Eigentlich würde das Landesblasorchester Baden-Württemberg in dieser Ausgabe sein Ergebnis bei der Europameisterschaft verkünden – doch dieses Jahr ist alles anders. Das Corona-Virus greift tief in jedes Leben ein. Auch der LBO-Posaunist Christoph Kolb gibt in dieser Zeit einen Einblick in seinen neuen, herausfordernden und veränderten Berufsalltag
Der Terminkalender von Christoph Kolb ist voll. Kaum ein Wochenende ohne Termine. Von März bis in den August hinein Konzerte, Auftritte, Wettbewerbe und Messen. Und bei den Kollegen und Freunden sieht es meist nicht anders aus. Doch nun ist alles anders gekommen…Durch die Corona-Pandemie wurden alle Termine auf einen Schlag abgesagt.
Nicht nur musikalischer, sondern auch menschlicher Verlust
Begonnen hat es mit der Absage der BRAWO-Messe im März. Hier hätte der Posaunist eigentlich das LBO am Messestand mit vertreten. Zur selben Zeit hätte er mit seinem Heimat-Orchester, der Stadtkapelle Metzingen am Wettbewerb teilgenommen. Auch der Workshop bei Kolbs Professor Hermann Pallhuber fand daraufhin nicht statt.
Proben, die CD-Aufnahme, Konzerte und auch die Teilnahme an der Europameisterschaft wurden um ein Jahr nach hinten verlegt – was natürlich für alle Beteiligten sehr enttäuschend ist. Nicht nur die musikalischen Erlebnisse gehen verloren, sondern auch die menschlichen Momente der LBO-Familie werden alle Mitglieder missen.
Gehörbildung um einen Halbton verschoben
Doch wie wirkt sich die Ausnahmesituation für die Musiker im Alltag aus? Theoretische Vorlesungen sind per Online-Übertragung gut möglich, doch praktische sind durchaus nicht so einfach zu bewerkstelligen. “In einer Stunde kam der Ton meines Posaunendozenten bei mir einen Halbton tiefer an als er wirklich gespielt wurde. Wir wissen bis heute nicht, woran das lag. Aber im Großen und Ganzen habe ich das Glück, über eine anständige Internetverbindung zu verfügen – ansonsten wäre das alles nicht möglich” erzählt Christoph Kolb.
Wo Schatten ist, ist auch Licht
Glücklicherweise haben alle Schüler des LBO-Posaunist einem Online-Unterricht zugestimmt. Hier treten allerdings die gleichen Schwierigkeiten wie an der Musikhochschule auf. Ein Zusammenspiel ist aufgrund der Verzögerung nicht möglich. Auch die automatische Veränderung der Lautstärke bei den Videoübertragungsprogrammen ist hier nicht hilfreich.
Aber es ist nicht alles schlecht an dem Online-Unterricht. Um Zeit während des Unterrichts zu sparen, werden die Übungen bereits einen Tag vorher als Video an Kolb geschickt. So kann dieser bei seinen Schülern besser auf richtige Körperhaltung und Ansatz achten.
Vereinsleben virtuell gelebt
Trotz der eingeschränkten Möglichkeiten bleibt Christoph Kolb kreativ und spielt mit seinem Musikverein eine Polka in der Home-Office Edition. Auch ein neues Stück hat er eingeführt: “Hier habe ich die wichtigsten Stellen angesprochen und mich beim Dirigieren aufgenommen. Nun kann jeder das Stück daheim für sich einstudieren. Mittlerweile nehme ich jede Woche ein Video mit ein paar Übungen auf, z. B. Tonleitern mit diversen Rhythmen oder Choräle. Mit meiner Jugendkapelle mache ich virtuellen Musiktheorie-Unterricht” erzählt der Posaunist.
Das Wichtigste: Den Spaß an der Musik nicht verlieren
Für Christoph Kolb ist es wichtig den Spaß an der Musik nicht zu verlieren. Aus diesem Grund nimmt er selbst auch viel auf, alleine oder mit Freunden. “Und so spielt man mit Musikern zusammen, die man sonst nicht so auf einem Haufen hat. Beim letzten Projekt sagte der Initiator zu mir ‘stell dir diese Truppe auf einer Bühne vor.’ Wer weiß: vielleicht bilden sich hierdurch tatsächlich neue Gruppierungen, die auch nach dieser verrückten Zeit noch zusammen musizieren”.
Dem Musiker fällt es persönlich natürlich schwer, das Musiker-Leben momentan komplett herunterfahren zu müssen. Doch durch die heutigen technischen Möglichkeiten lässt sich das fehlende musikalische Engagement etwas kompensieren.
Als Dirigent und Pädagoge ist es Kolb wichtig, den Spaß und die Freude, die einem die Musik bereitet, weiterzugeben. Denn Musik kann nicht nur im normalen Alltag eine Bereicherung sein – gerade jetzt ist Musik wichtiger denn je.