Der Sognefjord gilt mit seiner Länge von 204 Kilometern und mit seiner tiefsten Stelle von 1380 Metern als der König der Fjorde. Direkt an seinen Wassern – in Åardalstangen – wuchs Karl Seglem auf. Hört man seine Musik, so wird die Tiefe des Fjords greifbar, die Weite der dazugehörigen Landschaft spürbar und die Kühle des nahe gelegenen Jostedalsbreen-Gletschers umfängt den Körper. Und dennoch, es ist Wärme, die den Körper durchströmt.
Mit »Femstein« legt er ein Album vor, wie es nordischer und doch gleichzeitig weltoffener nicht sein könnte. In der Synthese aus eigenwilligen melodischen Sounds verkörpert das Tenorsaxofon die Jazzanteile, während das norwegische »Bukkehorn« (Ziegenhorn) zusammen mit der »Hardanger-Fiedel« die norwegische Musiktradition ins Spiel bringt. Das große Verdienst Seglems ist, dass er beides nicht verabsolutiert. Über all das und noch viel mehr sprach Karl Seglem mit Franz X.A. Zipperer. »Femstein« heißt Fünfstein und ist ein altes norwegisches Spiel. Ein Spiel ist es für Karl Seglem offenbar auch, ständig zwischen Komposition und Improvisation, zwischen Innovation und Tradition hin und her zu pendeln. Dieses Spiel beherrscht er par excellence, und die Musik pendelt sich immer wieder über einem Ruhepol ein. Kraftvoll steigen dann aus dem Nebel der Ruhe die rauen, erdigen Töne des »Bukkehorns«, nicht nur sprachlich verwandt mit dem deutschen »Bockshorn«.