Aus der Fülle der Fragen, die Malte Burba immer wieder erreichen, greifen wir jeden Monat einige heraus, die alle interessieren könnten. Im aktuellen Beitrag geht es um Blähungen, um den pH-Wert des Kondenswassers sowie das Beobachten der Gesichtsmuskeln. Wenn Sie eine Frage haben, die Malte Burba auf dieser Seite beantworten soll, dann mailen Sie an: burba(at)brawoo.de
Erstmals seit fast einem Jahr habe ich wieder vor Publikum gespielt und wurde dabei durch starke Blähungen irritiert. Machen Blähungen Angst oder ist es umgekehrt?
Da gibt es wie so oft Kausalitäten und Korrelationen, die sich wechselseitig hochschaukeln, zum Beispiel wenn Sie wegen allgemeiner Nervosität Ihr Essen nicht mehr gründlich kauen oder sich Ihr Bauchhirn zu Wort meldet, um Sie darauf hinzuweisen, dass das, was Sie gerade tun, als nicht artgerecht empfunden wird.
Sie sollten von mehreren Seiten angreifen:
- vermeiden Sie mindestens zwölf Stunden vor Ihrer erwarteten Stresssituation die ach so gesunde Roh-/Vollkornkost (siehe auch Clarino 2/2012).
- bringen Sie Ihr vegetatives Nervensystem unter Kontrolle (Clarino 11/2017).
- bauen Sie Ihr Selbstvertrauen durch positive Erfahrungen auf (Clarino 12/2012 und 9/2013).
Wenn trotz allem unter Ausschluss einer möglichen Erkrankung das lästige Phänomen anhalten sollte, hilft nur – der in diesem Fall völlig harmlose – Griff in den Arzneischrank: Der Wirkstoff Simeticon löst, ohne in Ihren Stoffwechsel einzugreifen, zuverlässig und rein physikalisch Ihre Blähungen auf.
Im Internet bin ich auf eine interessante Diskussion zum Thema „ph-Wert des Kondenswassers“ gestoßen. Was denken Sie darüber?
Selbstverständlich kann man jedes noch so belanglos-skurrile Detail nach allen Regeln der Wissenschaft oder Statistik analysieren, aber Sie lesen hier eine Fachzeitschrift über Musik und für Musiker und nicht eine Postille, die nicht ausgelasteten Chemielaboranten die Langeweile vertreiben soll! Einerseits können solche Analysen dankbar als pseudoplausible Erklärung für unzureichendes Instrumentalspiel herangezogen werden, um sich so auf einfache Weise mal wieder der Selbstverantwortung und Auseinandersetzung mit der eigenen Unzulänglichkeit zu entziehen. Andererseits ist es lobenswert, die möglichen Ursachen für vorzeitige Korrosion ausloten zu wollen. So sensibel und labil wie viele Musikerinnen und Musiker aber nun einmal sind, münden derartige Erkenntnisse nicht selten
eher in Frustration oder Übe-Karenz bzw. noch schlechterer Pflege des Instrumentariums. Es ist immer schön und grundsätzlich gut, wenn Menschen neu- und wissbegierig – wie etwa beim pH-Wert – sind. Aber der Gefahr, durch Ablenkung auf irrelevante Dinge die eigentlichen Ziele zu vernachlässigen, darf man dabei nicht erliegen.
Ich habe festgestellt, dass mein Spiel besser ist, wenn ich bestimmte Muskeln im Gesicht nicht benutze. Gibt es irgendeine Möglichkeit, außer ständig zu beobachten, die mir hilft, schädliche Muskeln beim Spielen zu deaktivieren?
Ihre Frage induziert einen kausalen Zusammenhang, der aber nach aller Erfahrung so gut wie nie besteht. Vielmehr stecken Sie in einer Gemengelage aus Konditionierung, Korrelation und Koinzidenz (Clarino 11/2011). Die es Ihnen erschwert, den tatsächlichen (und meist jenseits der sichtbaren Oberfläche liegenden) Problemen auf den Grund zu gehen. Auf jeden Fall sollten Sie nicht versuchen, eine unerwünschte Anspannung aktiv und bewusst zu unterlassen. Das führt meist dazu, dass sich eine fehlerhafte Anspannung durch eine weitere, antagonistische Muskelaktivität ergänzt, was blödsinnigerweise dazu führt, dass man es dann schon mit zwei überflüssigen Muskelaktivitäten zu tun hat. Besser – wenn auch nicht einfacher – ist es, die sich manchmal ergebenden positiven Momente zu perpetuieren (Clarino 9/2013 und 1/2019)!