Brass, Orchestra, Wood | Von Klaus Härtel

König & Meyer setzt auf biobasierten Kunststoff

biobasiert
In der Produktion der Kunststoffelemente in Wertheim.

Die Firma König & Meyer setzt bei ihren Produkten auf Nachhaltigkeit und seit neues­tem auf biobasierten Kunststoff. Wir sprachen mit Geschäftsführerin Gabriela König über Materialqualität, Recycling und die Zukunft.

Frau König, Nachhaltigkeit spielt heutzutage eine große Rolle in der Industrie. Auch König & Meyer hat sich dieses Themas angenommen.
Gabriela König

Seit Jahrzehnten ist der Umweltschutz bereits erklärtes Unternehmensziel bei König & Meyer. Wir sind seit 2000 nach der anerkannten ISO-14001-Norm und seit 1998 nach der EU-EMAS-Verordnung zertifiziert. Beide Zertifikate werden für einen effektiven und verantwortungsvollen betrieblichen Umweltschutz jährlich neu ver­geben. In unserem Umweltprogramm sind die effektive Nutzung unserer eingesetzten Roh­stoffe, die Einsparung von Energie, die zu­nehmende Nutzung erneuerbarer Energien, die Wiederverwertbarkeit von Teilen und Produkten am Ende ihrer Lebenszeit, die Vermeidung von Schadstoffen in der Produktion, die Minderung des CO₂-Ausstoßes sowie die Senkung des Wasserverbrauchs als Ziele fest definiert. Hohe Qualität und Lebensdauer unserer Produkte sind zudem ausschlaggebend für die Nachhaltigkeit bei K&M. 

Seit kurzem setzen Sie auch auf “Bio based plastic”, biobasierten Kunststoff. Was daran ist “Bio” und wie viel “Bio” ist drin?

Biobasierte Kunststoffe werden aus nachwachsenden Rohstoffen wie etwa Mais-, Weizen- oder Kartoffelstärke, Zuckerrübe/Zuckerrohr, Pflanzenölen oder Cellulose gewonnen. Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe schont die begrenzten Erdölvorräte und verringert im durch­schnitt­lichen Vergleich mit herkömmlichen erdölbasierten Rohstoffen die CO₂-Emis­sionen. Der Einsatz von Biokunststoffen ist gerade für langlebige Produkte sinnvoll und sorgt hier für eine positive Öko­bilanz. Mittlerweile gibt es sehr viele verschiedene Möglichkeiten, nachwachsende Rohstoffe zur Herstellung von Kunst­stoffen zu verwenden. Die Anteile variieren je nach Material von wenigen Gewichtsprozent bis hin zu 100 Prozent biobasierte Materialien. Wichtig ist, biobasiert nicht gleichzustellen mit dem Begriff biologisch abbaubar.

Woher stammen die Rohstoffe für die König & Meyer-Produkte und wie nachhaltig ist deren Anbau?

Wir haben lange getestet, um den passenden biobasierten Kunststoff zu finden. Die meisten Materialien konnten unsere Anforderungen an Qualität, Lebensdauer sowie mechanische und optische Eigenschaften nicht erfüllen. Es war uns auch wichtig, dass wir mit den von uns eingesetzten nachwachsenden Rohstoffen nicht mit der Nahrungsmittelindustrie konkurrieren. Das nun verwendete Material auf Pflanzenöl­basis erfüllt all unsere Anforderungen. 

Welche Eigenschaften hat der biobasierte Kunststoff im Vergleich zu herkömmlichem? Hat das Auswirkungen auf die Produkte?

Die Qualität unserer Produkte ist kompromisslos. Daher weist das biobasierte Material mechanische Eigenschaften auf, die nahezu identisch mit herkömmlich eingesetzten Materialien sind. Durch den weltweiten Einsatz unserer Produkte waren äußere Einflüsse wie wechselnde Luftfeuchtigkeit oder Temperatur ebenso wichtige Faktoren wie zum Beispiel diverse Resistenzen gegenüber Chemikalien und UV-Licht. Am Produkt selbst wird der Kunde deshalb keinen Unterschied zu herkömmlich eingesetzten Materialien erkennen. 

Derzeit gibt es unter anderem einen Ge­tränke­halter, einen Tablet-Halter und ein Stativ. Ist geplant, weitere Produkte aus biobasiertem Kunststoff herzustellen?

