegnung mit Sigurd Raschèr
Er regte mehr als 160 Werke für Saxofon an, darunter die Konzerte von Glasunov, Ibert und Larsson. 1941 ging er in die USA, arbeitete als Saxofonpädagoge und gründete 1969 das Raschèr Saxophone Quartet, lange Zeit das führende Saxofonquartett der Welt.
Acht Jahre später wurde der junge Kalifornier John-Edward Kelly ein Student Raschèrs an der Florida State University. Kelly studierte Flöte, Klarinette und Saxofon und spielte sogar in der Jazzband der Universität mit. Das Saxofon machte ihm damals aber am wenigsten Spaß – bis ihm Raschèr demonstrierte, wie dieses Instrument seiner Meinung nach zu klingen habe.
Kelly erinnerte sich später: »Ich war von Raschèr so beeindruckt, dass ich mein Universitätsstudium sofort abbrach und die Einladung annahm, bei ihm privat zu studieren. Durch Raschèr begriff ich, dass das gebräuchliche Saxofon gar kein Saxofon ist. Nach der Begegnung mit ihm spielte ich nie wieder Flöte oder Klarinette.«
Das Saxofon ist kein Saxofon
Raschèr war überzeugt davon, dass sich der Saxofonklang, der uns heute vertraut ist, deutlich von Adolphe Sax’ ursprünglicher Klangidee unterscheidet. Schuld daran seien spätere Änderungen in der Bohrung von Korpus und Mundstück, also in der Hohlform der Innenräume.
John-Edward Kelly, der bald Raschèrs Meisterschüler wurde, hat sich diese Ansicht zu eigen gemacht. Jahrzehntelang kämpfte Kelly für das »richtige« Saxofon, wie Adolphe Sax es gebaut hat.