Ähnlich wie bei der Suche nach interdisziplinären Verknüpfungen der Musik (CLARINO 3/2019) versuchen wir nun, Grundlagen einer künstlerischen Kooperation zu erkennen und Notwendigkeiten gemeinschaftlicher Aktionen aufzuzeigen. Die Kooperation erfordert die Verknüpfung unterschiedlicher Intentionen und die Bereitschaft, zur Steigerung und Verbesserung von künstlerischen Ergebnissen zusammenzuarbeiten.
»Nur die Lumpe sind bescheiden, Brave erfreuen sich der Tat« (Goethe »Rechenschaft«)
Ich möchte vor allem verschiedenste Wege einer künstlerischen Kooperation mit Gleichgesinnten oder auch Andersmeinenden betrachten, die uns einer weitgehenden Vollendung musikalischer Darbietungen näherbringen. Im Lexikon wird Kooperation (lateinisch cooperatio = Zusammenwirken, Mitwirken) als »zweckgerichtetes Zusammenwirken zweier oder mehrerer Lebewesen, Personen oder Systeme« bezeichnet, deren Tun gemeinschaftlichen Zielen dient.
Bei fehlendem absichtsgebundenem Zusammenwirken sprechen wir nicht mehr von Kooperation, sondern von Interaktion. Beide Faktoren sind wichtige Grundlagen jedweder Arbeit in sozialen Gemeinschaften.
»Allwissend bin ich nicht, doch viel ist mir bewusst« (Goethe »Faust«)
Kooperation sollte immer zum Nutzen und zum Vorteil aller an einer Aktion Beteiligten führen. Wenn Kooperation mit dem Ziel gewünscht wird, andere zu betrügen, gehen entscheidende Vertrauensvorschüsse verloren und Misstrauen gewinnt die Oberhand.
»Das eigentliche Studium der Menschheit ist der Mensch« (Goethe)
Neben Mutation und Selektion ist die Kooperation eine der wichtigsten Grundlagen bei der Herausbildung gesellschaftlich lebender Gruppen. Nur Kooperation konnte Spezialisierung und Arbeitsteiligkeit bewirken. Heute versucht man, kooperative Wirkmechanismen sogar mathematisch zu erfassen.
Nicht übersehen darf man allerdings bei kooperativen Handlungen, dass sie häufig projektgebunden sind und Kooperationspartner sich nach Ende einer Aktion wieder anderen, individuellen Aufgaben zuwenden. Auch können sich Kooperationsverflechtungen auf einer höheren, abstrakten Ebene herausbilden.
Obwohl Systeme miteinander kooperieren, wissen die Beteiligten an gemeinsamen Projekten oft nichts oder nur wenig voneinander. Bei diesen Systemen geht es vor allem um den Ausgleich von Kosten und Nutzen (oder Rechten und Pflichten) aller Beteiligten.
»Wenn ich dich liebe, was geht’s dich an« (Goethe)
Um wirkungsvoll zu kooperieren, müssen sich die Betroffenen nicht mit besonderer Sympathie begegnen. Es reicht, dass man von der Kompetenz des anderen überzeugt ist und ihm mit Achtung begegnet, um gemeinsame Ziele nicht in der Dissonanz von Uneinigkeit und Wettbewerb anzustreben.
Kooperation ist ein uraltes Lebensprinzip, das bereits bei frühen oder niederen Lebensformen überlebenswichtig ist. Selbst Pflanzen kooperieren, um sich fortzupflanzen oder zu überleben. Man denke dabei an die Symbiose heterogener Lebensformen. Selbst ein Insektenstaat kann nur durch Kooperation überleben, wenngleich die Arbeitsteilung auf instinktiver und nicht auf intentioneller Basis beruht.
Primaten (aber auch Ratten) zum Beispiel verhalten sich kooperativ. Schimpansen betreiben gemeinsame Kinderpflege oder ziehen kollektiv in den »Krieg«. In der theoretischen Biologie wird die Kooperation auch als »komplexes adaptives System« (adaptieren = sich anbequemen) erklärt.