Ja. Unser Bestreben ist es, Produkte aus bio­basiertem Kunststoff fest in unser Portfolio aufzunehmen und den Anteil stets zu erhöhen. Dies ist jedoch weiterhin mit intensiven Prüfungen und Investitionen verbunden. Zusätzlich sind die Anforderungen an jedes Produkt sehr unterschiedlich, sodass bereits eingesetzte Materialien für andere Produkte gegebenenfalls nicht verwendet werden können.

Sie haben es schon erwähnt. Salopp gesagt: Man kann die Produkte nicht dem Komposthaufen zuführen. Warum eigentlich nicht?

Biobasiert heißt tatsächlich nicht gleich, dass das Material auch biologisch abbaubar ist. Entscheidend ist hier die chemische Zusammen­setzung. Wenn diese den Abbau ermöglicht, ­benötigt man jedoch immer noch weitere Einflussfaktoren wie etwa definierte Temperatur, definierter Druck oder Wasser, um den Mikroorganismen die Zersetzung der Materialien zu ­ermöglichen. Diese Einflussfaktoren werden im heimischen Kompost nicht erreicht. Jedoch gibt es mittlerweile auch zertifizierte Materialien, die tatsächlich im hauseigenen Kompost zersetzt werden. Diese Materialien sind heute jedoch noch Nischenprodukte und für technische Anwendungen wie unsere Artikel nicht geeignet.

Wenn es sich um “Mischformen” handelt: Den biobasierten Kunststoff vom erdöl­basierten zu trennen, dürfte einen hohen Energieaufwand bedeuten. Wäre “normaler” erdölbasierter Kunststoff dann nicht einfacher zu recyceln?

Die rohstoffliche Verwertung von Kunststoffen erfordert immer hohe Temperaturen und ­hohen Druck. Unabhängig davon, ob biobasiert oder konventionell. Daher ist ein Recycling ­immer anzustreben. Die von uns eingesetzten biobasierten Kunststoffe können Sie genauso entsorgen wie unsere Produkte aus konven­tionellen Kunststoffen. So kann das Produkt entweder der wertstofflichen oder thermischen Verwertung zugeführt werden. Der biobasierte Anteil würde dann im Falle einer thermischen Verwertung CO₂-neutral verbrennen. Wir re­cyceln übrigens auch klassischen Kunststoff, das heißt: Neben­pro­dukte, die bei unserer hauseigenen Kunststoffverarbeitung entstehen, werden durch Wiedervermahlen in den Fertigungskreislauf zurück­geführt. Das ist Material, das nicht noch mal neu hergestellt werden muss und somit den Ressourcen- und Energieverbrauch schont. 

Der erste biobasierte Kunststoff wurde bereits 1869 industriell produziert. Hat man hier nicht wahnsinnig viel Zeit verloren, weil man erst im 20./21. Jahrhundert auf nachwachsende Rohstoffe setzt? Wie blicken Sie diesbezüglich in die Zukunft?

Die ersten industriell hergestellten Kunststoffe waren wirklich schon biobasiert. Das aus Cellu­lose hergestellte Celluloid wird vielen noch ein Begriff sein. Dieses wurde Ende des 19. Jahrhunderts für Brillengestelle, Kämme, Tischtennisbälle oder Spielzeug verwendet. Auch Henry Ford hatte für sein Auto “Model T” in den 1910er Jahren in den USA mit Weizen und Soja für zum Beispiel Farben und Lackierungen, als Gummi­ersatz und für die Produktion von Polsterstoffen experimentiert. Durch die Entdeckung von Kunststoffen auf der Basis von Mineralölen wurden die biobasierten Materialien schnell in den Hintergrund gedrängt.

Ab 1956 konnten durch großtechnische Herstellungsverfahren die bis heute marktbeherrschenden Kunststoffe Polyethylen und Polypropylen kostengünstig und im großen Stil produziert werden. Damals machte man sich noch keine Gedanken darüber, dass die Rohölvorkommen unseres Planeten endlich sind und zu hohe CO₂-Emissionen das Klima belasten. Seit der Jahrtausendwende findet nun ein massives Umdenken statt. Viele Unternehmen, gerade in der Kunststoffbranche, haben die Si­tua­tion erkannt und forschen stetig an neuen, nachhaltigen Lösungen, die künftig sicher in einigen Bereichen konventionelle Kunststoffe er­setzen werden. Wir beobachten diese Entwicklungen ganz genau.

www.k-m.de